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Beschluss vom 13. Mai 2025, VIII B 34/24

Nichtzulassungsbeschwerde gegen eine unzulässige Restitutionsklage

ECLI:DE:BFH:2025:B.130525.VIIIB34.24.0

BFH VIII. Senat

ZPO § 580 Nr 5, ZPO § 580 Nr 7 Buchst b, ZPO § 581 Abs 1, ZPO § 579, FGO § 67 Abs 1, FGO § 67 Abs 3, FGO § 134, FGO § 115 Abs 2, StGB § 339

vorgehend Hessisches Finanzgericht , 20. March 2024, Az: 10 K 1350/22

Leitsätze

1. NV: Ergeht nach Eintritt der Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung durch das Finanzgericht (FG) ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH), bei dessen Beachtung die Hauptsache anders zu würdigen sein könnte, liegt hierin kein zulässiger Restitutionsgrund im Sinne von § 580 Nr. 7 Buchst. b der Zivilprozessordnung (ZPO).

2. NV: Lehnt die zuständige Strafverfolgungsbehörde vor Einleitung des Restitutionsverfahrens die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens ab, weil kein hinreichender Tatverdacht hinsichtlich einer Tathandlung gemäß § 339 des Strafgesetzbuchs besteht, kommt eine eigenständige strafrechtliche Prüfung dieser Frage durch das FG im Rahmen des § 580 Nr. 5 i.V.m. § 581 ZPO nicht in Betracht.

3. NV: Es ist in der Rechtsprechung des BFH geklärt, dass eine analoge Anwendung der Restitutionsgründe in §§ 579, 580 ZPO wegen behaupteter materieller Rechts- und Tatsachenfehler gegenüber rechtskräftig gewordenen Endentscheidungen, wie einer Hauptsacheentscheidung durch Urteil, im finanzgerichtlichen Verfahren ausgeschlossen ist.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 20.03.2024 - 10 K 1350/22 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe

  1. Die Beschwerde ist unbegründet.

  2. 1. Soweit der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) das Teil- und Endurteil des Finanzgerichts (FG) im Hinblick auf die Verwerfung der Restitutionsklage als unzulässig angreift, kann er sich nicht auf einen Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützen.

  3. a) Gemäß § 134 FGO i.V.m. § 589 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) hat das FG von Amts wegen zu prüfen, ob die Wiederaufnahmeklage statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Im Streitfall hat das FG gemäß § 134 FGO i.V.m. § 589 Abs. 1 Satz 2, § 590 Abs. 2 Satz 1 ZPO im Rahmen einer mündlichen Verhandlung über Grund und Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens entschieden und die Restitutionsklage als unzulässig verworfen, weil der Kläger die geltend gemachten Restitutionsgründe nicht schlüssig behauptet habe. Soweit das FG davon ausgegangen ist, dass eine Restitutionsklage unzulässig ist, wenn der Kläger keinen zugelassenen Wiederaufnahmegrund schlüssig behauptet, ist dies auch nicht zu beanstanden (Urteile des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 04.07.1991 - IV K 1/90, BFHE 164, 504, BStBl II 1991, 813, unter 2.; vom 29.01.1992 - VIII K 4/91, BFHE 165, 569, BStBl II 1992, 252, unter 3.; Loose in Tipke/Kruse, § 134 FGO Rz 20).

  4. b) Gegen das die Restitutionsklage des Klägers als unzulässig verwerfende Teil- und Endurteil des FG ist gemäß § 134 FGO i.V.m. § 591 ZPO das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde statthaft (BFH-Beschlüsse vom 08.07.1999 - III B 22/99, BFH/NV 1999, 1628; vom 08.10. 2012 - I B 22/12, BFH/NV 2013, 389; vom 08.07.2015 - VI B 5/15, BFH/NV 2015, 1426, Rz 1).

  5. c) Das Vorbringen des Klägers zum Restitutionsgrund gemäß § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO stellt auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, der Divergenz gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO und bei Verfahrensmängeln gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ab. Der Kläger bringt insoweit aber keine durchgreifenden Zulassungsgründe vor.

