BFH XI. Senat
UStG § 1 Abs 1 Nr 1, UStG § 1b Abs 2, UStG § 1b Abs 3, UStG § 4 Nr 1 Buchst b, UStG § 6a Abs 1 S 1, UStG § 6a Abs 3, UStG § 6a Abs 4 S 1, UStG § 25a Abs 1, UStG § 25a Abs 7 Nr 1 Buchst b, UStG § 25a Nr 3, UStDV § 17a, UStDV § 17c Abs 1, UStDV § 17c Abs 2, EWGRL 388/77 Art 26a Teil B, EWGRL 388/77 Art 26a Teil D Buchst c, EWGRL 388/77 Art 28c Teil A, EGRL 112/2006 Art 131, EGRL 112/2006 Art 138, EGRL 112/2006 Art 139
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 10. August 2011, Az: 5 K 96/08
Leitsätze
1. Auffällige Unterschiede zwischen der Unterschrift des Abholers unter der Empfangsbestätigung auf der Rechnung und der Unterschrift auf dem vorgelegten Personalausweis können Umstände darstellen, die den Unternehmer zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers veranlassen müssen .
2. An die Nachweispflichten sind besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn der (angeblichen) innergemeinschaftlichen Lieferung eines hochwertigen PKW ein Barkauf mit Beauftragten zugrunde liegt .
3. Die innergemeinschaftliche Lieferung von hochwertigen PKW bei Abholung durch einen Beauftragten gegen Barzahlung birgt eine umsatzsteuerrechtliche Missbrauchsgefahr. Der Unternehmer muss daher alle ihm zur Verfügung stehenden, zumutbaren Maßnahmen, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, ergriffen haben, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt .
Tatbestand
I.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, betrieb im Streitjahr 2003 einen Kraftfahrzeughandel. Sie lieferte am 22. Januar 2003 einen Porsche 911 Carrera 4S Coupe umsatzsteuerfrei zum Preis von ... € an die in Italien ansässige "Abnehmerin" T mit Sitz in V. Das Fahrzeug wurde durch Vermittlung einer Firma S durch einen Bevollmächtigten bei der Klägerin abgeholt, der den Kaufpreis bar bezahlte. Als Abholer trat ein Herr mit dem Namen B auf, von dem sich die Klägerin eine Kopie des Personalausweises vorlegen ließ. Die Empfangsbestätigung auf der Rechnung beinhaltet den handschriftlichen Vermerk "Fzg. wird gem. Kaufvertrag vom 21.01.2003 nach Italien ausgeführt" und ist mit dem Namen "B" unterschrieben. Diese Unterschrift weicht von der Unterschrift auf der Personalausweiskopie ab.
Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung behandelte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) den bis zu diesem Zeitpunkt als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung angesehenen Umsatz als steuerpflichtig und erließ am 12. Juli 2004 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2003, in dem es die Umsatzsteuer um insgesamt ... € erhöhte. Das FA hat für den Umsatz mit T einen Umsatzsteuerbetrag von ... € und für einen weiteren, revisionsrechtlich nicht angegriffenen Geschäftsvorfall einen Betrag von ... € angesetzt. Die Versagung der Steuerfreiheit für die Lieferung an T beruht auf einer Mitteilung des Bundesamtes für Finanzen, nach der T ein Scheinunternehmen war, was nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) zwischen den Beteiligten unstreitig ist.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Das FG gab der Klage hinsichtlich der Lieferung des Porsche 911 Carrera an T unter Herabsetzung der Umsatzsteuer um ... € statt und wies die Klage im Übrigen in dem revisionsrechtlich nicht angegriffenen Teil ab. Für die Lieferung des Porsche 911 Carrera an T seien zwar die Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht erfüllt, denn der Abnehmer ‑‑die T‑‑ sei ein Nichtunternehmer ("Scheinunternehmer") gewesen. Gleichwohl sei die Lieferung als steuerfrei zu behandeln, weil die Voraussetzungen des § 6a Abs. 4 UStG vorlägen.
