ECLI:DE:BFH:2025:U.140525.VIR11.23.0
BFH VI. Senat
EStG § 4 Abs 1, EStG § 6b, EStG § 15 Abs 2, BBauG § 123, BBauG § 124, BBauG § 129 Abs 1 S 3, EStG VZ 2011 , EStG VZ 2012 , EStG VZ 2013 , EStG VZ 2014
vorgehend FG Münster, 20. April 2023, Az: 8 K 280/21 E,G
Leitsätze
NV: Die bloße Übernahme der Kosten der Erschließung eines land- und forstwirtschaftlichen Grundstücks aufgrund eines Vertrags mit dem von der Gemeinde beauftragten Erschließungsträger führt nicht zu einer gewerblichen Tätigkeit.
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 20.04.2023 - 8 K 280/21 E, G wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
I.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte in den Streitjahren (2011 bis 2014) neben anderen Einkünften solche aus Land- und Forstwirtschaft. Den Gewinn ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG) für das landwirtschaftliche Normalwirtschaftsjahr (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG).
Der land- und forstwirtschaftliche Betrieb umfasste unter anderem das Grundstück Gemarkung …, Flur …, Flurstück …, welches teilweise innerhalb des Gebiets des Bebauungsplans "…" der Stadt X lag.
Bereits im Jahr 2004 hatte der Kläger bei der Stadt X angefragt, ob beabsichtigt sei, die damalige Hofstelle ‑‑die unmittelbar an das später ausgewiesene Baugebiet angrenzte‑‑ zu Bauland zu machen und Überlegungen hinsichtlich einer Wohnlandentwicklung vorgelegt.
Nachfolgend war im Jahr 2006 zunächst auf Initiative einer Investorengruppe, an der der Kläger nicht beteiligt war, von der Stadt X die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans beschlossen worden. Hierzu plante die Investorengruppe Flächen des Klägers zu erwerben, eigenständig zu erschließen und zu vermarkten. Dieses Projekt kam jedoch nicht zustande.
Im Jahr 2008 beantragte die Firma A die Änderung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans sowie die Verlegung der Erschließungsstraße. Die Stadt X beauftragte daraufhin die Firma A damit, einen städtebaulichen Vertrag zu entwerfen.
Auch dieses Projekt kam zunächst nicht zustande, wurde aber in der Folge von der … (H-AG) fortgeführt.
Am 14.10.2010 schlossen die H-AG und der Kläger einen Träger-/Grundstückseigentümervertrag über die Erschließung von Wohnbaugrundstücken im Bebauungsplangebiet "…". Dabei gingen die Vertragsparteien davon aus, dass zwischen der Stadt X und der H-AG ein städtebaulicher Erschließungsvertrag für das Bebauungsplangebiet abgeschlossen werde. In dem Vertrag mit der H-AG verpflichtete sich der Kläger, alle zur Erschließung notwendigen Kosten zu übernehmen. Zudem hatte er an die H-AG eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von … € zu übergeben.
Am 20.10.2010 schloss die Stadt X mit der H-AG als Erschließungsträger einen Erschließungsvertrag nach § 124 des Baugesetzbuchs in der damals geltenden Fassung (BauGB), mit dem sie die H-AG mit der Durchführung der inneren Erschließungsmaßnahmen beauftragte. Letztere verpflichtete sich, die Erschließung im eigenen Namen und auf eigene Kosten vorzunehmen. Für Schäden aufgrund einer Verletzung der dem Erschließungsträger obliegenden Verkehrssicherungspflicht und für Schäden, die infolge der Erschließungsmaßnahmen an bereits verlegten Leitungen oder auf sonstige Weise entstehen, haftete die H-AG gegenüber der Stadt X. Dieser gegenüber war sie auch gewährleistungsverpflichtet. Zur Sicherung aller sich aus diesem Vertrag für die H-AG ergebenden Verpflichtungen hatte diese zudem eine Sicherheit in Höhe von … € durch Übergabe einer unbefristeten selbstschuldnerischen Bürgschaft zu leisten. Der Vertrag sollte mit Rechtskraft des Bebauungsplans und der Übergabe der Sicherheiten wirksam werden.
