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Im Fokus: Grundsteuer

Allgemeine Informationen zur Grundsteuer

Für allgemeine Fragen und Antworten zur neuen Grundsteuer ab 1. Januar 2025 besuchen Sie bitte die Webseite des Bundesfinanzministeriums.

Am Bundesfinanzhof (BFH) sind derzeit (Stand Oktober 2025) die folgenden Verfahren im Bereich der Grundsteuer anhängig:

Aus dem Bereich des „Bundesmodells“:

1. Rs. II R 25/24 (Vorinstanz: FG Köln, Urteil vom 19.09.2024 – 4 K 2189/23)

2. Rs. II R 31/24 (Vorinstanz: Sächsisches FG, Urteil vom 01.10.2024 – 2 K 737/23)

3. Rs. II R 3/25 (Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.12.2024 – 3 K 3142/23)

4. Rs. II R 11/25 (Vorinstanz: Sächsisches FG, Urteil vom 15.01.2025 – 5 K 612/24)

5. Rs. II R 22/25 (Vorinstanz: FG Düsseldorf, Urteil vom 26.02.2025 – 11 K 2309/23 BG)

6. Rs. II R 26/25 (Vorinstanz: Sächsisches FG, Urteil vom 03.04.2025 – 3 K 771/23)

7. Rs. II R 31/24 (Vorinstanz: Sächsisches FG, Urteil vom 01.10.2024 – 2 K 737)

8. Rs. II R 34/25 (Vorinstanz: FG Münster, Zwischenurteil vom 18.06.2025 – 3 K 6/25 F)

9. Rs. II B 19/25 (AdV) (Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21.02.2025 – 3 V 3178/24)

Gegen Ländermodelle:

A. Landesgrundsteuergesetz (LGrStG) Baden-Württemberg – Grundsteuer B: „Modifiziertes Bodenwertmodell“

1. Rs. II R 26/24 (Vorinstanz: FG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.06.2024 – 8 K 1582/23)

2. Rs. II R 27/24 (Vorinstanz: Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 11.06.2024 – 8 K 2368/22)
Parallelentscheidung zu II.A.1

3. Rs. II B 45/25 (AdV) (Vorinstanz: Finanzgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.05.2025 – 8 V 789/25)

B. Hamburger Grundsteuergesetz (HmbGrStG) – Grundsteuer B: „Flächen-/Wohnlagenmodell“

1. Rs. II R 15/25 (Vorinstanz: FG Hamburg, Urteil vom 13.11.2024 – 3 K 176/23)

C. Hessisches Grundsteuergesetz (HGrStG) – Grundsteuer B: „Flächen-Faktor-Modell“

1. Rs. II R 12/25 (Vorinstanz: Hessisches FG, Urteil vom 23.01.2025 – 3 K 663/24)

D. Bayerisches Grundsteuergesetz (BayGrStG) – Grundsteuer B: „Wertunabhängiges Flächenmodell“

1. Rs. II R 33/25 (Vorinstanz: FG München, Gerichtsbescheid vom 18.06.2025 – 4 K 702/23)

2. Rs. II R 40/25 (Vorinstanz: FG München. Urteil vom 13.08.2025 – 4 K 164/25)

Zu den folgenden drei Verfahren aus dem Bereich des "Bundesmodells" wird der BFH am Mittwoch, den 12.11.2025  mündliche Verhandlungen durchführen:

1. Verfahren am 12.11.2025, 9.30 h: Rs. II R 25/24 (vgl. unter B.I.1)

Das FG Köln hatte über die Rechtmäßigkeit des Grundsteuerwerts für eine Eigentumswohnung (§ 249 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 des Bewertungsgesetzes (BewG) in der Fassung des Grundsteuer-Reformgesetzes (GrStRefG) vom 02.12.2019, BGBl I 2019, 1794)  zu befinden, die nach § 250 Abs. 2 Nr. 4 BewG im Ertragswertverfahren zu bewerten ist.

Es hat entschieden, dass die ab 01.01.2022 geltenden Regelungen zur Bewertung des Grundbesitzes für die Grundsteuer (§§ 218 ff. BewG) verfassungsgemäß seien. Insbesondere habe der Bund nicht seine Gesetzgebungskompetenz überschritten; die neuen Regelungen verstießen nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und würden den Vorgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 10.04.2018 – 1 BvL 11/14, BGBl I 2018, 531 gerecht werden.