  6. aa) Eine grundsätzlich bedeutsame Frage im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu den Voraussetzungen des Restitutionsgrundes in § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO wirft der Kläger in seinen fristgerecht eingegangenen Schriftsätzen zur Beschwerdebegründung vom 30.04.2024 und vom 28.06.2024 nicht auf.

  7. Er legt dar, das FG habe zu Unrecht die nach der Entscheidung des FG im Hauptsacheverfahren (hier: dem FG-Urteil vom 15.05.2019 - 10 K 2548/14) ergangenen BFH-Entscheidungen vom 27.08.2021 - VIII B 126/20 (BFH/NV 2022, 27) und vom 25.06.2021 - II R 31/19 (BFHE 275, 240, BStBl II 2022, 497) im Restitutionsverfahren nicht jeweils als "eine andere Urkunde" im Sinne der Vorschrift angesehen. Selbst wenn der Senat diesem Vorbringen mit viel Wohlwollen die abstrakte Frage entnimmt, ob auch gerichtliche Entscheidungen, die nach der Hauptsacheentscheidung in anderen Verfahren ergehen, den Urkundenbegriff erfüllen können, sind die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung nicht erfüllt. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung verlangt neben substantiierten Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit einer hinreichend bestimmten ‑‑abstrakt beantwortbaren‑‑ Rechtsfrage, dass sich der Beschwerdeführer mit der einschlägigen Rechtsprechung, insbesondere des BFH, sowie den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzt. Dabei sind Ausführungen erforderlich, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 28.02.2025 - IX B 85/24, BFH/NV 2025, 505, Rz 4). Der Kläger setzt sich in seiner Begründung aber nicht einmal mit der vom FG zitierten Rechtsprechung und den angeführten Auffassungen des Schrifttums auseinander, warum solche Entscheidungen keine Urkunden im Sinne des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO sein sollen.

  8. bb) Für eine Zulassung wegen einer Divergenz gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO fehlt es daran, dass der Kläger schon keine tragenden Rechtssätze darlegt, die das FG bei Prüfung des Restitutionsgrundes gemäß § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO zugrunde gelegt haben soll und die von ebensolchen Rechtssätzen eines anderen Gerichts abweichen sollen (s. zu diesen Voraussetzungen z.B. BFH-Beschluss vom 22.01.2025 - VIII B 123/23, BFH/NV 2025, 396, Rz 23). Der Kläger benennt auch keine konkrete Divergenzentscheidung.

  9. cc) Die Zulassung wegen eines Verfahrensmangels gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO kommt ebenfalls nicht in Betracht.

  10. Zwar stellt es einen Verfahrensmangel dar, wenn ein FG eine Klage zu Unrecht durch ein Prozessurteil als unzulässig abweist, statt diese durch Sachurteil zu entscheiden (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 22.01.2025 - VIII B 123/23, BFH/NV 2025, 396, Rz 25).

  11. Dass eine fehlerhafte Beurteilung des FG zur schlüssigen Darlegung der Voraussetzungen des Merkmals der "anderen Urkunde" gemäß § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO vorliegen und die Klage insoweit zu Unrecht als unzulässig verworfen worden sein könnte, wird vom Kläger aber weder substantiiert erläutert noch ist dies sonst ersichtlich. So hat der BFH in dem vom FG in der Vorentscheidung angeführten Urteil vom 14.06.1991 - III K 1/90 (BFH/NV 1992, 184, unter II.1. [Rz 6]) entschieden, dass, wenn ein BFH-Urteil ergeht, bei dessen Beachtung eine bereits rechtskräftig abgeschlossene Revision anders zu würdigen wäre, kein zulässiger Restitutionsgrund im Sinne von § 580 ZPO ‑‑und damit auch nicht gemäß § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO‑‑ vorliegt. Dies gilt auch, wenn ‑‑wie im Streitfall‑‑ eine aus Sicht des Klägers relevante BFH-Entscheidung nach dem rechtskräftigen Abschluss des FG-Urteils in der Hauptsache ergeht. Bereits dieses Argument trägt die Begründung des FG, dass der Kläger mit dem Vorbringen, die BFH–Entscheidungen vom 27.08.2021 - VIII B 126/20 (BFH/NV 2022, 27) und vom 25.06.2021 - II R 31/19 (BFHE 275, 240, BStBl II 2022, 497) seien "andere Urkunden" im Sinne des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO, den Restitutionsgrund nicht schlüssig dargelegt hat.