In den Streitjahren veräußerte der Kläger mehrere Baugrundstücke. Im jeweiligen Kaufpreis waren alle Erschließungslasten zuzüglich einer Pauschale für die Herstellung eines Hauskontrollschachts für Schmutz- und Regenwasser enthalten. Zudem veräußerte der Kläger an die H-AG die für die geplante Erschließungsstraße und das Regenrückhaltebecken erforderlichen Grundstücksflächen. Die Veräußerungsgewinne setzte er bei seinen Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft an und stellte sie zum Teil in eine Rücklage nach § 6b EStG ein.
Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) vertrat die Auffassung, die Verkäufe der Baugrundstücke seien im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels erfolgt. Zwar habe der Kläger die Grundstücke nicht selbst erschlossen. Ihm seien jedoch die dahingehenden Aktivitäten der H-AG zuzurechnen. Denn er habe die gesamten Erschließungskosten getragen, die erschlossenen Grundstücke eigeninitiativ vermarktet und im Zuge dessen seine Kosten auf die Erwerber der Grundstücke überwälzt. Damit habe der Kläger das wirtschaftliche Risiko der Erschließung wie ein Erschließungsunternehmer getragen. Die veräußerten Baugrundstücke seien daher zum Buchwert aus dem Anlagevermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs in das Umlaufvermögen des Gewerbebetriebs "gewerblicher Grundstückshandel" überführt worden, so dass die Veräußerungsgewinne nicht in eine Rücklage gemäß § 6b EStG hätten eingestellt werden können.
Entsprechend dieser Rechtsauffassung änderte das FA die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2011 bis 2013, erließ den Einkommensteuerbescheid 2014 sowie erstmalig Gewerbesteuermessbescheide.
Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt. Die Veräußerung der Grundstücke stelle keinen gewerblichen Grundstückshandel dar. Es handele sich hierbei vielmehr um Hilfsgeschäfte des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Daher habe der Kläger die streitigen Rücklagen nach § 6b Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 EStG bilden können.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt,
das Urteil des FG Münster vom 20.04.2023 - 8 K 280/21 E, G aufzuheben und die Klage abzuweisen.Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des FA ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat zutreffend entschieden, dass es sich bei den streitigen Grundstücksveräußerungen um Hilfsgeschäfte des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs des Klägers handelt, so dass dieser bis zu der Höhe der bei den Veräußerungen entstandenen Gewinne eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG bilden konnte.
1. Die Veräußerung von Grund und Boden, der zum Anlagevermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gehört, führt grundsätzlich zu Einnahmen aus Land- und Forstwirtschaft, weil die Veräußerung ein Hilfsgeschäft der land- und forstwirtschaftlichen Betätigung ist. Das gilt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) auch dann, wenn ein großes, bisher landwirtschaftlich genutztes Areal parzelliert wird und zahlreiche Parzellen an verschiedene Erwerber mit erheblichem Gewinn veräußert werden. Ein Land- und Forstwirt veräußert daher Grundvermögen grundsätzlich als reinvestitionsbegünstigtes Anlagevermögen, solange er nicht einen gewerblichen Grundstückshandel eröffnet (BFH-Urteile vom 08.11.2007 - IV R 34/05, BFHE 219, 306, BStBl II 2008, 231 und vom 08.11.2007 - IV R 35/06, BFHE 220, 28, BStBl II 2008, 359, jeweils unter II.1., m.w.N.).
a) Grundstücksveräußerungen sind erst dann Gegenstand eines selbständigen gewerblichen Grundstückshandels und nicht mehr landwirtschaftliche Hilfsgeschäfte, wenn der Landwirt über die Parzellierung und Veräußerung hinausgehende Aktivitäten entfaltet, die darauf gerichtet sind, den zu veräußernden Grundbesitz zu einem Objekt anderer Marktgängigkeit zu machen (BFH-Urteil vom 08.09.2005 - IV R 38/03, BFHE 211, 195, BStBl II 2006, 166, unter 1.a und b). Denn damit verwertet der Landwirt die Grundstücke seines Anlagevermögens wie ein Gewerbetreibender und erfüllt die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG. Zum Zeitpunkt der in Veräußerungsabsicht vorgenommenen werterhöhenden Aktivitäten werden die Grundstücke zum gewerblichen Umlaufvermögen (BFH-Urteile vom 08.11.2007 - IV R 34/05, BFHE 219, 306, BStBl II 2008, 231 und vom 08.11.2007 - IV R 35/06, BFHE 220, 28, BStBl II 2008, 359, jeweils unter II.1.a).
