ECLI:DE:BFH:2025:U.310725.IVR7.23.0
BFH IV. Senat
EStG § 6 Abs 3, EStG § 15a Abs 3 S 1, EStG § 15a Abs 4, EStG VZ 2018
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg , 14. February 2023, Az: 8 K 8166/21
Leitsätze
1. NV: Nach dem Prinzip des stichtagsbezogenen Kapitalkontenvergleichs ist die Frage nach dem Entstehen oder der Erhöhung eines negativen Kapitalkontos durch einen Vergleich der Höhe des Kapitalkontos des Kommanditisten am Ende des Wirtschaftsjahres der Verlustentstehung mit derjenigen am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zu entscheiden (Bestätigung der Rechtsprechung).
2. NV: Bei der Kapitalkontenentwicklung handelt es sich um eine nicht selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage.
3. NV: Übernimmt ein Mitunternehmer unentgeltlich den Anteil eines anderen Mitunternehmers, bilden die beiden Anteile fortan eine Einheit. Die übergehenden Kapitalkonten werden zusammengefasst und vom Rechtsnachfolger fortgeführt.
4. NV: Die Übernahme eines positiven Kapitalkontos ist zwar keine Einlage, wirkt aber wie eine solche und kann daher eine Gewinnhinzurechnung wegen Einlageminderung begrenzen.
5. NV: § 6 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes bewirkt im Fall der unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils keine allumfassende steuerliche Rechtsnachfolge (Bestätigung der Rechtsprechung).
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 14.02.2023 - 8 K 8166/21 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Tatbestand
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. An ihr waren als Kommanditisten zunächst M zu 80 % mit einer Hafteinlage von 4.000 € sowie deren Tochter (die Beigeladene) zu 20 % mit einer Hafteinlage von 1.000 € beteiligt. Komplementärin der Klägerin mit Befugnis zu deren Geschäftsführung ist die V-GmbH.
M schenkte der Beigeladenen ihren Kommanditanteil an der Klägerin und trat ihr diesen zum 01.01.2018, 0:00 Uhr, einschließlich aller Salden und Gesellschafterkonten ab. Die Abtretung umfasste auch das Kapitalkonto der M, das am 31.12.2017 einen Saldo von 71.757,32 € auswies.
Im Jahr 2018 (Streitjahr) tätigte die Beigeladene Entnahmen in Höhe von 144.478,91 €. Die Klägerin erwirtschaftete in diesem Jahr einen laufenden Gesamthandsverlust in Höhe von 146.226,06 €.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) stellte für das Streitjahr die Einkünfte der Klägerin gesondert und einheitlich fest (Gewinnfeststellung). Zugleich erging ein Bescheid über den verrechenbaren Verlust nach § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes ‑‑EStG‑‑ (Verlustfeststellung) für das Streitjahr. Ein dagegen durchgeführtes Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
Ausweislich der der Einspruchsentscheidung vom 01.11.2021 beigefügten Anlage nahm das FA in der Gewinnfeststellung zuletzt eine Gewinnhinzurechnung gemäß § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG in Höhe von 143.556,91 € bei der Beigeladenen vor. Diese hatte es ermittelt, indem es von den Entnahmen der Beigeladenen in Höhe von 144.478,91 € die bestehende Außenhaftung von 922 € abgezogen hatte. Im Streitjahr und in den zehn vorangegangenen Wirtschaftsjahren bestanden bei der Klägerin ausgleichsfähige Verluste im Sinne von § 15a Abs. 3 Satz 2 EStG in Höhe von 1.807.185,91 €.
