ECLI:DE:BFH:2024:U.181224.IR49.23.0
BFH I. Senat
AStG § 1 Abs 1, AStG § 1 Abs 4 S 1 Nr 2, AStG § 1 Abs 5 S 1, AStG § 1 Abs 6, BsGaV § 16
vorgehend FG München, 10. July 2023, Az: 7 K 1938/22
Leitsätze
1. NV: Bereits aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 5 Satz 1 des Außensteuergesetzes (AStG), wonach die Absätze 1, 3 und 4 über die "Berichtigung von Einkünften" entsprechend anzuwenden sind, folgt, dass es sich bei § 1 Abs. 5 AStG um eine Einkünftekorrekturnorm und gerade nicht um eine eigenständige Regelung zur Betriebsstättengewinnermittlung handelt. Daher rechtfertigt § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG i.V.m. § 16 Abs. 2 der Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV) nicht, eine veranlassungsbezogene Gewinnermittlung einer unselbständigen Betriebsstätte im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht einer ausländischen Kapitalgesellschaft ohne weitere Ermittlungen zu verwerfen und an ihre Stelle eine Gewinnermittlung auf Basis einer kostenorientierten Verrechnungspreismethode (sogenannte Kostenaufschlagsmethode) zu setzen.
2. NV: Die in § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG vorausgesetzte Einkünfteminderung muss ‑‑als kausale Bedingung‑‑ "durch" die Vereinbarung nicht fremdvergleichsgerechter Bedingungen (Verrechnungspreise) entstehen und sie wird weder durch § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG noch durch § 16 BsGaV fingiert.
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts München vom 10.07.2023 - 7 K 1938/22 wegen gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2018 aufgehoben und die Klage insoweit abgewiesen; im Übrigen wird die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Kapitalgesellschaft ungarischen Rechts (Korlátolt felelösségü társaság [Kft.]), die auf der Grundlage eines Rechtstypenvergleichs einer GmbH deutschen Rechts entspricht; der Sitz und die Geschäftsleitung befinden sich in Ungarn. Gegenstand des Unternehmens ist die …grob- und -feinzerlegung sowie …verarbeitung.
Die Klägerin unterhielt seit dem …2017 in X (Bundesrepublik Deutschland ‑‑Deutschland‑‑) in einem von der ungarischen Firma … Kft. (A) angemieteten Büro eine unselbständige Zweigstelle. Von dort aus leitete sie ihre Tätigkeit im Inland, insbesondere verwahrte sie dort ihre Belege und erstellte die zur Anfertigung von Lohnabrechnungen erforderlichen Aufzeichnungen.
Am …2017 schloss die Klägerin mit A einen Dienstleistungsvertrag, mit dem sich A zur Erbringung von Verwaltungsarbeiten im Bereich der Betreuung der nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer verpflichtete und dafür 15 % (seit Änderungsvertrag vom …2017: 12 %) der Nettoumsätze erhalten sollte. Die Aufgaben der A umfassten insbesondere die Erstellung der Lohnabrechnungen, die An- und Abmeldung der Arbeitnehmer bei Versicherungen und die Organisation des Transports und der Urlaubsheimreisen. In den Jahren 2017 und 2018 (Streitjahre) zahlte die Klägerin Provisionen in Höhe von … € (2017) und … € (2018) an A.
In den Streitjahren führte die Klägerin …zerlegungsarbeiten aufgrund von Werkverträgen vom …2017 mit der ungarischen Firma … Kft. (B) aus, die unter derselben Adresse wie die Klägerin ebenfalls eine inländische Betriebsstätte unterhielt. Die geschuldeten Leistungen wurden unter anderem in den Räumlichkeiten der B in Y (Deutschland) beziehungsweise Z ‑‑Deutschland‑‑ (unter Leitung der Verfahrensabläufe des Zerlegungsprozesses von einem inländischen Betriebsleiter) erbracht. Dabei kamen Arbeitnehmer zum Einsatz, die von der Klägerin nach Deutschland entsandt worden waren. Sämtliche erzielten Umsätze wurden dem Geschäftskonto der Klägerin in Deutschland gutgeschrieben. Von diesen Gutschriften wurden die in Deutschland entstandenen Kosten bezahlt, insbesondere Lohnsteuer, Löhne, Unterkunftskosten, Reisekosten und Werkzeugkosten. Die Kosten für die gesetzliche Sozialversicherung der Arbeitnehmer während ihrer Entsendung in Deutschland bezahlte die Klägerin von ihren Konten in Ungarn. Dabei verwendete sie die Erträge, die sie aus anderen Tätigkeiten in Ungarn erwirtschaftet hatte.
