EURL 96/2011 ; EURL 2015/121 ; EURL 96/2011 Art 1 Abs 2 ; EURL 96/2011 Art 5
Vorabentscheidungsersuchen des Mokestiniu gincu komisija prie Lietuvos Respublikos vyriausybes (Litauen), eingereicht am 17.03.2025, zu folgenden Fragen:
1. Ist unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens eine nationale Praxis, bei der im Staat des Dividendenzahlers die Möglichkeit einer Befreiung von der Quellensteuer auf Dividenden versagt wird, wenn die Dividenden an eine tatsächlich in einem anderen Mitgliedstaat der Union tätige Muttergesellschaft gezahlt werden, die als solche keine Scheingesellschaft darstellt, da sie eine Geschäftstätigkeit ausübt und die Dividenden als deren Nutzungsberechtigte erhält, diese Gesellschaft jedoch von der Steuerverwaltung als Teilnehmerin an einer Kette unangemessener Transaktionen eingestuft wird, weil die Zahlung/Überweisung der Dividenden über sie an den Nutzungsberechtigten der gesamten Unternehmensgruppe erfolgt, mit den Zielen der Missbrauchsbekämpfungsvorschrift der Richtlinie 2011/96/EU vereinbar?
2. Falls die erste Frage bejaht wird: Lässt sich das Vorliegen einer Kettenübertragung von Dividenden daraus ableiten, dass die im Rahmen einer Transaktionskette übertragenen (ähnlichen und identischen) Dividendenbeträge übereinstimmen?
3. Ist unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens eine nationale Praxis, bei der die Steuerverwaltung die Missbrauchsbekämpfungsvorschrift auch dann im Staat der Dividendenausschüttung anwendet, wenn die Transaktionen, die zur Entstehung einer Transaktionskette geführt haben, die nach Einschätzung der Steuerverwaltung eine unangemessene Gestaltung darstellt, in einem anderen Mitgliedstaat der Union von dort steuerlich ansässigen Personen getätigt wurden, mit den Zielen der Missbrauchsbekämpfungsvorschrift der Richtlinie 2011/96/EU, einschließlich des in (den Erwägungsgründen) der Richtlinie 2015/121/EU genannten Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, vereinbar?
4. Begründet die Missbrauchsbekämpfungsvorschrift im Staat des Dividendenzahlers einen Anspruch auf Quellensteuer auf Dividenden, wenn der Steuervorteil auf einer beliebigen Stufe der Transaktionskette entsteht? Kann davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin einen dem Gegenstand oder Ziel der Richtlinie 2011/96/EU zuwiderlaufenden Steuervorteil erlangt hat, wenn die Endbegünstigte infolge der Errichtung einer solchen Transaktionskette einen Steuervorteil erlangt und zur Erlangung dieses Vorteils die von der Beschwerdeführerin gezahlten Dividenden verwendet hat?
5. Kann Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2011/96/EU unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens dahin ausgelegt werden, dass die Anwendung der Vorschrift über die "Beteiligungsbefreiung", mit der Art. 5 der Richtlinie 2011/96 in nationales Recht umgesetzt wurde, wegen Rechtsmissbrauchs versagt werden kann, wenn Bezug und Verwendung der Dividenden (die spätere Gewinnausschüttung) über einen längeren Zeitraum hinweg erfolgt sind?
6. Ist unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens eine nationale Praxis, bei der die Steuerverwaltung die Missbrauchsbekämpfungsvorschrift auf einen Dividendenzahler anwendet, ohne zu prüfen, ob dieser von der Existenz einer Kette unangemessener Transaktionen Kenntnis hatte und/oder hätte haben können, mit den Zielen der Missbrauchsbekämpfungsvorschrift der Richtlinie 2011/96/EU vereinbar?