Den nach § 15a Abs. 4 EStG zum 31.12.2018 verrechenbaren Verlust für die Beigeladene in Höhe von 499.381,47 € hatte das FA ausweislich der Anlage zu der Einspruchsentscheidung wie folgt ermittelt:
Verrechenbarer Verlust zu Beginn des Beteiligungszeitraums
209.598,50 €
Nicht ausgleichs-/abzugsfähiger Verlust des Wirtschaftsjahres
146.226,06 €
Als Gewinn zuzurechnende steuerpflichtige Einlageminderung
143.556,91 €
Verrechenbarer Verlust am Ende des Wirtschaftsjahres
499.381,47 €
Das FA ging davon aus, dass sich das negative Kapitalkonto der Beigeladenen im Streitjahr um 299.725,07 € erhöht hatte. Der Kapitalkontenentwicklung legte es einen Anfangsbestand von ./. 141.946,30 € zugrunde. Dieser ergab sich aus der Saldierung des negativen Kapitalkontos zum Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres in Höhe von 213.703,62 € mit dem von M übernommenen positiven Kapitalkonto in Höhe von 71.757,32 €.
Die Kapitalkontenentwicklung wies das FA in der Anlage zur Einspruchsentscheidung wie folgt aus:
Kapital zu Beginn des Beteiligungszeitraums
./. 141.946,30 €
Entnahmen Gesamthandsbilanz
./. 144.478,91 €
steuerpflichtiger (laufender) Gewinn/Verlust
./. 146.226,06 €
nicht abzugsfähige Betriebsausgaben
./. 9.020,10 €
Kapital am Ende des Wirtschaftsjahres
./. 441.671,37 €
Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg wies die Klage mit Urteil vom 14.02.2023 - 8 K 8166/21 als unbegründet ab.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von Bundesrecht, insbesondere von § 6 Abs. 3 EStG. Der Übergang des positiven Kapitalkontos falle in den Anwendungsbereich der von § 6 Abs. 3 EStG erfassten betriebsbezogenen Gesamtrechtsnachfolge. Dies führe dazu, dass das durch Einlagen der M in der Vergangenheit geschaffene Entnahme- und Verlustausgleichspotential auf die Beigeladene als Rechtsnachfolgerin übergegangen sei. Dementsprechend sei der Hinzurechnungsgewinn zu mindern. Hilfsweise sei anzunehmen, dass in Höhe des Einlageüberhangs Verluste nicht nur verrechenbar, sondern ausgleichsfähig seien.
Im Ergebnis müsse der Übergang des positiven Kapitalkontos der M auf die Beigeladene entweder deren Entnahmen mindern oder deren Einlagen erhöhen. Nicht sachgerecht sei hingegen die Sichtweise des FG, das die Erhöhung des negativen Kapitalkontos um 227.967,75 € bei der Feststellung der Gewinnhinzurechnung als durch Entnahmen in Höhe von 144.478,91 € verursacht angenommen und bei der Feststellung des verrechenbaren Verlustes vollständig nur dem verrechenbaren Verlust zugeordnet habe. Führe man beide Betrachtungsweisen zusammen, müsste sich das negative Kapitalkonto um 299.725,07 € erhöht haben. Tatsächlich betrage die Erhöhung jedoch nur 227.967,75 €; dies veranschauliche den systematischen Berechnungsfehler des FG in Höhe von 71.757,32 €.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG vom 14.02.2023 - 8 K 8166/21 sowie die Einspruchsentscheidung des FA vom 01.11.2021 aufzuheben und die Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 EStG im Gewinnfeststellungsbescheid für 2018, hilfsweise den nach § 15a Abs. 4 EStG festgestellten verrechenbaren Verlust im Verlustfeststellungsbescheid für 2018, um 71.757,32 € zu mindern.Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Gegenstand des Verfahrens ist nach dem Hauptantrag der Klägerin die Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG im Gewinnfeststellungsbescheid sowie nach dem Hilfsantrag die Feststellung des verrechenbaren Verlustes im Verlustfeststellungsbescheid nach § 15a Abs. 4 EStG (dazu unter 1.). Das FG hat die zulässige Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen, da der Hauptantrag ebenso unbegründet ist (dazu unter 2.) wie der Hilfsantrag (dazu unter 3.).