Die Klägerin erstellte für die Betriebsstätte in Deutschland eine Buchführung nach Maßgabe der in Deutschland geltenden Vorschriften. Leistungen mit dem Stammhaus in Ungarn wurden in den Gewinn- und Verlustrechnungen der Streitjahre nicht abgerechnet. Über die Art und den Inhalt der Geschäftsbeziehungen mit dem Stammhaus in Ungarn wurden keine Aufzeichnungen erstellt.
Zum …2018 erklärte die Klägerin die Aufgabe ihres Betriebs.
Für die Streitjahre nahm der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) zunächst eine erklärungsgemäße Veranlagung vor. In den unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheiden für 2017 vom 18.09.2018 beziehungsweise Änderungsbescheiden vom 02.07.2019 berücksichtigte das FA einen Jahresfehlbetrag/Verlust aus Gewerbebetrieb von ./. … € und setzte die Körperschaftsteuer 2017 sowie den Gewerbesteuermessbetrag 2017 jeweils auf 0 € fest. Der verbleibende Verlustabzug zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2017 und der vortragsfähige Gewerbeverlust auf den 31.12.2017 wurden auf … € festgestellt. Der Gewerbesteuermessbetrag 2017 wurde jeweils in Höhe von 0 € auf die betroffenen Gemeinden aufgeteilt. Ebenfalls am 02.07.2019 erließ das FA unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Bescheide für 2018. Der festgesetzten Körperschaftsteuer 2018 von … € und dem Gewerbesteuermessbetrag 2018 von … € legte das FA einen Jahresüberschuss von … € beziehungsweise einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von … € zugrunde. Eine gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2018 und eine gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2018 wurden nicht durchgeführt, da kein festzustellender Betrag beziehungsweise vortragsfähiger Gewerbeverlust bestanden. Der Gewerbesteuermessbetrag 2018 wurde auf die betreffenden Gemeinden aufgeteilt.
Im Rahmen einer Außenprüfung für die Streitjahre kam das FA zu dem Ergebnis, dass zwischen dem Stammhaus in Ungarn und der Betriebsstätte in Deutschland ein Leistungsaustausch im Sinne des § 1 Abs. 5 des Außensteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung (AStG) erfolgt sei, der bei der Ermittlung der in Deutschland steuerpflichtigen Einkünfte bislang nicht berücksichtigt worden sei. Es sei nicht nachvollziehbar, dass keine Geschäftsbeziehungen zwischen der Betriebsstätte und dem Stammhaus bestehen würden, da wesentliche unternehmerische Entscheidungen, insbesondere das Verhandeln und Unterschreiben von Verträgen mit dem Auftraggeber und mit Dienstleistern, durch die Geschäftsleitung in Ungarn erfolgt seien. Dies stelle eine wesentliche Geschäftsbeziehung dar. Aufgrund der vorgenommenen Zuordnung der Funktionen und Risiken des Gesamtunternehmens seien dem Stammhaus die Geschäftsführung (Vertragsrisiko, Kalkulation), die Einstellung/Fürsorge der Arbeitnehmer, die Verwaltung (Beauftragung der A), das Rechnungswesen und der Zahlungsverkehr zuzuordnen. Die inländische Betriebsstätte habe lediglich die Personalfunktion "…zerlegung" ausgeführt (Hinweis auf § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 3, § 4 Abs. 1 der Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung ‑‑BsGaV‑‑ vom 13.10.2014, BGBl I 2014, 1603, BStBl I 2014, 1378) und sei daher als "Routineunternehmen" zu bezeichnen. Das übrige Unternehmen in Ungarn stelle den "Strategieträger" dar. Da die Klägerin ihre Aufzeichnungspflichten nach § 1 Abs. 4 AStG i.V.m. § 90 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) nicht erfüllt habe und Fremdvergleichspreise für die vom Stammhaus erbrachten Dienstleistungen nicht festzustellen seien, sei der Gewinn der Betriebsstätte nach der Kostenaufschlagsmethode unter Berücksichtigung eines Aufschlags von 5 % unter Berücksichtigung der von der Klägerin in ihrer Gewinn- und Verlustrechnung verzeichneten Aufwendungen wie folgt zu schätzen:
2017 (in €)
2018 (in €)
Personalaufwand
…
…
Leasingaufwand
…
…
Reisekosten Arbeitnehmer
…
…
Aufwendungen Fuhrpark
…
…
Rechts-/Beratungskosten Inland
…
…
Summe
…
…
Davon 5 % Aufschlag = Gewinn
…
…