  12. d) Ebenso wenig sind die Voraussetzungen für eine Zulassung erfüllt, soweit das FG den Restitutionsgrund gemäß § 580 Nr. 5 i.V.m. § 581 ZPO als nicht schlüssig dargelegt und die Klage als unzulässig angesehen hat.

  13. aa) Die Restitutionsklage findet gemäß § 580 Nr. 5 ZPO auch statt, wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat. Hinzutreten muss, dass wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann (§ 581 Abs. 1 ZPO). Das FG hat sich darauf gestützt, der Kläger habe die Voraussetzungen des Restitutionsgrundes nicht schlüssig dargelegt, weil schon nach seinem eigenen Vortrag das Strafverfahren gegen den Richter am Finanzgericht A im Hauptverfahren 10 K 2548/14 gemäß § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung mangels hinreichenden Tatverdachts im Hinblick auf eine zur Rechtsbeugung gemäß § 339 des Strafgesetzbuchs genügende Tathandlung von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden sei.

  14. bb) Der Senat kann dem Vorbringen des Klägers in der Beschwerdebegründung vom 30.04.2024 und vom 28.06.2024 zwar auch insoweit sinngemäß die Rüge des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) entnehmen, dass das FG die schlüssige Darlegung des Restitutionsgrundes nicht habe verneinen dürfen und zu Unrecht durch ein Prozessurteil über die Restitutionsklage entschieden habe. Dass das FG die Voraussetzungen für eine schlüssige Darlegung der Voraussetzungen des Restitutionsgrundes verkannt haben könnte, ist jedoch auch hier nicht ersichtlich.

  15. Der Kläger macht insoweit geltend, dass "eine Verweigerung der Staatsanwaltschaft, in ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren überhaupt einzusteigen, … bei Anwendung des § 580 Nr. 5 ZPO nicht zu Lasten des Klägers berücksichtigt werden [darf], wenn feststeht, dass objektiv der Tatbestand des § 16 EStG bei zutreffender Sachverhaltsermittlung unter Einbeziehung des ausländischen Rechts nicht erfüllt worden ist".

  16. Dass das FG dieser Auslegung des Klägers zur Regelung in § 581 Abs. 1 Halbsatz 2 Alternative 2 ZPO nicht gefolgt ist, ist nicht zu beanstanden. Sind die Voraussetzungen von § 581 Abs. 1 ZPO nicht gegeben, so ist das Restitutionsbegehren unzulässig (BFH-Beschluss vom 17.02.1994 - VII B 245/93, BFH/NV 1994, 875, unter II.2.c). Die Strafverfolgungsbehörde soll vor Einleitung des Wiederaufnahmeverfahrens darüber befinden, ob ein Strafverfahren einzuleiten oder durchzuführen ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 28.01.2004 - VII K 11/03, juris, [Rz 3] mit Verweis auf BFH-Beschlüsse vom 21.05.1987 - VII B 79/86, BFH/NV 1988, 186 und vom 17.02.1994 - VII B 245/93, BFH/NV 1994, 875). Eine selbständige strafrechtliche Prüfung der Frage, ob die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann, ist im finanzgerichtlichen Verfahren daher nicht statthaft (BFH-Beschluss vom 21.05.1987 - VII B 79/86, BFH/NV 1988, 186, unter 1. [Rz 4]). Demzufolge hatte das FG nach Ablehnung der Einleitung und Durchführung des Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft wegen eines hinreichenden Tatverdachts für eine Rechtsbeugung keine eigenständige Prüfung einer etwaigen Straftat des Richters am Finanzgericht A bei der Entscheidung über das Hauptsacheverfahren durchzuführen.