b) Ob die Aktivitäten im Zusammenhang mit Grundstücksveräußerungen zu einer gewerblichen Tätigkeit führen, muss zur Abgrenzung von der privaten Vermögensverwaltung und von den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft nach gleichen Grundsätzen entschieden werden (BFH-Urteil vom 05.10.1989 - IV R 35/88, BFH/NV 1991, 317, unter 1.). Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb einerseits und Vermögensverwaltung andererseits ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen. In Zweifelsfällen ist die gerichtsbekannte und nicht beweisbedürftige Auffassung darüber maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie in den gewerblichen Bereich fallen, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10.12.2001 - GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.II.).
aa) Für die Beurteilung als landwirtschaftliches Hilfsgeschäft schädlich sind danach etwa die Beantragung eines Bebauungsplans und dessen Finanzierung (BFH-Urteil vom 25.10.2001 - IV R 47, 48/00, BFHE 197, 109, BStBl II 2002, 289, unter 2.b cc) oder die aktive Mitwirkung an der Erschließung (BFH-Urteil vom 28.06.1984 - IV R 156/81, BFHE 141, 513, BStBl II 1984, 798, unter 1.a).
bb) Demgegenüber reichen die vertragliche Vorfinanzierung der anschließend auf die Erwerber überwälzten Erschließungskosten und/oder die unentgeltliche Bereitstellung von Straßenland durch den veräußernden Landwirt einschließlich der entsprechenden Baulastbewilligung nicht aus, um einen gewerblichen Grundstückshandel anzunehmen (vgl. BFH-Urteil vom 28.06.1984 - IV R 156/81, BFHE 141, 513, BStBl II 1984, 798, unter 1.b). Für eine aktive Beteiligung an der Erschließung genügt auch der Abschluss eines Erschließungsvertrags mit der Gemeinde für sich genommen nicht; maßgeblich ist, auf wessen Initiative das Vertragswerk zustande gekommen ist (BFH-Urteil vom 28.09.1987 - VIII R 306/84, BFH/NV 1988, 301).
Unschädlich sind nach der Rechtsprechung des BFH außerdem die wiederholte Vorsprache bei den Entscheidungsträgern der Gemeinde, die Vorlage eigener Planungsentwürfe und die Anregung zur Vornahme der Erschließung in Teilabschnitten, solange der Landwirt keine kommunalen Aufgaben übernimmt, sondern lediglich im Rahmen seiner bauplanungsrechtlichen Mitwirkungsrechte tätig wird. Ebenso sind unter diesen Voraussetzungen die bloße Übernahme von Kosten der Planung und Erschließung sowie die Bereitstellung von Ausgleichsflächen für Belange des Naturschutzes und der Abwasserentsorgung unschädlich (BFH-Urteil vom 08.09.2005 - IV R 38/03, BFHE 211, 195, BStBl II 2006, 166, unter 1.b).
cc) Die Erschließung des Baugeländes ist dem Verkäufer allerdings dann als eigene Tätigkeit zuzurechnen, wenn er sich zu ihrer Durchführung eines Dritten bedient, der Geschäfte dieser Art eigengewerblich betreibt (BFH-Urteil vom 08.11.2007 - IV R 35/06, BFHE 220, 28, BStBl II 2008, 359, unter II.1.c). Das gilt auch dann, wenn der Grundstückseigentümer die durch die Beauftragung des Dritten entstehenden Kosten als Teil des Gesamtkaufpreises von den Parzellenkäufern verlangt (BFH-Urteil vom 14.11.1972 - VIII R 71/72, BFHE 107, 501, BStBl II 1973, 239).