Den Feststellungen der Außenprüfung folgend legte das FA der Steuerfestsetzung für die Streitjahre einen Gewinn von … € (2017) und … € (2018) zugrunde und setzte jeweils mit Änderungsbescheiden zuletzt vom 29.12.2021 die Körperschaftsteuer 2017 mit … €, den Gewerbesteuermessbetrag 2017 mit … € sowie die Körperschaftsteuer 2018 mit … € und den Gewerbesteuermessbetrag 2018 mit … € fest. Der Gewerbesteuermessbetrag der Streitjahre wurde auf die betreffenden Gemeinden aufgeteilt. Die Bescheide jeweils vom 02.07.2019 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2017 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2017 sowie über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2018 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2018 wurden ebenfalls mit Bescheiden vom 29.12.2021 aufgehoben. Die ‑‑mit Ausnahme der gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2018‑‑ gegen die Bescheide vom 29.12.2021 eingelegten Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 01.09.2022 als unbegründet zurückgewiesen.
Der dagegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) München mit Urteil vom 10.07.2023 - 7 K 1938/22 (Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2023, 1516) ‑‑unter Klageabweisung wegen der Zerlegungsbescheide‑‑ statt.
Dagegen richtet sich die Revision des FA, mit der es die Verletzung von Bundesrecht rügt.
Es beantragt, das Urteil des FG München vom 10.07.2023 - 7 K 1938/22, soweit es der Klage stattgegeben hat, aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist hinsichtlich des Bescheids über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2018 begründet und führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑), weil es insoweit am nach § 44 Abs. 1 FGO erforderlichen Vorverfahren fehlt. Da das FA einer Sprungklage nicht nach § 45 Abs. 1 FGO zugestimmt hat, hätte das FG die Klage folglich insoweit als unzulässig abweisen müssen.
III.
Im Übrigen ist die Revision unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat ohne Rechtsfehler dahin erkannt, dass das FA die inländischen Einkünfte der in Deutschland belegenen Betriebsstätte der Klägerin zu Unrecht unter Hinweis auf § 1 Abs. 5 AStG neu ermittelt und der Besteuerung zugrunde gelegt hat.
1. Gemäß § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG (zum zeitlichen Anwendungsbereich s. § 21 Abs. 20 Satz 3 AStG und z.B. Kaeser in Wassermeyer MA Art. 7 Rz 696; Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl., Rz 4.31) sind die Absätze 1, 3 und 4 der Norm über die Berichtigung von Einkünften entsprechend anzuwenden, wenn für eine Geschäftsbeziehung im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG die Bedingungen, insbesondere die Verrechnungspreise, die der Aufteilung der Einkünfte zwischen einem inländischen Unternehmen und seiner ausländischen Betriebsstätte oder der Ermittlung der Einkünfte der inländischen Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens steuerlich zugrunde gelegt werden, nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen und dadurch (zum Beispiel) die inländischen Einkünfte eines beschränkt Steuerpflichtigen gemindert werden. Zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes ist eine Betriebsstätte wie ein eigenständiges und unabhängiges Unternehmen zu behandeln, es sei denn, die Zugehörigkeit der Betriebsstätte zum Unternehmen erfordert eine andere Behandlung (§ 1 Abs. 5 Satz 2 AStG). Um die Betriebsstätte wie ein eigenständiges und unabhängiges Unternehmen zu behandeln, sind ihr nach § 1 Abs. 5 Satz 3 AStG in einem ersten Schritt die Funktionen des Unternehmens, die durch ihr Personal ausgeübt werden (Personalfunktionen), die Vermögenswerte des Unternehmens, die sie zur Ausübung der ihr zugeordneten Funktionen benötigt, die Chancen und Risiken des Unternehmens, die sie aufgrund der ausgeübten Funktionen und zugeordneten Vermögenswerte übernimmt, sowie ein angemessenes Eigenkapital (Dotationskapital) zuzuordnen. Auf der Grundlage dieser Zuordnung sind in einem zweiten Schritt die Art der Geschäftsbeziehungen zwischen dem Unternehmen und seiner Betriebsstätte und die Verrechnungspreise für diese Geschäftsbeziehungen zu bestimmen (§ 1 Abs. 5 Satz 4 AStG). Die Einzelheiten des Fremdvergleichsgrundsatzes und dessen einheitliche Anwendung werden in der auf Grundlage des § 1 Abs. 6 AStG ergangenen Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung geregelt.
