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Beschluss vom 08. Mai 2025, IX B 21/25

Prüfungsmaßstab für eine Akteneinsichtsbeschwerde

ECLI:DE:BFH:2025:B.080525.IXB21.25.0

BFH IX. Senat

FGO § 78 Abs 1 S 1, FGO § 128 Abs 1

Leitsätze

1. NV: Das Recht der Beteiligten auf Akteneinsicht nach § 78 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beschränkt sich auf die Gerichtsakte und die dem Gericht vorgelegten Akten.

2. NV: § 78 FGO vermittelt den Beteiligten nicht das Recht, vom Finanzgericht (FG) zu verlangen, nicht vorliegende Akten beizuziehen.

3. NV: Ob die Nichtbeiziehung von Akten einen Verfahrensfehler darstellt, ist ausschließlich im Rahmen eines gegen die vom FG getroffene Endentscheidung eingelegten Rechtsmittels zu rügen und zu prüfen.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Finanzgerichts … vom xx.xx.2025 - Aktenzeichen … wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

  1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) führt beim Finanzgericht (FG) … das Klageverfahren mit dem Aktenzeichen …

  2. In diesem Verfahren beansprucht der Kläger vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt ‑‑FA‑‑), es zu unterlassen, von einer Ärztin, deren Patient er sei, im Zuge eines Besteuerungsverfahrens Auskunft über bestimmte Besteuerungsgrundlagen zu verlangen. Er befürchtet, die geforderten Angaben und Unterlagen könnten ihn betreffende personenbezogene ‑‑sensible‑‑ Daten im Sinne von Art. 9 der Datenschutz-Grundverordnung enthalten, die zudem dem strafrechtlich bewehrten Geheimnisschutz von § 203 des Strafgesetzbuchs unterlägen.

  3. Den Antrag des Klägers, ihm Einsicht in die "vollständigen Akten", die dem vorliegenden Verfahren zugrunde lägen, zu gewähren, lehnte das FG mit dem vorliegend angefochtenen Beschluss hinsichtlich der beim FA geführten Akten ab. Das FG führte aus, § 78 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vermittele kein Recht, das Gericht zur Beiziehung von Akten zu veranlassen. Es sei nicht beabsichtigt, Akten des FA beizuziehen. Das Begehren des Klägers ergäbe sich hinreichend aus den von ihm eingereichten Schriftsätzen nebst Anlagen.

  4. Mit der hiergegen eingelegten Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die angefochtene Entscheidung verletze das unionsrechtlich garantierte Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz und vereitele sein Recht, Zugang zu sämtlichen entscheidungserheblichen Informationen und Akten zu erhalten, um seine Verteidigungsrechte effektiv wahrnehmen zu können.

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die nach § 128 Abs. 1 FGO statthafte Beschwerde ist unbegründet.

  2. Die Vorinstanz hat den im Rahmen des laufenden finanzgerichtlichen Verfahrens gestellten Antrag des Klägers auf Beiziehung von beim FA geführten Akten und auf Einsichtnahme in jene Akten rechtsfehlerfrei gemäß § 78 FGO abgelehnt.

  3. 1. Das Recht der Beteiligten auf Akteneinsicht nach § 78 Abs. 1 Satz 1 FGO besteht ausweislich des klaren Wortlauts der Norm nur hinsichtlich der Gerichtsakten und der dem Gericht vorgelegten Akten. Bei letzteren handelt es sich um diejenigen Akten, welche dem Gericht tatsächlich vorliegen. Ein Recht auf Einsicht in die dem Gericht nicht vorgelegten Akten besteht demgegenüber nicht. Ein Verstoß gegen § 78 FGO läge nur dann vor, wenn dem Kläger Akteneinsicht ausdrücklich verwehrt worden wäre (statt vieler Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 30.09.2016 - X B 27/16, Rz 7, m.w.N.). Dies macht der Kläger nicht geltend und entspricht auch nicht der Aktenlage.

  4. 2. Der Einwand des Klägers, das FG verletze seine Sachaufklärungspflicht und verstoße gegen die Grundordnung des Verfahrens, wenn es die streitrelevanten Verwaltungsvorgänge des FA nicht beizöge, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Dies wäre allein im Rahmen eines gegen die vom FG getroffene Endentscheidung einzulegenden Rechtsmittels zu rügen und zu prüfen (zutreffend Stalbold in Gosch, FGO § 78 Rz 14). Aus demselben Grund hat der Senat vorliegend nicht zu beurteilen, ob eine Nichtbeiziehung von Verwaltungsakten mit unions- und datenschutzrechtlichen Grundsätzen und Erwägungen vereinbar ist.

  5. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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