  17. e) Ferner ist die Revision auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen der Frage zuzulassen, ob eine analoge Anwendung der Restitutionsgründe in Fällen in Betracht kommt, in denen das rechtskräftig gewordene Urteil im Hauptsacheverfahren an einem schwerwiegenden Rechtsanwendungsfehler leidet.

  18. aa) Es ist bereits durch die Rechtsprechung des BFH geklärt, dass eine analoge Anwendung der Restitutionsgründe in §§ 579, 580 ZPO auf der Grundlage materieller Rechts- und Tatsachenfehler im finanzgerichtlichen Verfahren gegenüber rechtskräftig gewordenen Endentscheidungen wie im Streitfall nicht in Betracht kommt (BFH-Beschlüsse vom 11.12.1996 - IV S 5/94, BFH/NV 1997, 303, unter 2.b; vom 20.03. 2001 - XI S 15/00, juris, unter II.2., m.w.N.; vom 10.12.2014 - V S 32/14 (PKH), BFH/NV 2015, 506, Rz 12; Wendl in Gosch, FGO § 134 Rz 9, m.w.N.).

  19. Der Kläger legt daher nicht dar, dass die aufgeworfene Rechtsfrage grundsätzlich bedeutsam ist. Es fehlt eine Begründung zur Klärungsbedürftigkeit. Gesichtspunkte, die für eine erneute Befassung des BFH mit dieser Frage sprechen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

  20. bb) Es ist danach auch unerheblich, ob die nach der Hauptsacheentscheidung ergangenen BFH-Entscheidungen vom 27.08.2021 - VIII B 126/20 (BFH/NV 2022, 27) und vom 25.06.2021 - II R 31/19 (BFHE 275, 240, BStBl II 2022, 497) überhaupt Anlass geben könnten, um auf Rechtsfehler der Hauptsacheentscheidung schließen zu können. Daher kann es auch dahinstehen, ob die nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist am 03.07.2024 eingegangenen Schriftsätze des Klägers vom 19.07.2024 und vom 25.03.2025 neuen nicht berücksichtigungsfähigen Vortrag enthalten (s. BFH-Beschluss vom 15.07.2010 - VIII B 117/09, BFH/NV 2010, 2091, Rz 6) oder die fristgerechte Begründung zu den angebrachten Zulassungsgründen in noch zulässiger Weise ergänzen.

  21. f) Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 28.06.2024 die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO wegen einer unzureichenden Sachaufklärung des ausländischen Gesellschaftsrechts durch das FG begehrt, kann das hier angefochtene FG-Urteil nicht auf dem behaupteten Fehler beruhen.

  22. Das FG hat die Restitutionsklage wie schon dargelegt als unzulässig verworfen. Gerügte Verfahrensmängel, die sich auf die rechtskräftige Entscheidung des FG im Hauptsacheverfahren beziehen und im Übrigen auch Gegenstand der Prüfung im Senatsbeschluss vom 28.09.2022 - VIII B 102/19 waren, sind im vorliegenden Verfahren unbeachtlich.

  23. 2. Weiterer Gegenstand der Beschwerde ist die Entscheidung des FG über die hilfsweise erhobene Klage, den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt ‑‑FA‑‑) zu verpflichten, im Billigkeitswege abweichend von der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensteuer 2010 vom 28.11.2013 festzustellen, dass die Feststellung eines auf den Kläger entfallenden Veräußerungsgewinns entfällt. Das FG hat insoweit die Klageerweiterung gemäß § 67 Abs. 1 FGO als nicht sachgerecht angesehen, da die hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage mangels eines abgeschlossenen und nicht gemäß §§ 45, 46 FGO entbehrlichen Vorverfahrens unzulässig sei. Auch insoweit sind die Voraussetzungen eines Zulassungsgrundes gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO jedoch nicht erfüllt.