2. Geschäftsbeziehungen nach § 1 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG sind Geschäftsvorfälle zwischen einem Unternehmen eines Steuerpflichtigen und seiner in einem anderen Staat gelegenen Betriebsstätte (anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen). Relevant sind insoweit ausschließlich tatsächliche Handlungen (sogenannte dealings, vgl. van der Ham/Retzer, Internationales Steuerrecht ‑‑IStR‑‑ 2023, 213), das heißt, es muss ein wirtschaftlicher Vorgang, also ein tatsächliches und identifizierbares Ereignis vorliegen, das eine gewisse ökonomische Relevanz hat, sodass fremde Dritte deswegen eine schuldrechtliche Vereinbarung getroffen hätten oder eine Rechtsposition geltend machen würden (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22.12.2016, Verwaltungsgrundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung, BStBl I 2017, 182, Rz 165). Dies wird, wie das FG zutreffend erkannt hat, durch § 1 Abs. 4 Satz 2 AStG gesetzlich vermutet, wenn der Steuerpflichtige nicht im Einzelfall etwas Anderes nachweist.
3. Nach § 16 Abs. 1 BsGaV liegt eine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG vor, wenn wirtschaftliche Vorgänge festgestellt werden, die im Verhältnis zwischen der Betriebsstätte und dem übrigen Unternehmen eine Änderung der Zuordnung von materiellen Wirtschaftsgütern, Beteiligungen, Finanzanlagen und ähnlichen Vermögenswerten, sonstigen Vermögenswerten, Chancen, Risiken oder Sicherungsgeschäften nach den §§ 5 bis 11 BsGaV erforderlich machen (Nr. 1), oder die ‑‑wären die Betriebsstätte und das übrige Unternehmen voneinander unabhängige Unternehmen‑‑ durch schuldrechtliche Vereinbarungen geregelt würden (Nr. 2 Buchst. a) oder zur Geltendmachung von Rechtspositionen führen würden (Nr. 2 Buchst. b). Die Personalfunktionen stellen dabei, was auch der Auffassung des FG entspricht, den wesentlichen Anknüpfungspunkt für die Zuordnung von Vermögenswerten, Chancen und Risiken und Geschäftsvorfällen zur Betriebsstätte beziehungsweise dem übrigen Unternehmen sowie für die Identifizierung von anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehungen zwischen beiden Unternehmensteilen dar.
Nach § 1 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 AStG sind Personalfunktionen "Funktionen des Unternehmens, die durch ihr Personal ausgeübt werden". Dies konkretisiert § 2 Abs. 3 Satz 1 BsGaV als Geschäftstätigkeit, die von eigenem Personal des Unternehmens und für das Unternehmen ausgeübt wird. Nach § 2 Abs. 4 BsGaV ist eigenes Personal jede natürliche Person, die aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Vereinbarung mit dem Unternehmen für das Unternehmen tätig wird. Nach § 2 Abs. 5 Satz 1 BsGaV ist die Personalfunktion einer Betriebsstätte für die Zuordnung von Vermögenswerten, von Chancen und Risiken oder von Geschäftsvorfällen maßgeblich, wenn der Ausübung dieser Personalfunktion im üblichen Geschäftsbetrieb im Verhältnis zu den Personalfunktionen, die in anderen Betriebsstätten des Unternehmens ausgeübt werden, die größte Bedeutung für den jeweiligen Zuordnungsgegenstand zukommt.