Dagegen können dem Grundstückseigentümer Aktivitäten eines Dritten nicht zugerechnet werden, wenn dieser die Erschließung und Vermarktung der Grundstücke aus eigener Initiative und auf eigenes Risiko durchführt und sich die Mitwirkung des Grundstückseigentümers im Wesentlichen darauf beschränkt, dessen gewerbliche Tätigkeit zu ermöglichen. Denn in einem solchen Fall bedient sich der Grundstückseigentümer nicht des Dritten. Vielmehr verhält es sich umgekehrt; die Mitwirkung des Grundstückseigentümers dient dann der Verwirklichung der gewerblichen Zwecke des Dritten (BFH-Urteil vom 08.11.2007 - IV R 35/06, BFHE 220, 28, BStBl II 2008, 359, unter II.1.c). Insofern kommt es maßgeblich darauf an, ob der Vertrag mit dem Grundstückseigentümer der Absicherung des bei der Erschließung von dem Bauunternehmer übernommenen Risikos dient (BFH-Urteil vom 08.11.2007 - IV R 35/06, BFHE 220, 28, BStBl II 2008, 359, unter II.2.c).
2. Danach hat der Kläger im Streitfall die Grenze zum gewerblichen Grundstückshandel nicht überschritten. Vielmehr handelt es sich bei den streitigen Grundstücksveräußerungen um land- und forstwirtschaftliche Hilfsgeschäfte.
a) Ausweislich des Erschließungsvertrags vom 20.10.2010 hat die Stadt X die ihr nach § 123 BauGB obliegende kommunale Aufgabe der inneren Erschließung des Bebauungsplangebiets und damit auch der darin belegenen Grundstücke des Klägers auf die H-AG übertragen. Aufgrund dessen hat diese das Baugebiet im eigenen Namen sowie auf eigene Rechnung erschlossen. Damit hat allein die H-AG als Erschließungsträger und nicht der Kläger die wertsteigernde gewerbliche Tätigkeit betreffend die streitigen Grundstücke entfaltet und dadurch die streitigen Grundstücke zu Objekten anderer Marktgängigkeit gemacht.
b) Nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) hat sich der Kläger an der Erschließung des Bebauungsplangebiets durch die H-AG auch nicht (schädlich) beteiligt.
aa) Zwar hat der Kläger an die H-AG Flächen für die geplante Erschließungsstraße und für ein Regenrückhaltebecken übertragen. Die Bereitstellung von Ausgleichsflächen für die Belange des Naturschutzes sowie die (auch unentgeltliche) Bereitstellung von Straßenland ist jedoch nach den vorgenannten Rechtsgrundsätzen für die Einordnung als land- und forstwirtschaftliches Hilfsgeschäft unschädlich.
bb) Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger eigeninitiativ die Aufstellung des Bebauungsplans veranlasst und beantragt und somit kommunale Aufgaben übernommen hat, die über die baurechtlichen Mitwirkungsrechte als Eigentümer oder im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung nach dem Baugesetzbuch hinausgehen, hat das FG nicht festgestellt. Insbesondere folgt aus der bloßen Anfrage bezüglich einer möglichen Überplanung der Hofstelle nebst Vorlage grober Planskizzen keinesfalls eine (schädliche) Übernahme kommunaler Aufgaben.
cc) Die gescheiterten Projekte vor Ausweisung des Bebauungsplangebiets, in die der Kläger lediglich passiv als Eigentümer der Grundstücksflächen involviert war, haben ebenfalls nicht zu einer anderen Marktgängigkeit der Grundstücke geführt, zumal wertsteigernde Aktivitäten oder die Übernahme kommunaler Aufgaben durch den Kläger insoweit ebenfalls nicht gegeben waren.
dd) Auch führt der Umstand, dass der Kläger die Grundstücke eigenständig vermarktet und sich insoweit am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt hat, nicht zur Begründung eines gewerblichen Grundstückshandels, da ‑‑wie das FG zutreffend ausgeführt hat‑‑ nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung auch umfangreiche Veräußerungen mit erheblichem Gewinn nicht als gewerbliche Tätigkeit einzustufen sind.