Die Klägerin habe keine Zweifel am tatsächlichen Abholer haben müssen. Sie habe sich sämtliche Belege, die nach § 17a der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) erforderlich seien, vorlegen lassen. Insbesondere habe sie den Belegnachweis gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV erfüllt. Danach sei der Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung in den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern, zu führen. Dies sei erfüllt, denn die Klägerin habe durch den Vermittler S einen Handelsregisterauszug betreffend der T vorgelegt. Damit verbunden sei eine Versicherung gewesen, dass das Fahrzeug nach Italien befördert werden solle. Diese Versicherung sei auch schriftlich und in deutscher Sprache erfolgt. Sie enthalte unter Bezugnahme auf den Handelsregisterauszug Name und Anschrift der T (Abnehmer) sowie eine mit Datum versehene Unterschrift des Abnehmers bzw. in diesem Fall des Bevollmächtigten B. Damit habe die Klägerin ihre Sorgfaltspflichten aus § 6a Abs. 4 UStG erfüllt. Soweit die Finanzverwaltung im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 5. Mai 2010 IV D 3-S 7141/08/10001, 2010/ 0334195 (BStBl I 2010, 508) in Tz. 32 die Auffassung vertrete, "die Unterschrift (müsse) ggf. einen Vergleich mit der Unterschrift auf der Passkopie des Abnehmers (bzw. dessen Vertretungsberechtigten oder des unselbständigen Beauftragten) ermöglichen", sei dies unverhältnismäßig. Zum einen könne sich eine Unterschrift durchaus im Laufe mehrerer Jahre verändern, zum anderen sehe eine Unterschrift auf einem Personalausweis, bei dem nur wenig Platz für die Unterschrift bestehe, häufig anders aus als auf anderen Unterlagen. Dass im Streitfall die Unterschrift auf der Empfangsbestätigung mit der Unterschrift des B auf seinem Personalausweis nicht ohne Weiteres übereinstimme, könne deshalb nicht zum Nachteil der Klägerin ausgelegt werden. Weitere Umstände, die einen Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns i.S. des § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG rechtfertigen könnten, seien im Streitfall nicht ersichtlich.
Mit seiner Revision macht das FA die Verletzung materiellen Rechts geltend. Das Urteil des FG verstoße gegen § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a UStG. Bei Barverkäufen hochwertiger Gegenstände seien an die Sorgfaltspflichten besonders hohe Anforderungen zu stellen. Die Umstände, dass ein hochwertiges Fahrzeug in bar veräußert werde und auffällige Unterschiede zwischen der Unterschrift auf dem vom Abholer vorgelegten Pass und der Verbringenserklärung bestehen, müssten den Unternehmer zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers veranlassen. In die Würdigung, ob ein Unternehmer mit der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt gehandelt habe, seien alle Umstände einzubeziehen (Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 12. Mai 2009 V R 65/06, BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511). Von diesen Rechtssätzen weiche das FG ab. Zum einen halte es den Umstand, dass die Unterschriften auf dem vom Abholer vorgelegten Personalausweis und der Verbringenserklärung auffällige Unterschiede aufwiesen, für unbeachtlich. Denn es habe den Rechtssatz aufgestellt, dass ein Vergleich der Unterschriften unverhältnismäßig sei. Zum anderen würdige das FG nicht alle Umstände. Es würdige insbesondere nicht, dass die Klägerin ein hochwertiges Fahrzeug veräußert habe, der Kaufpreis von ... € in bar entrichtet worden sei, die Vermittlung des Verkaufs des gebrauchten Fahrzeugs über die S erfolgt sei und S den Handelsregisterauszug des Abnehmers vorgelegt habe. Gerade diese Umstände hätten die Klägerin zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers veranlassen müssen.
Die Frage des Gutglaubensschutzes stelle sich daher nicht, weil die Klägerin ihren Nachweispflichten nicht nachgekommen sei. Es fehle an Belegen, aus denen sich insbesondere der tatsächliche Abholer der angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung und dessen Berechtigung leicht und einfach nachprüfbar habe entnehmen lassen.