4. Obwohl die Klägerin ihren Steuererklärungen für die Streitjahre eine eigenständige veranlassungsbezogene Gewinnermittlung für ihre inländische Betriebsstätte zugrunde gelegt hat (zu diesem grundlegenden Rechtsmaßstab einer Einkünftezuordnung nach nationalem Recht [§ 2 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung ‑‑EStG‑‑; sinnentsprechend zur Ermittlung des Gewerbeertrags] und nach Abkommensrecht z.B. Senatsbeschluss vom 24.11.2021 - I B 44/21 (AdV), BFHE 275, 136, BStBl II 2022, 431; s.a. Schaumburg/Puls in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 5. Aufl., Rz 21.20 f.; Korschan in Greil/Hummel, § 1 AStG, Rz 40 ff.; Brandis/Heuermann/Reimer, § 49 EStG Rz 63, 105; Glatz, Abgrenzungsmaßstäbe im Abkommensrecht: Veranlassungsprinzip und Fremdvergleich bei der Betriebsstättengewinnabgrenzung, 2021, S. 79 ff., m.w.N.), die bezogen auf Außentransaktionen weiterhin und bezogen auf Innentransaktionen letztlich auch Grundlage für den in § 1 Abs. 5 Satz 3 AStG angeführten "ersten (Ermittlungs-)Schritt" ‑‑wenn auch nun nach den in § 1 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 bis 4 AStG angeführten Parametern‑‑ darstellt (z.B. Schwenke in Lüdicke/Mellinghoff/Rödder [Hrsg.], Nationale und internationale Unternehmensbesteuerung in der Rechtsordnung, Festschrift für Dietmar Gosch, 2016, S. 377, 385; Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl., Rz 4.33; Kudert, Praxis Internationale Steuerberatung ‑‑PIStB‑‑ 2024, 191, 194; Kußmaul/Linster/Lang, Der Steuerberater 2024, 121, 124 ff.), hat das FA diese Ermittlung ohne weitergehende Prüfung allein unter Hinweis auf § 1 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG und § 16 BsGaV verworfen und den anzusetzenden Gewinn auf Basis der in § 16 Abs. 2 BsGaV geregelten kostenorientierten Verrechnungspreismethode ("cost plus" mit 5 % bezogen auf den Personalaufwand im weiteren Sinne) bestimmt. Der Senat kann insoweit offenlassen, ob die in der Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung geregelten Einzelheiten zur Gewinnabgrenzung uneingeschränkt von der Ermächtigungsnorm des § 1 Abs. 6 AStG gedeckt sind. Denn jedenfalls ist § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG i.V.m. § 16 Abs. 2 BsGaV im Streitfall keine ausreichende Rechtsgrundlage dafür, eine veranlassungsbezogene Gewinnermittlung vollständig zu verwerfen und an ihre Stelle ausschließlich eine "Gewinnermittlung" auf Basis der sogenannten Kostenaufschlagsmethode als einer kostenorientierten Verrechnungspreismethode (Betriebsstätte als "Routineunternehmen", obgleich insoweit das operative Kerngeschäft der Klägerin gegenüber dem Kunden des Gesamtunternehmens erbracht wird [zutreffend Kudert, PIStB 2024, 191, 198]), für die beschränkte Steuerpflicht zu setzen.
a) Bereits aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG, wonach die Absätze 1, 3 und 4 über die "Berichtigung von Einkünften" entsprechend anzuwenden sind, folgt, dass es sich bei § 1 Abs. 5 AStG um eine Einkünftekorrekturnorm und gerade nicht um eine ‑‑systematisch dem Regelungsbereich der §§ 4 ff. EStG zuzuordnende‑‑ eigenständige Regelung zur Betriebsstättengewinnermittlung handelt (s. z.B. Wassermeyer, IStR 2012, 277, 278 ff.; Schnitger, IStR 2012, 633, 638; Kaeser in Wassermeyer MA Art. 7 Rz 693; Gosch in Drüen/Hey/Mellinghoff [Hrsg.], 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland 1918-2018, Festschrift für den Bundesfinanzhof, 2018, S. 1027, 1041 = Internationale Steuer-Rundschau ‑‑ISR‑‑ 2018, 404, 407 f.; Schaumburg/Puls in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 5. Aufl., Rz 21.6, 21.22, 21.67; Kraft in Kraft, AStG, 2. Aufl., § 1 Rz 621; Hofacker in Haase, AStG/DBA, 4. Aufl., § 1 AStG Rz 352; van der Ham/Retzer, IStR 2023, 213; Ehrt, EFG 2023, 1519; Engelen/Spychalski, ISR 2023, 133; BeckOK AStG/Glatz, 9. Ed. 