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens, wie auch schon des Klageverfahrens, sind sowohl die im Gewinnfeststellungsbescheid vorgenommene Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG als auch die nach § 15a Abs. 4 EStG erfolgte Feststellung des verrechenbaren Verlustes.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) handelt es sich bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung im Sinne von § 179 Abs. 1 und Abs. 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) und der Feststellung des verrechenbaren Verlustes im Sinne des § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG um zwei Verwaltungsakte, die auch gesondert und unabhängig voneinander angefochten werden können und die selbständig der Bestandskraft fähig sind. Dies gilt auch dann, wenn ‑‑wie vorliegend‑‑ die Bescheide gemäß § 15a Abs. 4 Satz 5 EStG formell miteinander verbunden werden (z.B. BFH-Urteile vom 20.11.2014 - IV R 47/11, BFHE 248, 144, BStBl II 2015, 532, Rz 20; vom 20.06.2024 - IV R 17/21, BStBl II 2024, 898, Rz 16).
Die Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG ist eine mit den Einkünften nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlage. Als solche ist sie im Gewinnfeststellungsbescheid und nicht im Verlustfeststellungsbescheid nach § 15a Abs. 4 EStG gesondert festzustellen. Insoweit stellt der Gewinnfeststellungsbescheid einen Grundlagenbescheid im Sinne von § 171 Abs. 10 Satz 1 AO für die Feststellung des verrechenbaren Verlustes gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG dar (BFH-Urteile vom 20.11.2014 - IV R 47/11, BFHE 248, 144, BStBl II 2015, 532, Rz 22; vom 20.06.2024 - IV R 17/21, BStBl II 2024, 898, Rz 16).
b) Das Klagebegehren (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO) ist dahin zu verstehen, dass sich die Klägerin sowohl im Klageverfahren als auch im Revisionsverfahren mit ihrem Hauptantrag gegen die im Gewinnfeststellungsbescheid für 2018 festgestellte Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG wendet, die sie um 71.757,32 € gemindert haben möchte. Mit ihrem Hilfsantrag begehrt die Klägerin eine entsprechende Minderung des nach § 15a Abs. 4 EStG auf 499.381,47 € festgestellten verrechenbaren Verlustes.
2. Die zulässige Revision ist unbegründet. Das FG hat die Klage in Haupt- und Hilfsantrag zu Recht als unbegründet abgewiesen. Das FA hat zutreffend eine Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG in Höhe von 143.556,91 € vorgenommen.
a) § 15a Abs. 3 EStG bestimmt die Voraussetzungen einer Gewinnhinzurechnung für den Kommanditisten bei einer Einlageminderung (§ 15a Abs. 3 Satz 1 EStG) oder einer Minderung der Haftung (§ 15a Abs. 3 Satz 3 EStG). Soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten durch Entnahmen entsteht oder sich erhöht (Einlageminderung) und soweit nicht aufgrund der Entnahmen eine nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG zu berücksichtigende Haftung besteht oder entsteht, ist dem Kommanditisten ‑‑im Fall einer vorangegangenen Verlustnutzung (§ 15a Abs. 3 Satz 2 EStG)‑‑ der Betrag der Einlageminderung als Gewinn zuzurechnen (§ 15a Abs. 3 Satz 1 EStG). Der aufgrund einer Einlageminderung zuzurechnende Betrag darf dabei aber den Betrag der Anteile am Verlust der KG nicht übersteigen, der im Wirtschaftsjahr der Einlageminderung beziehungsweise Haftungsminderung und in den zehn vorangegangenen Wirtschaftsjahren ausgleichs- oder abzugsfähig gewesen ist (§ 15a Abs. 3 Satz 2 und 3 letzter Halbsatz EStG).
