ECLI:DE:BFH:2016:B.250816.IVB125.15.0
BFH IV. Senat
EStG § 15 Abs 1 S 1 Nr 1, EStG § 15 Abs 2, EStG § 15 Abs 3 Nr 2, FGO § 115 Abs 2 Nr 1, GewStG § 9 Nr 1 S 2
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 19. November 2015, Az: 5 K 286/12
Leitsätze
NV: In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Betriebsaufspaltung ist geklärt, dass die Besitzgesellschaft wegen der Möglichkeit, über den einheitlichen Betätigungswillen der Gesellschafter Einfluss auf die Betriebsgesellschaft zu nehmen, originär gewerblich tätig ist.
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 19. November 2015 5 K 286/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist teils unzulässig, teils unbegründet, so dass sie insgesamt als unbegründet zurückzuweisen ist (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 8. Februar 2012 IV B 13/11).
Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) zuzulassen (zu den Voraussetzungen dieses Zulassungsgrundes und den Anforderungen an seine Darlegung z.B. BFH-Beschluss vom 20. Oktober 2015 IV B 80/14).
1. Für grundsätzlich bedeutsam hält die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) die Frage, "ob bei bereits gegebenen gewerblichen Einkünften überhaupt noch eine Rechtslücke besteht, die der Rechtsfortbildung bedarf/diese erlaubt".
Diese Frage ist in der Rechtsprechung des BFH bereits geklärt, und die Klägerin hat keine Umstände aufgezeigt, weshalb diese Frage erneut klärungsbedürftig geworden sein könnte.
Die Rechtsprechung zur Betriebsaufspaltung beruht darauf, dass die Vermietung oder Verpachtung bei Vorliegen besonderer Umstände nicht mehr als Vermögensverwaltung, sondern als eine gewerbliche Tätigkeit anzusehen ist. Die besonderen Umstände, welche es im Falle der Betriebsaufspaltung rechtfertigen, die Vermietung oder Verpachtung durch die Besitzgesellschaft als gewerbliche Tätigkeit zu beurteilen, sind die sachliche und die personelle Verflechtung der Besitzgesellschaft und der Betriebsgesellschaft (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 12. November 1985 VIII R 240/81, BFHE 145, 401, BStBl II 1986, 296, unter 2.a). Die Besitzgesellschaft betätigt sich mit der Erfüllung der Verflechtungsvoraussetzungen wegen der Möglichkeit, über den einheitlichen Betätigungswillen der Gesellschafter Einfluss auf die Betriebsgesellschaft zu nehmen, eigengewerblich (z.B. BFH-Urteil vom 22. Februar 2005 VIII R 53/02, BFH/NV 2005, 1624), und zwar originär gewerblich i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes ‑‑EStG‑‑ (z.B. BFH-Urteil vom 20. August 2015 IV R 26/13, BFHE 251, 53, BStBl II 2016, 408, Rz 11).
Es geht also allein um die Frage, ob und ggf. durch welche Umstände die Grenze von der reinen Vermögensverwaltung zur Gewerblichkeit überschritten ist. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob die Tätigkeit der Besitzgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung schon aus anderen Gründen, z.B. nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG infolge ihrer gewerblichen Prägung, als gewerblich gilt. So hat auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Verfassungsmäßigkeit der Betriebsaufspaltung nicht von der Art der von der Besitzgesellschaft erzielten Einkünfte abhängig gemacht, d.h. davon, ob die Besitzgesellschaft ohne Annahme einer Betriebsaufspaltung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen würde. Vielmehr hat es auf die wirtschaftlichen Folgen der sachlichen und personellen Verflechtung abgestellt und ausgeführt, dass es wirtschaftlich gesehen einen erheblichen Unterschied bedeute, ob ein Grundstück an ein fremdes Unternehmen oder an ein mit den Vermietern praktisch identisches Unternehmen vermietet werde; deshalb könne ein Mietverhältnis, bei dem Vermieter und Mieter wirtschaftlich identisch seien und gleichgerichtete Interessen verfolgten, ohne Verfassungsverstoß steuerlich anders beurteilt werden als ein Mietverhältnis zwischen Unternehmen, die betrieblich und personell nicht miteinander verflochten seien (z.B. BVerfG-Beschluss vom 14. Januar 1969 1 BvR 136/62, BVerfGE 25, 28). Hierfür ist es aber, wie dargelegt, unerheblich, ob das Besitzunternehmen seinerseits bereits gewerbliche Einkünfte oder solche aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Dass es in den bisher vom BVerfG zu entscheidenden Fällen jeweils um Konstellationen ging, in denen das Besitzunternehmen ohne Annahme einer Betriebsaufspaltung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hätte, steht dem nicht entgegen.