ee) Im Übrigen begründet das vom Kläger durch die Vorfinanzierung der Erschließungskosten entstandene (teilweise) Kostentragungsrisiko, falls deren Überwälzung auf die Erwerber der Grundstücke nicht (vollständig) gelingen sollte, keine gewerbliche Tätigkeit (so bereits BFH-Urteil vom 08.11.2007 - IV R 35/06, BFHE 220, 28, BStBl II 2008, 359, unter II.1.b bb, m.w.N.). Denn die dahingehende Gefahr gründet auf der erschließungsbeitragsrechtlichen Grundentscheidung, dem anliegenden Eigentümer/Erbbauberechtigten als Nutznießer die Finanzierung der Erschließungsmaßnahmen (teilweise) aufzuerlegen (§§ 127 ff. BauGB). Diese sind daher stets mit den dahingehenden Kosten und dem damit einhergehenden "Refinanzierungsrisiko" belastet, unabhängig davon, ob die Gemeinde die Erschließung beitragsbewehrt in "Eigenregie" durchführt, oder ob sie die Erschließung ‑‑wie vorliegend‑‑ auf einen Dritten überträgt, der sie in "Fremdregie" unternimmt und sich privatrechtlich refinanziert (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ‑‑BVerwG‑‑ vom 01.12.2010 - 9 C 8.09, BVerwGE 138, 244, Rz 48).
Dies gilt auch, soweit der Steuerpflichtige ‑‑wie im Streitfall‑‑ die Erschließungskosten vollständig und damit über die gesetzliche Beitragspflicht von maximal 90 % des beitragsfähigen Erschließungsaufwands (vgl. § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB) hinaus übernommen hat. Auch dies ist nicht als aktive Mitwirkung an der Baureifmachung anzusehen.
Die Rechtsprechung des BFH, nach der eine aktive Mitwirkung bei der Erschließung seines Baugeländes darin zu erblicken ist, dass der Landwirt die Erwerber seiner Grundstücke verpflichtet, Erschließungskosten über ihre gesetzliche Verpflichtung von 90 % des beitragsfähigen Erschließungsaufwands hinaus zu tragen (s. BFH-Urteile vom 05.12.1968 - IV R 164/68, BFHE 94, 457, BStBl II 1969, 236 und vom 29.08.1973 - I R 214/71, BFHE 110, 348, BStBl II 1974, 6), steht dem nicht entgegen. Denn diese betrifft ‑‑anders als der Streitfall‑‑ zum einen nicht die Frage der Übernahme "überobligatorischer" Kosten durch den Grundstückseigentümer, sondern deren Weitergabe im Interesse der Gemeinde und damit ersichtlich einen anderen Sachverhalt. Zum anderen können die Gemeinden seit dem Inkrafttreten des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes vom 22.04.1993 am 01.05.1993 (BGBl I 1993, 466 ff.) gemäß § 124 Abs. 2 BauGB a.F. trotz der gesetzlich vorgesehenen Beteiligungspflicht am Erschließungsaufwand von mindestens 10 % (gemeindlicher Eigenanteil nach § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB) im Rahmen eines Erschließungsvertrags oder sonstiger städtebaulicher Verträge die Erschließungskosten auch ganz auf einen Dritten abwälzen (z.B. BVerwG-Urteil vom 30.01.2013 - 9 C 11.11, BVerwGE 145, 354, Rz 15). Jedenfalls seither kann die Überwälzung sämtlicher (vertraglich übernommener) Erschließungskosten auf die Erwerber der Grundstücke keine Gewerblichkeit (mehr) begründen.
c) Schließlich sind die Erschließungsmaßnahmen der H-AG dem Kläger ‑‑entgegen der Auffassung des FA‑‑ auch nicht (wirtschaftlich) zuzurechnen. Denn im Streitfall ist nicht ersichtlich, dass sich der Kläger vorliegend zur Erschließung des Bebauungsplangebiets eines Dritten ‑‑hier der H-AG‑‑ bedient hat. Vielmehr hat die Stadt X ‑‑und nicht der Kläger‑‑ die H-AG mit den Erschließungsmaßnahmen mit Erschließungsvertrag vom 20.10.2010 beauftragt. Bei dem zwischen dem Kläger und der H-AG geschlossenen Vertrag vom 14.10.2010 handelt es sich, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, lediglich um eine zivilrechtliche Kostentragungsregelung, die kein dahingehendes Auftragsverhältnis begründet und daher keine Zurechnung der Erschließungsaktivitäten rechtfertigen kann.