Das FA beantragt,
das Urteil des FG insoweit aufzuheben, als es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen.Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.Sie habe den Beleg- und Buchnachweis vollständig erbracht. Die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung i.S. von § 6a Abs. 1 UStG seien unstreitig nicht erfüllt, weil ‑‑wie sich später herausstellte‑‑ es sich bei dem Kunden um einen Nichtunternehmer gehandelt habe. Die Klägerin habe die Unrichtigkeit der Angaben der Abnehmer auch bei Beachtung der größten Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen können. Der von dem FA zitierte Beschluss vom 6. November 2008 V B 126/07 (BFH/NV 2009, 234) behandle einen abweichenden Fall, in dem das betreffende Fahrzeug sofort zum selben Preis weiterverkauft worden und dies dem liefernden Unternehmer bekannt gewesen sei, so dass tatsächlich bei dem Lieferer der Verdacht einer versuchten Steuerhinterziehung aufkommen könne. Im Streitfall habe es jedoch keinen ähnlichen Anlass gegeben, an der Richtigkeit der vorgelegten Unterlagen zu zweifeln.
Auch die Barzahlung des Kaufpreises sei nach der Erfahrung bei Exportgeschäften von Luxussportwagen nicht ungewöhnlich, sondern die Regel und die einzig praktikable Lösung bei Fahrzeugverkäufen ins Ausland. Gerade bei so mobilen Gegenständen wie Autos wolle der Verkäufer nicht das Risiko eines Forderungsausfalls tragen, sondern bestehe auf Barzahlung oder vollständiger bargeldloser Vorauszahlung; dies gelte gerade für Exportgeschäfte. Wenn das FA behaupte, dass eine "Barzahlung ungewöhnlich" sei und das Misstrauen der Klägerin habe wecken müssen, so sei diese Auffassung wirklichkeitsfremd.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt hinsichtlich der zu beurteilenden Lieferung des Porsche 911 Carrera an T zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das Urteil des FG verletzt § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG. Der Senat kann aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob für das Fahrzeug Porsche 911 Carrera die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung vorliegen.
1. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass im Streitfall die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nachgewiesen sind.
Innergemeinschaftliche Lieferungen können unter den Voraussetzungen des § 6a UStG steuerfrei sein.
a) Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG ist eine innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
"... 1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2. der Abnehmer ist
a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber
und
3. der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung."Der Unternehmer hat diese Voraussetzungen gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV nachzuweisen.
Der Unternehmer soll dabei gemäß § 17a Abs. 2 UStDV in den Fällen, in denen er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, den Nachweis führen
"... 1. durch das Doppel der Rechnung (§§ 14, 14a des Gesetzes),
2. durch einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein,
3. durch eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten sowie
4. in den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern."Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein (§ 17c Abs. 1 Satz 2 UStDV).
Nach § 17c Abs. 2 UStDV soll der Unternehmer regelmäßig Folgendes aufzeichnen:
"... 9. den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet."b) Unionsrechtlich beruht die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung auf Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG; vgl. nunmehr Art. 131, 138 f. der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ‑‑MwStSystRL‑‑).
Steuerfrei sind unter den Bedingungen, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen danach "... die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem Beginn des Versands oder der Beförderung der Gegenstände handelt."
c) Der Unternehmer kann grundsätzlich die Steuerfreiheit für eine innergemeinschaftliche Lieferung in Anspruch nehmen, wenn er die nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV bestehenden Nachweispflichten erfüllt (BFH-Urteile in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b; vom 12. Mai 2011 V R 46/10, BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 14; vom 15. Februar 2012 XI R 42/10, BFH/NV 2012, 1188, Rz 14). Kommt der Unternehmer den Nachweispflichten nicht oder nur unvollständig nach, erweisen sich die Nachweisangaben bei einer Überprüfung als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht ausräumt, ist von der Steuerpflicht der Lieferung auszugehen; trotz derartiger Mängel ist die Lieferung aber steuerfrei, wenn objektiv zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind (BFH-Urteile in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b; in BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 14; in BFH/NV 2012, 1188, Rz 14).
d) Im Streitfall fehlt es bereits am Nachweis, wer der wirkliche Abnehmer des PKW war. Nach den Feststellungen des FG war ‑‑was zwischen den Beteiligten unstreitig ist‑‑ T lediglich ein Scheinunternehmen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG liegen daher nicht vor.