Anders als die Klägerin offenbar meint, dient das Institut der Betriebsaufspaltung auch nicht allein der Sicherung des Gewerbesteueraufkommens. Durch die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit des Besitzunternehmens bleiben vielmehr auch die stillen Reserven in den überlassenen Betriebsgrundlagen wie z.B. Grundstücken dauerhaft einkommensteuerlich verstrickt (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juni 2015 IV R 11/13, Rz 30). Darüber hinaus kommt der Frage, ob eine Gesellschaft originär gewerbliche Einkünfte oder aber lediglich gewerbliche Einkünfte kraft Rechtsform erzielt, z.B. im Hinblick auf die Gewährung der sog. erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes entscheidende Bedeutung zu. So entspricht es ständiger Rechtsprechung des BFH, dass eine Gesellschaft als Besitzgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung die sog. erweiterte Kürzung nicht in Anspruch nehmen kann, weil sie gerade keine "an sich nur vermögensverwaltende" Tätigkeit, sondern infolge der sachlichen und personellen Verflechtung eine originär gewerbliche Tätigkeit ausübt (z.B. BFH-Urteile vom 22. Januar 2009 IV R 80/06, BFH/NV 2009, 1279, und vom 28. Januar 2015 I R 20/14).
Dass auch der Gesetzgeber das Institut der Betriebsaufspaltung anerkennt, ergibt sich aus § 50i Abs. 1 Satz 4 EStG.
2. Für grundsätzlich bedeutsam hält die Klägerin des Weiteren die Frage, "ob die Rechtsfortbildung der BA zulässig ist, obwohl mit § 15 I 1 Nr. 2 EStG schon eine klare gesetzliche Regelung besteht". Nach der Rechtsprechung des BFH liege, wie z.B. im BFH-Urteil vom 23. Februar 2012 IV R 13/08 (Rz 55) ausgeführt sei, notwendiges Sonderbetriebsvermögen II nur vor, wenn die Beteiligung in erster Linie im geschäftlichen Interesse der Personengesellschaft gehalten werde, was nicht der Fall sei, wenn die Kapitalgesellschaft auch noch eine anderweitige Tätigkeit ausübe. Letzteres gelte bei der Betriebsaufspaltung allerdings nicht, so dass insoweit eine verschärfende Rechtsfortbildung gegeben sei.
Dieser Vortrag genügt schon nicht den Darlegungsanforderungen. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Anteile an einer Betriebskapitalgesellschaft zum Betriebsvermögen des Besitzunternehmens (Sonderbetriebsvermögen II) gehören, da sie die Durchsetzung des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens gewährleisten und damit im Dienste einer gesicherten Vermögensnutzung durch das Besitzunternehmen stehen (z.B. BFH-Urteile vom 23. Juli 1981 IV R 103/78, BFHE 134, 126, BStBl II 1982, 60; vom 4. Juli 2007 X R 49/06, BFHE 218, 316, BStBl II 2007, 772). Abzustellen ist darauf, ob die Beteiligung an der Betriebsgesellschaft zu deren Beherrschung geeignet und erforderlich ist und damit Instrument der Betriebsaufspaltung ist, d.h. der Besitzgesellschaft dazu dient, deren Vermögensnutzung zu sichern. Mit dieser Rechtsprechung, die nicht allein auf die personelle Verflechtung, sondern ebenso auf die besondere sachliche Verflechtung abstellt, hat sich die Klägerin nicht auseinandergesetzt.
3. Auch mit dem Vorbringen, es sei grundsätzlich klärungsbedürftig, "ob die Rechtsfortbildung der BA zur Besteuerung von stillen Reserven bei fiktiver Beendigung einer fiktiven Zurechnung zulässig ist, obwohl mit § 17 EStG eine klare Vorschrift zur Besteuerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften besteht und die Anteile weiter Steuersubjekt bleiben", legt die Klägerin keinen zur Zulassung führenden Grund dar. Es ist schon nicht ersichtlich, weshalb sich die von der Klägerin formulierte Frage in einem etwaigen Revisionsverfahren stellen sollte, denn es geht im Streitfall weder um eine "fiktive Beendigung einer fiktiven Zurechnung" noch um die Frage, ob ohne die Annahme von Sonderbetriebsvermögen II "die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen bei Anteilen" nicht gesichert wäre.
4. Ersichtlich nicht den Darlegungsanforderungen genügt schließlich der Vortrag unter 1.4.4. und 1.4.5. der Beschwerdebegründung zu den nach Ansicht der Klägerin grundsätzlich bedeutsamen Fragen, "ob eine Rechtsfortbildung in einer zweiten Stufe (Rechtsfortbildung einer zulässigen Rechtsfortbildung) zur benachteiligenden Ungleichbehandlung der durch zulässige Rechtsfortbildung 'gerade gleichgestellten' Personen führen darf" und "ob die Rechtsprechung eine zivilrechtlich nicht vorgesehene fiktive neue Rechtsform Betriebsaufspaltung mit einer ganzen Kette von 'automatischen'/'logischen' Folgerungen, die gesetzlich nicht vorgesehen sind, schaffen darf".
5. Von einer weiteren Begründung und der Darstellung des Sachverhalts sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.