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Beschluss vom 08. August 2023, IX B 112/22

Keine Beschwerde gegen Verweisungsbeschluss ohne Beschwerdezulassung

ECLI:DE:BFH:2023:B.080823.IXB112.22.0

BFH IX. Senat

FGO § 155 S 1, GVG § 17a Abs 2, GVG § 17a Abs 4 S 4

vorgehend FG München, 19. May 2022, Az: 15 K 2067/18

Leitsätze

1. NV: Die Beschwerde gegen einen Verweisungsbeschluss eines Finanzgerichts (FG) nach § 17a Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) ist nur statthaft, wenn die Beschwerde in dem angefochtenen Beschluss zugelassen worden ist (§ 17a Abs. 4 Satz 4 GVG).

2. NV: Dem Bundesfinanzhof obliegt es als Beschwerdegericht nicht, zu prüfen, ob das FG die Beschwerde hätte zulassen müssen.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Finanzgerichts München vom 19.05.2022 - 15 K 2067/18 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

  1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wendet sich unter anderem gegen die Verweisung des Teils eines Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht (VG) München.

  2. Der Kläger führte beim Finanzgericht (FG) München einen gegen den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt ‑‑FA‑‑) gerichteten Rechtsstreit, in dem er einen auf Art. 15 der Datenschutz-Grundverordnung gestützten Anspruch auf Akteneinsicht beziehungsweise auf Überlassung von Kopien der vom FA geführten Steuerakten geltend machte (15 K 2067/18). In der mündlichen Verhandlung vom 19.05.2022 beschloss das FG, von dem Klageverfahren jenen Teil abzutrennen, der die beanspruchte Überlassung von Kopien der bei der Steuerfahndungsstelle des FA geführten Schriftstücke betraf. Diesen Teil des Rechtsstreits verwies das FG an das VG München. Zur Begründung führte es an, insoweit sei der Finanzrechtsweg gemäß § 32i Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) nicht gegeben; die Steuerfahndungsstelle sei keine Finanzbehörde im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 5 AO.

  3. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die Beschwerde ist nicht statthaft und daher als unzulässig zu verwerfen.

  2. 1. Soweit sich die Beschwerde ausdrücklich gegen die Abtrennung des an das VG München verwiesenen Teils des Rechtsstreits richtet, ist sie gemäß § 128 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unstatthaft.

  3. Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann zudem nach Satz 2 der Vorschrift anordnen, dass mehrere in einem Verfahren zusammengefasste Klagegegenstände in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden. Eine solche Trennung hat das FG in der angefochtenen Entscheidung unter Ziffer 1. beschlossen. Beschlüsse über die Verbindung und Trennung von Verfahren sind nach § 128 Abs. 2 FGO nicht mit der Beschwerde anfechtbar.

  4. Soweit der Kläger meint, durch den Trennungsbeschluss in seinen Rechten verletzt worden zu sein, wäre eine solche Rechtsverletzung im noch anhängigen Revisionsverfahren IX R 22/22 gegen die Hauptsacheentscheidung 5 K 2067/18 geltend zu machen.

  5. 2. Ebenso unstatthaft ist die gegen den Verweisungsbeschluss eingelegte Beschwerde (Ziffer 2. der angefochtenen Entscheidung).

  6. a) Nach § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) spricht das Gericht die Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs. Hiergegen ist grundsätzlich die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben (§ 17a Abs. 4 Satz 3 GVG). Satz 4 der Vorschrift regelt allerdings, dass den Beteiligten die Beschwerde gegen einen Beschluss eines oberen Landesgerichts an einen obersten Gerichtshof des Bundes nur zusteht, wenn sie in dem Beschluss zugelassen worden ist.

  7. b) Letztgenannte Voraussetzung liegt im Streitfall nicht vor. Das FG ‑‑ein oberes Landesgericht (§ 2 FGO)‑‑ hat in dem angefochtenen Beschluss die Beschwerde an den Bundesfinanzhof (BFH) ‑‑ein oberster Gerichtshof des Bundes (Art. 95 Abs. 1 des Grundgesetzes)‑‑ ausdrücklich unter Hinweis auf § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG nicht zugelassen (vgl. hierzu bereits BFH-Beschluss vom 17.07.2013 - V B 128/12, Rz 4; zudem BFH-Beschluss vom 07.04.2020 - II B 82/19, BFHE 268, 489, BStBl II 2020, 624, Rz 9). Da dies allein in der Hand des FG lag, kann der Senat nicht darüber befinden, ob das FG die Beschwerde nach Maßgabe von § 17a Abs. 4 Satz 3 FGO hätte zulassen müssen.

  8. c) Die vom FG benannte Rechtsmittelbelehrung trifft zu. § 70 Satz 2 FGO, der vorschreibt, dass Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 GVG unanfechtbar sind, betrifft nicht die Entscheidung des FG über die Zulässigkeit des zu ihm beschrittenen Rechtswegs, sondern nur die Entscheidung über die örtliche und sachliche Zuständigkeit (BFH-Beschlüsse vom 06.05.1997 - VII B 4/97, BFHE 182, 515, BStBl II 1997, 543 sowie vom 19.07.2012 - X B 62/12, Rz 4).

  9. 3. Unstatthaft ist ferner die vom Kläger eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung eines Rechtsmittels gegen den Verweisungsbeschluss. Hierfür besteht keine Rechtsgrundlage. Soweit der Kläger hierfür auf § 115 Abs. 2 FGO rekurriert, verkennt er, dass diese Norm nur für Urteile, nicht aber für Beschlüsse des FG Anwendung findet.

  10. 4. Eine außerordentliche, einfachgesetzlich nicht geregelte Beschwerde wegen greifbarer Gesetzeswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung ist seit Inkrafttreten des § 133a FGO zum 01.01.2005 (Anhörungsrügengesetz vom 09.12.2004, BGBl I 2004, 3220) generell nicht mehr statthaft (BFH-Beschluss vom 17.07.2013 - V B 128/12, Rz 5, m.w.N.). Unbeschadet dessen liegen für den Senat keine Anhaltspunkte für eine willkürliche, objektiv unter keinem Gesichtspunkt zu vertretene Entscheidung des FG vor.

  11. 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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