2. Entgegen der Auffassung des FG ist die Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG nicht anwendbar.
a) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, ist die Lieferung gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG gleichwohl steuerfrei, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte (BFH-Urteil in BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 28).
b) Auffällige Unterschiede zwischen der Unterschrift auf dem vom Abholer vorgelegten Pass und der Verbringenserklärung können Umstände darstellen, die die Klägerin zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers hätten veranlassen müssen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 234, unter 3.). Solche auffälligen Unterschiede liegen im Streitfall vor. Die Unterschrift unter der Empfangsbestätigung auf der Rechnung weicht von der Unterschrift auf der Personalausweiskopie ‑‑auf den ersten Blick erkennbar‑‑ ganz erheblich ab.
c) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Es hält die Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 508, Tz. 32; Abschn. 6a.3. Abs. 9 Satz 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses), dass die Unterschrift ggf. einen "Vergleich mit der Unterschrift auf der Passkopie des Abnehmers (bzw. dessen Vertretungsberechtigten oder des unselbständigen Beauftragten) ermöglichen" müsse, per se für unverhältnismäßig und lässt den Umstand, dass die Unterschrift auf der Empfangsbestätigung mit der Unterschrift des B auf seinem Personalausweis nicht übereinstimmt, bei der Würdigung, ob die Klägerin mit der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt gehandelt hat, unzutreffend von vornherein außer Acht. Der Senat verkennt nicht, dass sich eine Unterschrift im Einzelfall im Laufe mehrerer Jahre verändern und eine Unterschrift auf einem Personalausweis, bei dem wenig Platz für die Unterschrift besteht, ein anderes Bild als auf sonstigen Unterlagen haben kann. Diese Umstände rechtfertigen es entgegen der Ansicht des FG aber nicht, die auffälligen Unterschiede in den Unterschriften in die Prüfung und Würdigung gar nicht erst miteinzubeziehen.
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang Folgendes zu berücksichtigen haben:
a) Die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG) ist gemäß § 25a Abs. 7 Nr. 3 UStG ausgeschlossen für Lieferungen, die der Differenzbesteuerung unterliegen; diese sind steuerpflichtig. Die Ausnahme entspricht Art. 26a Teil B, Teil D Buchst. c i.V.m. Art. 28c Teil A Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. BFH-Urteil vom 7. Dezember 2006 V R 52/03, BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, unter II.1.). Anhaltspunkt für eine ggf. durchzuführende Differenzbesteuerung könnte insoweit der Eintrag eines Umsatzsteuerbetrags in Höhe von ... € in der Zeile "nicht auszuweisen im Rahmen der Differenzbesteuerung gem. § 25a UStG" im Kaufvertrag sein.
Das FG hat keine Feststellungen getroffen, die eine Entscheidung darüber ermöglichen, ob die Klägerin die streitbefangene Kfz-Lieferung im Rahmen der Differenzbesteuerung ausgeführt hat. Gemäß § 25a Abs. 1 UStG gilt für Lieferungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG von beweglichen körperlichen Gegenständen eine Differenzbesteuerung, wenn u.a. folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
"1. Der Unternehmer ist ein Wiederverkäufer. Als Wiederverkäufer gilt, wer gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handelt oder solche Gegenstände im eigenen Namen öffentlich versteigert.
2. Die Gegenstände wurden an den Wiederverkäufer im Gemeinschaftsgebiet geliefert. Für diese Lieferung wurde
a) Umsatzsteuer nicht geschuldet oder nach § 19 Abs. 1 nicht erhoben oder
b) die Differenzbesteuerung vorgenommen.
..."Eine Differenzbesteuerung käme allerdings gemäß § 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. b UStG nicht zur Anwendung, wenn es sich um die innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs i.S. des § 1b Abs. 2 und 3 UStG handelt. Dafür könnte ‑‑sofern der Kilometerstand in der "Verbindlichen Bestellung" des Fahrzeugs vom 20. Januar 2003 korrekt ausgewiesen ist‑‑ der niedrige Kilometerstand sprechen. Widersprüchlich ist jedoch, dass nach den dortigen Angaben die gesamte km-Leistung laut Vorbesitzer 0 km und der km-Stand laut Zähler indes 4 500 km beträgt.