Zweck der Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 EStG ist es, eine Umgehung der aus § 15a Abs. 1 EStG folgenden Begrenzung des Verlustausgleichs durch vorübergehende höhere Einlagen in das Gesellschaftsvermögen oder eine nur vorübergehende Erweiterung der Außenhaftung zu verhindern. Anderenfalls könnten durch kurzfristige Einlagen oder Eintragung von Haftsummen in beliebiger Höhe Verlustverrechnungsmöglichkeiten geschaffen werden. Rechtstechnisch geschieht dies nicht durch eine rückwirkende Änderung der Feststellung nach § 15a Abs. 4 EStG für das Jahr der Verlustentstehung, sondern durch die Zurechnung eines Betrages in Höhe der Einlage- oder Haftungsminderung als fiktiver (laufender) Gewinn. In gleicher Höhe wird der früher ausgleichsfähige Verlustanteil in einen verrechenbaren Verlustanteil "umgepolt" (§ 15a Abs. 3 Satz 4 EStG). § 15a Abs. 3 EStG hat demnach zum Ziel, das gleiche Ergebnis herbeizuführen, als wenn von vornherein eine geringere Einlage geleistet worden wäre oder eine geringere Haftung bestanden hätte und der Verlustanteil bereits im Entstehungsjahr nicht ausgleichsfähig, sondern lediglich verrechenbar gewesen wäre (z.B. BFH-Urteile vom 20.11.2014 - IV R 47/11, BFHE 248, 144, BStBl II 2015, 532, Rz 28, m.w.N.; vom 20.06.2024 - IV R 17/21, BStBl II 2024, 898, Rz 22 f.).
b) Das FG hat unter Beachtung dieser Grundsätze auf der Grundlage seiner Feststellungen zutreffend die Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG in Höhe von 143.556,91 € als rechtmäßig angesehen.
aa) Die im Streitjahr getätigten Entnahmen der Beigeladenen haben deren negatives Kapitalkonto weiter erhöht und somit zu einer Einlageminderung im Sinne des § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG geführt.
Die Beigeladene hat im Streitjahr Entnahmen in Höhe von 144.478,91 € getätigt. Darüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Diese haben dazu geführt, dass sich im Streitjahr das negative Kapitalkonto der Beigeladenen erhöht hat.
Das FG und die Klägerin gehen von einer Erhöhung des negativen Kapitalkontos der Beigeladenen um 227.967,75 €, das FA von einer Erhöhung um 299.725,07 € aus. In beiden Fällen ergibt sich eine Erhöhung, die oberhalb der Entnahmen der Beigeladenen im Streitjahr liegt.
Bei rechtlich zutreffender Betrachtung hat sich das negative Kapitalkonto der Beigeladenen im Streitjahr um 227.967,75 € erhöht (Stand am 31.12.2017: ./. 213.703,62 €; Stand am 31.12.2018: ./. 441.671,37 €). Denn nach dem Prinzip des stichtagsbezogenen Kapitalkontenvergleichs ist die Frage nach dem Entstehen oder der Erhöhung eines negativen Kapitalkontos durch einen Vergleich der Höhe des Kapitalkontos des Kommanditisten am Ende des Wirtschaftsjahres der Verlustentstehung mit derjenigen am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zu entscheiden (BFH-Urteile vom 14.10.2003 - VIII R 32/01, BFHE 203, 462, BStBl II 2004, 359, unter II.1.; vom 10.10.2024 - IV R 10/22, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 23).
bb) Im Rahmen der Kapitalkontenentwicklung, bei der es sich um eine nicht selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage handelt (BFH-Beschluss vom 27.11.2019 - IV B 16/19, Rz 4), hat das FG ‑‑ausgehend von dem bindend festgestellten Stand des Kapitalkontos der Beigeladenen zum 31.12.2017 in Höhe von ./. 213.703,62 €‑‑ zutreffend das zum 01.01.2018 hinzutretende positive Kapital in Höhe von 71.757,32 € berücksichtigt, das die Beigeladene von M übernommen hatte. Unter Berücksichtigung der Entnahmen der Beigeladenen in Höhe von 144.478,91 € und des der Beigeladenen zugewiesenen laufenden Verlustes in Höhe von 146.226,06 € sowie nicht abzugsfähiger Betriebsausgaben in Höhe von 9.020,10 € ergab sich zum Ende des Streitjahres ein negatives Kapital in Höhe von 441.671,37 €.