Sollten die im Bewertungsgesetz vorgesehenen weitreichenden Typisierungen und Pauschalierungen dazu führen, dass im konkreten Einzelfall eine Verletzung des Übermaßverbots drohe, sei zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber des Landes Nordrhein-Westfalen in Umsetzung der BFH-Beschlüsse vom 27.05.2024 – II B 78/23 (AdV), Pressemittteilung 026/24 und II B 79/23 (AdV) in Ergänzung zu § 220 BewG in § 2 des Nordrhein-Westfalen Grundsteuerhebesatzgesetzes (NWGrStHsG) vom 04.07.2024, geregelt habe, dass ein niedrigerer gemeiner Wert anzusetzen sei, wenn eine erhebliche Abweichung von dem nach dem BewG ermittelten Grundsteuerwert nachgewiesen werde.

2. Verfahren am 12.11.2025; 10:30 h: Rs. II R 31/24 (vgl. unter B.I.2)

Das sächsische FG hatte über die Rechtmäßigkeit des Grundsteuerwerts für eine Eigentumswohnung (§ 249 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 BewG) und einen Tiefgaragenplatz, der zum Grundstück für Zwecke der Bewertung gemäß Anlage 39 zum BewG zu zählen ist, zu befinden. Die Bewertung ist nach § 250 Abs. 2 Nr. 4 BewG im Ertragswertverfahren durchzuführen.

Das FG hat geurteilt, dass die Regelungen der §§ 218 ff. BewG mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar seien. Die Anwendung von durchschnittlichen Nettokaltmieten nach Anl. 39 zum BewG im Ertragswertverfahren bei der Ermittlung des Rohertrags des Grundstücks sei in dem vereinfachten Massenverfahren hinnehmbar.

Die Heranziehung der durch die Gutachterausschüsse ermittelten Bodenrichtwerte sei nicht zu beanstanden. Der Steuerpflichtige könne einen niedrigeren Grundsteuerwert nachweisen. Dies könne entweder durch ein Sachverständigengutachten oder durch einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag zustande gekommenen Kaufpreis über das zu bewertende Grundstück geschehen (vgl. § 198 BewG).

3. Verfahren am 12.11.2025, 11:30 h: Rs. II R 3/25 (vgl. unter B.I.3)

Das FG Berlin-Brandenburg hatte über die Rechtmäßigkeit des Grundsteuerwerts für eine Eigentumswohnung (§ 249 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 BewG zu entscheiden, die nach § 250 Abs. 2 Nr. 4 BewG im Ertragswertverfahren zu bewerten ist.

Es hat geurteilt, dass die Regelungen der §§ 218 ff. BewG mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar seien. Für die Ermittlung des Bodenwerts würden zwar objektspezifische Besonderheiten des Grundstücks nicht berücksichtigt. Dies sei jedoch von der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers gedeckt und mache das automatisierte Verwaltungsverfahren des neuen grundsteuerlichen Bewertungsrechts handhabbar.

Weder das Äquivalenz- noch das Leistungsfähigkeitsprinzip als Belastungsgrund würden zwingend erfordern, dass die Grundstücke innerhalb eines Gemeindegebiets deutlich lagebezogener ermittelt würden, als es die §§ 248 ff. BewG durch Berücksichtigung der Bodenrichtwerte vorsehen. Die typisierten Regelungen der Mieten in Anl. 39 BewG seien nicht wegen einer fehlenden Lagedifferenzierung innerhalb der Gemeinde verfassungswidrig.

Die für die Bewertung der unbebauten Grundstücke maßgebenden Bodenrichtwerte, die die Gutachterausschüsse ermitteln und den Finanzämtern mitteilen würden, seien für die Beteiligten im Steuerrechtsverhältnis verbindlich und einer gerichtlichen Überprüfung regelmäßig nicht zugänglich. Gegen das Endergebnis der typisierten Berechnung des Grundbesitzwerts sei ein Nachweis niedrigerer einzelner Berechnungsparameter (anstatt eines Nachweises eines niedrigeren Verkehrswerts) nicht zuzulassen. Schließlich sei die Zuordnung des gesamten Berliner Stadtgebiets zur Mietniveaustufe 4 in der MietNEinV mit höherrangigem Recht vereinbar.