Das FG hat die erforderlichen Feststellungen nachzuholen.
b) Sofern die Lieferung nicht der Differenzbesteuerung unterliegt, stellt sich im Rahmen der nachfolgend zu prüfenden innergemeinschaftlichen Lieferung die Frage, ob der Unternehmer die Unrichtigkeit der Angaben des Abnehmers auch bei Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte, erst dann, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV vollständig nachgekommen ist (BFH-Urteile vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81, Leitsatz 2; in BFH/NV 2012, 1188, Rz 32). Maßgeblich ist hierfür die formelle Vollständigkeit, nicht aber auch die inhaltliche Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben, da § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige Abnehmerangaben schützt (BFH-Urteil in BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 30; in BFH/NV 2012, 1188, Rz 32).
Die Ausführungen des FG sind insoweit unzureichend, da es keine Feststellungen zu dem Bestimmungsort des Liefergegenstands Porsche 911 Carrera (vgl. § 17a Abs. 2 Nr. 2, § 17c Abs. 2 Nr. 9 UStDV) getroffen hat. Der Gesetzeszweck des § 6a Abs. 1 UStG erfordert den Nachweis des Bestimmungsorts der innergemeinschaftlichen Lieferung, um die Warenbewegung nachzuvollziehen und um sicherzustellen, dass der gemeinschaftliche Erwerb in dem anderen Mitgliedstaat als Bestimmungsland den Vorschriften der Erwerbsbesteuerung unterliegt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, Leitsatz 2; Langer in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 6a Rz 73). Die Angaben in der Verbringenserklärung "Fzg. wird gem. Kaufvertrag vom 21.01.2003 nach Italien ausgeführt" sind insoweit nicht ausreichend, da der Bestimmungsort nicht genannt ist (vgl. Langer in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 6a Rz 73) und auch nicht mit der im Bezug genommenen Kaufvertrag vom 21. Januar 2003 enthaltenen Unternehmensanschrift ohne Weiteres gleichzusetzen ist. Nach dem Urteil des BFH in BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, unter II.2.c kann sich die gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 2, § 17c Abs. 2 Nr. 9 UStDV erforderliche Angabe des Bestimmungsorts zwar unter Berücksichtigung aller Umstände im Einzelfall aus der Rechnungsanschrift des Abnehmers ergeben. Dies gilt jedoch im Grundsatz nur, wenn davon auszugehen ist, dass der Gegenstand der Lieferung auch zum Unternehmenssitz des Abnehmers versendet oder befördert wird (vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 2011 V R 28/10, BFHE 233, 331, Rz 29). Hierzu fehlen hinreichende Feststellungen. Die Frage des der Klägerin obliegenden Nachweises des Bestimmungsorts ist Gegenstand der Tatsachenwürdigung durch das FG (BFH-Urteil in BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, Leitsatz 2).
c) An die Nachweispflichten sind besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn der angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung eines hochwertigen PKW ein Barkauf (hier ... €) mit "Beauftragten" zugrunde liegt (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 81, unter II.2.b). In die Würdigung, ob ein Unternehmer mit der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt gehandelt hat, sind diese Umstände einzubeziehen (BFH-Urteil in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.4.b bb). Im Streitfall kommt hinzu, dass ein Vermittler zwischengeschaltet worden ist und die vermeintliche "Abnehmerin" T faktisch ‑‑außer auf dem Papier‑‑ gar nicht in Erscheinung trat.
aa) Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, die Barzahlung des Kaufpreises sei bei Exportgeschäften von Luxussportwagen die Regel.