Das FA hat hingegen unzutreffend den Stand des Kapitalkontos am 31.12.2018 mit dem Stand am 01.01.2018 verglichen. Dabei hat es das negative Kapitalkonto in Höhe von 213.703,62 € mit dem von M übernommenen Kapital in Höhe von 71.757,32 € saldiert. Damit ist es bei der Entwicklung des Kapitalkontos der Beigeladenen zu Unrecht von einem Anfangsbestand von ./. 141.946,30 € ausgegangen. Im Streitfall wirkt sich dieser Fehler indes nicht aus, da die Erhöhung des negativen Kapitalkontos in jedem Fall die Höhe der vorgenommenen Entnahmen übersteigt.
cc) Soweit die Entnahmen im Streitjahr in Höhe von 922 € zum "Wiederaufleben der Haftung" der Beigeladenen geführt haben, ist eine Gewinnhinzurechnung (unstreitig) ausgeschlossen (s. zuletzt auch BFH-Urteil vom 16.01.2025 - IV R 11/22, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 30 ff.).
dd) Damit ergibt sich eine Gewinnhinzurechnung in Höhe von 143.556,91 € (144.478,91 € ./. 922 €). Die Obergrenze für eine Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 EStG wird hierdurch unstreitig nicht überschritten, da die im Streitjahr und den zehn vorangegangenen Wirtschaftsjahren ausgeglichenen und abgezogenen Verluste 1.807.185,91 € betragen haben und damit die streitige Gewinnhinzurechnung von 143.556,91 € übersteigen.
c) Die Klägerin dringt mit ihren Einwendungen nicht durch. Die Beigeladene ist im Rahmen der Rechtsnachfolge nach M nicht in eine Rechtsposition eingetreten, die dazu führt, dass die durch ihre Entnahmen ausgelöste Gewinnhinzurechnung in Höhe des "Einlageüberhangs" zu mindern wäre.
aa) Die zum 01.01.2018 erfolgte Übernahme des positiven Kapitalkontos der M in Höhe von 71.757,32 € stellt keine Einlage der Beigeladenen in das Gesellschaftsvermögen dar (zum Begriff der Einlage im Sinne von § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG ausführlich: BFH-Urteil vom 10.11.2022 - IV R 8/19, BFHE 278, 487, BStBl II 2023, 332, Rz 29 ff.), die mit ihrer Entnahme saldiert werden könnte. Denn insoweit wurde dem Gesellschaftsvermögen der Klägerin nichts zugeführt, was den Unternehmenswert vermehrt hat. Vielmehr wurde lediglich der Beigeladenen ein höherer Anteil am Vermögen der Gesellschaft zugeordnet.
Allerdings wirkt die Übernahme des positiven Kapitalkontos der M wie eine Einlage, denn das negative Kapitalkonto der Beigeladenen hat sich ‑‑wie dargestellt‑‑ infolge des übernommenen positiven Kapitalkontos der M um 71.757,32 € gemindert. Die Übernahme eines positiven Kapitalkontos ist damit dem Grunde nach geeignet, eine Gewinnhinzurechnung wegen Einlageminderung zu verhindern beziehungsweise zu begrenzen. Im Streitfall konnte jedoch mangels ausreichender Höhe des Kapitalkontos der M ein weiteres Anwachsen des negativen Kapitalkontos der Beigeladenen nicht verhindert werden.