Gemeinsamkeiten der drei Verfahren, Hintergrund und Fragestellungen

In allen drei Verfahren ist insbesondere die Verfassungsmäßigkeit des für Grundsteuerzwecke vorgesehenen pauschalierten Ertragswertverfahrens (§§ 251 – 257 BewG) streitig. Das pauschalierte Ertragswertverfahren findet bei der Grundsteuer nach § 250 Abs. 2 BewG auf Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke sowie Wohnungseigentum Anwendung. Auch für die Bewertung des Grundvermögens bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer (dort für Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln lässt, § 182 Abs. 3 BewG) wird ein Ertragswertverfahren herangezogen. Das Ertragswertverfahren für die Grundsteuer und dasjenige für erbschaftsteuerrechtliche Zwecke unterscheiden sich jedoch inhaltlich deutlich. Während bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer der Rohertrag des Grundstücks nach den jeweiligen tatsächlichen Verhältnissen (d.h. durch Ansatz der tatsächlichen Nettokaltmiete) zu ermitteln ist (§ 186 Abs. 1 BewG), bestimmt § 254 BewG für die Grundsteuer, dass auf landeseinheitlich geltende Nettokaltmieten nach Anlage 39 zum BewG abzustellen ist; diese unterscheiden sich nur hinsichtlich der Gebäudeart (Einfamilienhaus, Zweifamilienhau, Mietwohngrundstück), der Wohnfläche (< 60 qm, ≥ 60 qm und < 100 qm, ≥ 100 qm) und des Baujahrs des Grundstücks (bis 1948, 1948 – 1978, 1979 – 1990, 1991 – 2000, ab 2001). Die in der Anlage 39 zum BewG ausgewiesenen Nettokaltmieten sind aus dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamts des Jahres 2014 abgeleitet und auf den Bewertungsstichtag 01.01.2022 hochgerechnet worden. In § 254 BewG sind für den so berechneten Rohertrag Zu- und Abschläge in Abhängigkeit von (sechs)  Mietniveaustufen vorgesehen. Dadurch soll der aufgrund der landeseinheitlichen Typisierung fehlenden Differenzierung zwischen ländlichen Gebieten und Städten Rechnung getragen und diese ausgeglichen werden. Die Einordnung der Gemeinden in die jeweilige Mietniveaustufe erfolgte nach § 263 Abs. 2 durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums der Finanzen auf Grundlage nach § 12 des Wohngeldgesetzes (in Verbindung mit der Wohgeldverordnung). Danach ist jede Gemeinde einer bestimmten Mietniveaustufe zugeordnet. Je nach Einstufung der Gemeinde werden die Mietpreise um bis zu 22,5 % (Mietpreisniveaustufe 1) abgesenkt oder bis zu 32,5 % (Mietpreisniveaustufe 6) angehoben. Keine Regelungen sind jedoch für die Berücksichtigung möglicher Mietpreisunterschiede in den verschiedenen Stadtteilen innerhalb einer Gemeinde vorhanden. Dies könnte zur Folge haben, dass höherpreisige Immobilien zu ihrem tatsächlichen Wert geringer und niedrigpreisige Immobilien im Verhältnis dazu zu hoch bewertet werden.

In allen drei zu verhandelnden Fällen wird sich deshalb unter anderem die Frage stellen, ob es mit dem in Art. 3 Abs. 1 GG allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist, dass durch die Verwendung eines grob typisierten Bewertungsverfahrens in dem grundsteuerrechtlichen Massenverfahren eine an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu orientierende Belastung möglicherweise nicht in allen Fällen erreicht wird. Unter anderem wird zu klären sein, ob die Heranziehung der pauschalierten Nettomieten und der durch die Gutachterausschüsse ermittelten Bodenrichtwerte der Bewertung eines individuellen Grundstücks gerecht wird und nicht gegen eine verfassungsrechtlich gebotene realitäts- und relationsgerechte Bewertung verstößt.

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