Der Senat verkennt nicht, dass in der Autobranche bei innergemeinschaftlichen Lieferungen Barzahlung Zug um Zug gegen Aushändigung des Fahrzeugs üblich sein mag (vgl. Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 29. Mai 2012 3 K 2138/10, Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2012, 1968, Rz 71, m.w.N.) und dass ohne Barzahlung bei Übergabe oder vollständiger bargeldloser Vorauszahlung durch den im Ausland ansässigen Abnehmer der Verkäufer das Risiko eines Forderungsausfalls tragen würde, jedoch diese Abwicklungsmodalität eine erhebliche umsatzsteuerrechtliche Missbrauchsgefahr birgt. Die Bekämpfung von Missbrauch, Steuerumgehung und -hinterziehung ist indes ein von der Richtlinie 77/388/EWG bzw. MwStSystRL angestrebtes Ziel (vgl. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union ‑‑EuGH‑‑ vom 29. April 2004 C-487/01 und C-7/02 ‑‑Gemeente Leusden und Holin Groep‑‑, Slg. 2004, I-5337, Umsatzsteuer-Rundschau ‑‑UR‑‑ 2004, 302, Rz 76; vom 7. Dezember 2010 C-285/09 ‑‑R‑‑, Slg. 2010, I-12605, UR 2011, 15, Rz 36; vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11 ‑‑Mahagében und Dávid‑‑, BFH/NV 2012, 1404, UR 2012, 591, Rz 41; vom 6. September 2012 C-273/11 ‑‑Mecsek-Gabona‑‑, UR 2012, 796, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2012, 1917, Rz 47) und rechtfertigt hohe Anforderungen an die Einhaltung der umsatzsteuerrechtlichen Verpflichtungen des Verkäufers (vgl. EuGH-Urteile vom 27. September 2007 C-409/04 ‑‑Teleos u.a.‑‑, Slg. 2007, I-7797, BFH/NV Beilage 2008, 25, Rz 58 und 61; in UR 2012, 796, DStR 2012, 1917, Rz 47; Treiber in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 6a Rz 103). Der Unternehmer muss daher alle ihm zur Verfügung stehenden, zumutbaren Maßnahmen, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, ergriffen haben, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt (vgl. EuGH-Urteile in Slg. 2007, I-7797, BFH/NV Beilage 2008, 25, Rz 65; in BFH/NV 2012, 1404, UR 2012, 591, Rz 54; in UR 2012, 796, DStR 2012, 1917, Rz 48 und 53 f.; Treiber in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 6a Rz 103).
bb) Bestehen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abnehmers oder seines angeblichen Beauftragten, so ist der Unternehmer auch verpflichtet, Nachforschungen bis zur Grenze der Zumutbarkeit anzustellen (Oelmaier, DStR 2008, 1213, 1217; Treiber in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 6a Rz 104). Die Zumutbarkeit von Maßnahmen richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Da beim Barverkauf von hochwertigen PKW in das Ausland und Abholung durch einen Beauftragten ein erhebliches umsatzsteuerrechtliches Missbrauchspotenzial besteht, ist in diesen Fällen der Rahmen des Zumutbaren weit zu ziehen.
Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abnehmers können in diesen Fällen beispielsweise folgende Umstände begründen:
-
Es besteht keine längere Geschäftsbeziehung zwischen dem Unternehmer und dem Abnehmer und der Unternehmer hat keine Kenntnis von der Vertretungsberechtigung der für den Abnehmer auftretenden Person (vgl. Urteil des FG Köln vom 27. Januar 2005 10 K 1367/04, EFG 2005, 822);
-
die Geschäftsanbahnung mit dem Unternehmer erfolgt durch einen von dem Abnehmer zwischengeschalteten Dritten und der Abnehmer tritt ‑‑außer auf dem Papier‑‑ nicht in Erscheinung;
-
die fehlende Nachvollziehbarkeit des Schriftverkehrs, z.B. fehlende Faxkennung des Abnehmers, oder widersprüchliche Angaben des Abnehmers, z.B. der im Ausland ansässige Abnehmer hat eine Faxadresse im Inland.
Dagegen stellen im Regelfall keine Gründe für Zweifel an der Richtigkeit geringfügige, rein formale Versehen dar, wie z.B. ein bloßes Verschreiben auf der Verbringenserklärung.
4. Soweit das FA dem Revisionsantrag das Begehren hinzugefügt hat, den Umsatzsteuerbescheid für 2003 vom 12. Juli 2004 dahingehend zu bestätigen, dass die festgesetzte Steuer ... € beträgt, versteht der Senat dies lediglich als ziffernmäßig bestimmte, klarstellende Wiederholung des Revisionsantrags der Klägerin. Denn von dem gestellten Revisionsantrag, das Urteil des FG aufzuheben, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen, wird inhaltlich auch das mit der Revision verfolgte Ziel der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerfestsetzung vom 12. Juli 2004 mitumfasst.