01.09.2024, § 1 Rz 910; Leucht/Hagemeier, Finanz-Rundschau 2024, 1154, 1156; einschränkend Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl., Rz 4.44 und 4.46 ff.). Dies hat der Senat bereits in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf der Grundlage einer summarischen Prüfung (Senatsbeschluss vom 24.11.2021 - I B 44/21 (AdV), BFHE 275, 136, BStBl II 2022, 431) so erkannt und dabei ausgeführt, dass § 1 Abs. 5 AStG als Einkünftekorrekturvorschrift "tatbestandlich-systematisch … unverbunden" neben die allgemeine Entstrickungsregelung in § 4 Abs. 1 Satz 3 und 4 EStG als allgemeine Gewinnermittlungsvorschrift tritt. Insbesondere hat der Senat darauf verwiesen, dass § 1 Abs. 5 AStG im unmittelbaren Kontext zu dessen Absatz 1 steht und damit tatbestandlich an eine Einkünfteminderung anknüpft, die durch eine Vereinbarung nicht fremdvergleichsgerechter Bedingungen (Verrechnungspreise) entsteht (vgl. auch insbesondere Gosch, a.a.O., S. 1027, 1035 f.). Der Senat hält an dieser Rechtsauffassung nach erneuter Überprüfung auch nach dem für eine Revisionsentscheidung erforderlichen Maß der Rechtsüberzeugung fest: Dem Wortlaut des § 1 Abs. 5 AStG und insbesondere dessen Satz 3 lässt sich insoweit gerade nicht entnehmen, dass außerhalb des Anwendungsbereichs des § 1 AStG und insbesondere für die allgemeine Gewinnermittlung nach §§ 4 ff. EStG eine Veranlassungsprüfung (allein) nach den in den jeweiligen Unternehmensteilen ausgeübten Personalfunktionen vorzunehmen wäre. Gegen eine solche "Ausstrahlwirkung" spricht auch die systematische Stellung der Vorschrift im Außensteuergesetz. Mit der Neuregelung verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, "die Besteuerung grenzüberschreitender Vorgänge im Hinblick auf die Gewinnabgrenzung bzw. Gewinnverteilung klar und für alle Investitionsalternativen (Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften, Betriebsstätten) einheitlich zu regeln" (vgl. BTDrucks 17/10000, S. 61). Durch die Einfügung des § 1 Abs. 5 AStG sollte insoweit der Authorized OECD Approach (AOA) des Art. 7 OECD-Musterabkommen ‑‑OECD-MustAbk‑‑) 2010 in innerstaatliches Recht umgesetzt werden. Eine Anpassung des allgemeinen Gewinnbegriffs in den §§ 4 ff. EStG ist insoweit jedoch nicht erfolgt. § 1 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 AStG sieht seinem eindeutigen Wortlaut nach lediglich einseitige Gewinnkorrekturen vor (s. nochmals Gosch, a.a.O., S. 1027, 1034), auch wenn der Passus "Aufteilung der Einkünfte" den vollständigen Unternehmensgewinn als "Ausgangsgröße" nahelegt beziehungsweise in den Gesetzesmaterialien der grundsätzliche Wille des Gesetzgebers erkennbar sein sollte, die Selbständigkeits- und Unabhängigkeitsfiktion der Betriebsstätte zum allgemeinen Grundprinzip der betriebsstättenbezogenen Gewinnabgrenzung und -ermittlung zu machen (daher wird ungeachtet der systematischen Zuordnung auch von einer Einkünfteermittlungsnorm ausgegangen, so z.B. von Ditz, ISR 2013, 261, 262 f.; Ditz/Luckhaupt, ISR 2015, 1 f.; Leonhardt/Tcherveniachki in Flick/Wassermeyer/Ditz/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 1 AStG Rz 2812, m.w.N.; wohl auch Kessens, EFG 2023, 528; Bärsch in Herrmann/Heuer/Raupach, § 49 EStG Rz 181, 240, 261 und 320). Es handelt sich bei § 1 Abs. 5 AStG gerade nicht um eine Generalvorschrift, nach der bei Bestehen inländischer und ausländischer Betriebsstätten stets eine (Neu-)Aufteilung des Gewinns nach den dort beschriebenen Grundsätzen zu erfolgen hätte. Eine außerbilanzielle Korrektur hat vielmehr (nur) dann zu erfolgen, wenn die tatsächlichen Verhältnisse von den gegenüber fremden Dritten zu erwartenden fiktiven Bedingungen zu Lasten der inländischen Besteuerung abweichen (so auch FG Düsseldorf, Urteil vom 12.05.2023 - 3 K 70/18 F, EFG 2023, 1705, Rz 59 ff. [anhängige Revision I R 38/23]).