  24. a) Die Entscheidung des FG, dass eine Änderung beziehungsweise Erweiterung der Klage nicht vorliegt oder nicht zuzulassen ist, ist gemäß § 67 Abs. 3 FGO nicht selbständig anfechtbar. Die im Teil- und Endurteil getroffene Entscheidung des FG könnte in einer Revision nur dann überprüft werden, wenn die Revision aus anderen Gründen zuzulassen wäre (BFH-Beschluss vom 04.12.2012 - X B 151/11, BFH/NV 2013, 534, Rz 21, 22). Dies ist hier im Hinblick auf die Entscheidung des FG über die Verpflichtungsklage aber nicht der Fall.

  25. b) Indes hat das FG ungeachtet seiner Begründung, dass die Klageerweiterung nicht zuzulassen sei, die hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage dennoch als unzulässig abgewiesen. Insoweit kommt die Prüfung von Zulassungsgründen gemäß § 115 Abs. 2 FGO zwar in Betracht. Es wird aber entgegen der Vorgaben des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO bereits nicht dargelegt, dass die Voraussetzungen eines Zulassungsgrundes erfüllt sein könnten.

  26. aa) Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 30.04.2024 geltend macht, im Streitfall habe das FG auch ohne ein abgeschlossenes Vorverfahren über den vom Kläger gestellten Antrag gemäß § 227 der Abgabenordnung (AO) entscheiden können, denn ‑‑so der Kläger‑‑ die Abweisung der Klage als unzulässig grenze angesichts des "am 20. März 2024 erreichten Verfahrens- und Kenntnisstand[s] … nahezu an eine Rechtsverweigerung durch das Hessische Finanzgericht", macht er allenfalls einen schwerwiegenden Rechtsanwendungsfehler des FG bei der Prüfung der Zulässigkeit geltend. Zwar kann ein Verfahrensfehler gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO vorliegen, wenn das FG zu Unrecht durch ein Prozessurteil entschieden hat. Die Rüge des Verfahrensmangels ist indes völlig unsubstantiiert. Denn auch bei einer Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Billigkeitsregelung gemäß § 163, § 227 AO sind die allgemeinen Sachentscheidungsvoraussetzungen der Klage gemäß §§ 44 bis 46 FGO offenkundig einzuhalten.

  27. bb) Soweit der Kläger in seinen Schriftsätzen vom 30.04.2024 und vom 28.06.2024 sinngemäß Ermittlungsfehler des FG gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zu den Voraussetzungen einer sachlichen Unbilligkeit im Sinne der §§ 163, 227 AO (der aus Sicht des Klägers evident rechtswidrigen Annahme und Feststellung eines Veräußerungsgewinns gemäß § 18 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes) geltend macht, kann das Urteil nicht auf diesem Verfahrensfehler beruhen. Maßgeblich für einen Sachaufklärungsverstoß ist, ob die gerügte unterlassene Sachaufklärung nach dem materiellen Rechtsstandpunkt des FG entscheidungserheblich gewesen wäre. Dies ist hier nicht der Fall. Das FG hat die Klage als unzulässig abgewiesen, sodass aus seiner Sicht Tatsachenfeststellungen zur Prüfung einer sachlichen Unbilligkeit unerheblich waren.

  28. 3. Soweit der Kläger insbesondere im Schriftsatz vom 25.03.2025 Rechtsfehler des Senats bei der Entscheidung und im Beschluss vom 28.09.2020 - VIII B 102/19 geltend macht, ist das Vorbringen im hiesigen Verfahren nicht erheblich. Gegenstand der vorliegenden Beschwerde ist ausschließlich die Nichtzulassung der Revision im Urteil des FG vom 20.03.2024 - 10 K 1350/22.

  29. 4. Dem im Schriftsatz des Klägers vom 19.07.2024 enthaltenen Antrag, den Bericht des FA an die Oberfinanzdirektion Z im vorliegenden Verfahren beizuziehen, ist nicht zu entsprechen. Es ist nicht ersichtlich, dass der vom Kläger dargelegte Inhalt dieses Schreibens für die Prüfung der Revisionszulassung entscheidungserheblich sein könnte.

  30. 5. Der Senat sieht von einer Darstellung des Tatbestands und einer weiteren Begründung gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

  31. 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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