bb) Soweit der Argumentation der Klägerin die Überlegung zugrunde liegt, dass das positive Kapitalkonto der M nach der Übernahme durch die Beigeladene als solches fortbesteht und den Hinzurechnungsgewinn gemäß § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG ‑‑wie ein gesonderter Korrekturposten "Einlageüberhang"‑‑ mindert, kann der Senat diesem Gedanken nicht folgen. Dies ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass der Kapitalanteil als solcher lediglich eine Rechnungsgröße in der Bilanz darstellt. Er ist kein selbständig übertragbares, subjektives Recht (BFH-Urteil vom 01.03.2018 - IV R 16/15, BFHE 261, 101, BStBl II 2018, 527, Rz 36). Übernimmt ein Mitunternehmer (hier die Beigeladene) unentgeltlich den Anteil eines anderen Mitunternehmers (hier M), bilden die beiden Anteile fortan eine Einheit. Die übergehenden Kapitalkonten werden zusammengefasst und vom Rechtsnachfolger fortgeführt. Dementsprechend bestand das positive Kapitalkonto der M als solches nach der Übernahme durch die Beigeladene nicht mehr. Es stand somit auch nicht wie ein gesonderter Korrekturposten für eine unmittelbare Minderung des Hinzurechnungsgewinns gemäß § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG zur Verfügung.
cc) Auch der Verweis auf § 6 Abs. 3 EStG kann die Auffassung der Klägerin nicht begründen.
Die Norm bewirkt im Fall der unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils keine allumfassende steuerliche Rechtsnachfolge (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 06.05.2024 - III R 7/22, BStBl II 2024, 740, Rz 22). Ebenso wenig kann aus ihr hergeleitet werden, dass in den Fällen eines "Einlageüberhangs" mit dem Mitunternehmeranteil ein "Entnahmerecht" auf den Übernehmer übergeht, das diesen berechtigt, Entnahmen in Höhe des "Einlageüberhangs" zu tätigen, die im Rahmen der Prüfung des § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG außer Ansatz bleiben.
3. Die Revision hat auch mit ihrem Hilfsantrag keinen Erfolg. Das FA hat den verrechenbaren Verlust der Beigeladenen gemäß § 15a Abs. 4 EStG zutreffend in Höhe von 499.381,47 € festgestellt.
a) Im Verlustfeststellungsbescheid im Sinne des § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG ist der verrechenbare Verlust gesondert festzustellen. Dies ist gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG der nach Absatz 1 der Vorschrift nicht ausgleichs- oder abzugsfähige Verlust eines Kommanditisten, vermindert um die nach Absatz 2 abzuziehenden und vermehrt um die nach Absatz 3 hinzuzurechnenden Beträge (verrechenbarer Verlust). Dabei ist von dem verrechenbaren Verlust des vorangegangenen Wirtschaftsjahres auszugehen (§ 15a Abs. 4 Satz 2 EStG).
b) Die Ermittlung des verrechenbaren Verlustes entspricht diesen Vorgaben. Das FA hat den verrechenbaren Verlust der Beigeladenen in Höhe von 499.381,47 € ausgehend vom verrechenbaren Verlust des vorangegangenen Wirtschaftsjahres in Höhe von 209.598,50 € ermittelt. Diesem hat es den nicht ausgleichs-/abzugsfähigen Verlust in Höhe von 146.226,06 € hinzugerechnet und ihn um den nach § 15a Abs. 3 EStG hinzuzurechnenden Betrag in Höhe von 143.556,91 € vermehrt. Letzterer mindert auf diese Weise zukünftige Gewinne des Kommanditisten aus der Beteiligung (vgl. § 15a Abs. 3 Satz 4 EStG). Damit wird insoweit wirtschaftlich die Situation hergestellt, die bei einem von Anfang an nicht ausgleichsfähigen, sondern nur verrechenbaren Verlust bestanden hätte: Der Verlust hätte den Gewinn nicht gemindert, wäre aber für die Verrechnung mit zukünftigen Gewinnen festgestellt worden (vgl. Krumm in Kirchhof/Seer, EStG, 24. Aufl., § 15a Rz 69; Niehus/Wilke in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15a EStG Rz 166; Brandis/Heuermann/Stutzmann, § 15a EStG Rz 219).
c) Aus den bereits dargelegten Gründen können die Einwendungen der Klägerin kein anderes Ergebnis begründen. Insbesondere kann aus § 6 Abs. 3 EStG kein Übergang eines "Verlustausgleichspotentials" in Höhe des von M übernommenen positiven Kapitalkontos auf die Beigeladene hergeleitet werden.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2, § 139 Abs. 4 FGO.