aa) Zwar weist das FA zutreffend darauf hin, dass zwischen der Stadt X, der H-AG und dem Kläger aufgrund der vorliegenden Vertragsgestaltung ein Dreiecksverhältnis ("Erschließungsdreieck") bestand. Danach hat die Stadt X die Durchführung und finanzielle Abwicklung der Erschließung auf die H-AG als Erschließungsträger übertragen. Diese refinanzierte sich privatrechtlich beim Kläger als Grundstückseigentümer, indem dieser sich verpflichtete, der H-AG die dieser aus der Erfüllung des mit der Stadt X geschlossenen Erschließungsvertrags entstehenden Kosten zu ersetzen. Der Vertrag vom 14.10.2010 ist damit nicht unabhängig von dem Erschließungsvertrag geschlossen worden (vgl. BVerwG-Urteil vom 01.12.2010 - 9 C 8.09, BVerwGE 138, 244, Rz 26). Vielmehr besteht wegen der Refinanzierungsverpflichtung eine "Akzessorietät" zwischen Erschließungsvertrag und Kostenvereinbarung (vgl. BVerwG-Urteil vom 01.12.2010 - 9 C 8.09, BVerwGE 138, 244, Rz 26). An dem Umstand, dass allein die H-AG die Erschließung als privater Erschließungsträger und als "Investor" durchgeführt hat und sich dabei von kaufmännischen Überlegungen hat leiten lassen und unter Ausnutzung der Möglichkeiten des "Marktes" mit Gewinnerzielungsabsicht tätig geworden ist (vgl. BTDrucks 12/3944, S. 24 und 29; BVerwG-Urteil vom 01.12.2010 - 9 C 8.09, BVerwGE 138, 244, Rz 40), ändert sich dadurch jedoch nichts.
bb) Insbesondere folgt aus der Übernahme der Erschließungskosten durch den Kläger ‑‑trotz Vorfinanzierung‑‑ nicht, dass er das wirtschaftliche Risiko betreffend die Erschließung des Bebauungsplangebiets getragen hat. Vielmehr lag das dahingehende Kostenrisiko ausweislich der Vertragsgestaltung ausschließlich bei der H-AG als Erschließungsunternehmen. Denn diese ist die Verpflichtung zur Erschließung des Bebauungsplangebietseingegangen und hätte diese ‑‑abgesehen von der Möglichkeit grundsätzlich vom Vertrag zurückzutreten‑‑ auch dann durchführen müssen, wenn die Refinanzierung fehlgeschlagen wäre und/oder sich die Erschließung für sie nicht gerechnet hätte, weil sie die ihr entstehenden Kosten nicht oder nicht ausreichend auf die Anlieger hätte überwälzen können. Der Umstand, dass der H-AG die Refinanzierung im Streitfall vorzeitig gelungen ist, mag den vorliegenden vertraglichen Gegebenheiten, den kommunalen Rahmenbedingungen und/oder dem unternehmerischen Geschick des Erschließungsträgers geschuldet sein. Auf einer steuererheblichen Risikoverlagerung dahingehend, dass die Erschließung auf eigene Rechnung des Klägers erfolgte und dieser deshalb als Erschließungsunternehmer anzusehen wäre, gründet der wirtschaftliche Erfolg der H-AG jedenfalls nicht.
d) Auch begründen die individuell beauftragten Sonderleistungen, namentlich das Setzen der Hauskontrollschächte für Schmutz- und Regenwasser, keine gewerbliche Aktivität des Klägers. Denn hierbei ging es nicht primär darum, die Grundstücke zu Objekten anderer Marktgängigkeit zu machen, sondern um die Vermeidung überflüssigen Aufwandsin zeitlicher und finanzieller Hinsicht vorrangig im Interesse der künftigen Erwerber (s.a. BFH-Urteil vom 20.09.1995 - X R 34-35/93, BFH/NV 1996, 302, unter 2.b, im Hinblick auf eine Bauvoranfrage) durch eine wirtschaftlich maßvolle und bauübliche Vorgehensweise.
3. Hinsichtlich der sich hieraus für die Steuerfestsetzung ergebenden Auswirkungen, insbesondere betreffend die Höhe und Entwicklung der Rücklage nach § 6b EStG, besteht zwischen den Beteiligten kein Streit, weshalb der Senat von Ausführungen hierzu absieht.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.