b) Darüber hinaus verlangt § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG, dass bezogen auf eine Geschäftsbeziehung im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG die Bedingungen, insbesondere die Verrechnungspreise, die der Aufteilung der Einkünfte zwischen einem inländischen Unternehmen und seiner ausländischen Betriebsstätte oder der Ermittlung der Einkünfte der inländischen Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens steuerlich zugrunde gelegt werden, nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen und "dadurch" (zum Beispiel) die inländischen Einkünfte eines beschränkt Steuerpflichtigen gemindert werden. Die Einkünfteminderung muss daher ‑‑als kausale Bedingung (vgl. insbesondere Gosch, a.a.O., S. 1027, 1035 f.; Engelen/Spychalski, ISR 2023, 133)‑‑ "durch" die Vereinbarung nicht fremdvergleichsgerechter Bedingungen (Verrechnungspreise) entstehen und wird weder durch § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG noch durch § 16 BsGaV fingiert. Beide Normen enthalten zwar die Fiktion eines "Geschäftsvorfalls" und Vorgaben zum anzusetzenden Fremdvergleichspreis, allerdings keine Aussage zu dem ‑‑dem Fremdvergleichspreis entgegenzustellenden‑‑ "tatsächlich vereinbarten Preis". Jedenfalls reicht die tatsachenersetzende Fiktion ("anzunehmende schuldrechtliche Beziehung"), die auf die von den in Deutschland eingesetzten Arbeitnehmern zur Erfüllung der werkvertraglichen Verpflichtung der Klägerin gegenüber B erbrachten Leistungen (konkret: die …zerlegung) als "wirtschaftlicher Vorgang" abzielt, nicht aus, den durch die Leistungserbringung in der Betriebsstätte verursachten Aufwand ("Personalkosten" im weiteren Sinne) als fremdvergleichsungerechten Verrechnungspreis im Verhältnis zum Stammhaus zu fingieren (keine Fiktion der bestehenden Einkünfteminderung) - nur eine solche "komplettierte Fiktionskette" könnte eine Korrektur nach Maßgabe des § 1 Abs. 5 AStG rechtfertigen (so im Ergebnis auch Gosch, a.a.O., S. 1027, 1036).
5. Nach den vorstehenden Ausführungen kommt mit dem FG eine Verletzung der Aufzeichnungspflichten nach § 90 Abs. 3 AO im Zusammenhang mit Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Abs. 4 AStG nicht in Betracht.
6. Auf dieser Grundlage ist nicht darüber zu entscheiden, ob der streitgegenständlichen Korrektur auch § 1 Abs. 5 Satz 8 AStG entgegensteht, soweit dort von einem Vorrang eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) ausgegangen wird ("Schrankenwirkung des DBA"), wenn vom Steuerpflichtigen ‑‑vielleicht schon durch die Vorlage einer (unstreitig) veranlassungsprinzipgerechten Zuordnung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben zur Betriebsstätte als den nationalen Regeln (§ 1 Abs. 5 AStG) widersprechende Ermittlung nach dem anzuwendenden DBA (s. z.B. Kaeser in Wassermeyer MA Art. 7 Rz 710; Schnitger, IStR 2012, 633, 641; Brandis/Heuermann/Pohl, § 1 AStG Rz 207)‑‑ nachgewiesen wird, dass die Anwendung von Satz 1 bis 7 wegen der dem DBA nicht entsprechenden Gewinnzuordnung zu einer Doppelbesteuerung führt (Hinweis auf Nr. 3 Satz 1 des Protokolls zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ungarn zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 28.02.2011 ‑‑BGBl II 2011, 938, BStBl I 2012, 166‑‑, soweit dort eine Gewinnabgrenzung nach Maßgabe des vor der AOA-Geltung anzuwendenden "Altrechts" [Art. 7 OECD-MustAbk vor der Neufassung 2010] zugrunde zu legen sein kann).
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 und 2 sowie aus § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.