ECLI:DE:BFH:2019:VE.180919.XIR3.19.0
BFH XI. Senat
UStG § 15 Abs 1, UStG § 15 Abs 1b, EGRL 112/2006 Art 167, EGRL 112/2006 Art 168 Buchst a, EGRL 112/2006 Art 168a Abs 1, EGRL 112/2006 Art 250 Abs 1, EGRL 112/2006 Art 252, EGRL 112/2006 Art 273, UStG VZ 2015
vorgehend Sächsisches Finanzgericht , 18. März 2018, Az: 5 K 249/18
Leitsätze
1. Steht Art. 168 Buchst. a in Verbindung mit Art. 167 der Richtlinie 2006/112/EG einer nationalen Rechtsprechung entgegen, nach der das Recht auf Vorsteuerabzug in den Fällen, in denen ein Zuordnungswahlrecht beim Leistungsbezug besteht, ausgeschlossen ist, wenn bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist für die Umsatzsteuer-Jahreserklärung keine für die Finanzbehörden erkennbare Zuordnungsentscheidung abgegeben wurde?
2. Steht Art. 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG einer nationalen Rechtsprechung entgegen, nach der eine Zuordnung zum privaten Bereich unterstellt wird bzw. eine dahingehende Vermutung besteht, wenn keine (ausreichenden) Indizien für eine unternehmerische Zuordnung vorliegen?
Tenor
I. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Steht Art. 168 Buchst. a in Verbindung mit Art. 167 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem einer nationalen Rechtsprechung entgegen, nach der das Recht auf Vorsteuerabzug in den Fällen, in denen ein Zuordnungswahlrecht beim Leistungsbezug besteht, ausgeschlossen ist, wenn bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist für die Umsatzsteuer-Jahreserklärung keine für die Finanzbehörden erkennbare Zuordnungsentscheidung abgegeben wurde?
2. Steht Art. 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem einer nationalen Rechtsprechung entgegen, nach der eine Zuordnung zum privaten Bereich unterstellt wird beziehungsweise (bzw.) eine dahingehende Vermutung besteht, wenn keine (ausreichenden) Indizien für eine unternehmerische Zuordnung vorliegen?
II. Das Revisionsverfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union ausgesetzt.
Tatbestand
A.
Sachverhalt des Ausgangsverfahrens
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt einen Gerüstbaubetrieb. Im Jahr 2014 plante er die Errichtung eines Einfamilienhauses, in dem entsprechend dem vom Planungsbüro erstellten Grundriss vom 29.07.2014 im Erdgeschoss ein Zimmer "Arbeiten" mit 16,57 qm errichtet werden sollte. Die Gesamtnutzfläche des ansonsten privat genutzten Hauses sollte 149,75 qm unter Berücksichtigung von Dachschrägen und abzüglich der Verkehrsflächen (wie Treppenhaus, Treppe und Diele) betragen. In der am 28.09.2016 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ‑‑FA‑‑) eingegangenen Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2015, nicht aber in den zuvor eingereichten Voranmeldungen, machte der Kläger für die Errichtung dieses Zimmers anteilig Vorsteuer geltend.
Entsprechend den Feststellungen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung setzte das FA mit Bescheid vom 05.04.2017 die Umsatzsteuer für 2015 fest, ohne den Abzug der laut Kläger auf das Zimmer entfallenden Vorsteuer in Höhe von ... € zuzulassen. Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 17.01.2018 als unbegründet zurück. Die hiergegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg. Das Sächsische Finanzgericht (FG) führte in seinem Urteil vom 19.03.2018 - 5 K 249/18 (abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2019, 1861) aus, dass der begehrte Vorsteuerabzug wegen der nicht rechtzeitigen (bis zum 31. Mai des Folgejahres) Zuordnung des Gegenstandes zum Unternehmensvermögen nicht in Betracht komme.
Der Kläger rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts; insbesondere komme es auf die Dokumentation der Zuordnungsentscheidung durch die Umsatzsteuererklärung nicht an, da mit der Bauzeichnung und der tatsächlich ausschließlich unternehmerischen Nutzung ausreichende Anhaltspunkte für eine Zuordnung der bezogenen Leistungen zum Unternehmen vorlägen.
Entscheidungsgründe
B.
Der Senat setzt das Verfahren gemäß §§ 74, 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung aus und legt dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die im Tenor genannten Fragen gemäß Art. 267 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zur Vorabentscheidung vor.
I. Die maßgeblichen Vorschriften und Bestimmungen
1. Nationales Recht
Die maßgeblichen Rechtsvorschriften des nationalen Rechts lauten:
§ 15 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) Vorsteuerabzug
"(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:
1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. …
2.
...
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.
(1a) …
(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden. …"
§ 18 UStG Besteuerungsverfahren
"(3) Der Unternehmer hat für das Kalenderjahr oder für den kürzeren Besteuerungszeitraum eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung zu übermitteln, in der er die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss, der sich zu seinen Gunsten ergibt, nach § 16 Absatz 1 bis 4 und § 17 selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). In den Fällen des § 16 Absatz 3 und 4 ist die Steueranmeldung binnen einem Monat nach Ablauf des kürzeren Besteuerungszeitraums zu übermitteln. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Steueranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und eigenhändig zu unterschreiben."
§ 149 der Abgabenordnung in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung (AO) Abgabe der Steuererklärungen
"(1) Die Steuergesetze bestimmen, wer zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist. Zur Abgabe einer Steuererklärung ist auch verpflichtet, wer hierzu von der Finanzbehörde aufgefordert wird. Die Aufforderung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. Die Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung bleibt auch dann bestehen, wenn die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen geschätzt hat (§ 162).
(2) Soweit die Steuergesetze nichts anderes bestimmen, sind Steuererklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr oder einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt beziehen, spätestens fünf Monate danach abzugeben. Bei Steuerpflichtigen, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, endet die Frist nicht vor Ablauf des fünften Monats, der auf den Schluss des in dem Kalenderjahr begonnenen Wirtschaftsjahrs folgt."
2. Unionsrecht
Unionsrechtlich sind die folgenden Bestimmungen der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Richtlinie 2006/112/EG), geändert durch die Richtlinie 2009/162/EU des Rates vom 22.12.2009 zur Änderung verschiedener Bestimmungen der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, von Bedeutung:
Art. 167:
"Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht."
Art. 168:
"Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:
a) die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden; ..."
Art. 168a:
"(1) Soweit ein dem Unternehmen zugeordnetes Grundstück vom Steuerpflichtigen sowohl für unternehmerische Zwecke als auch für seinen privaten Bedarf oder den seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke verwendet wird, darf bei Ausgaben im Zusammenhang mit diesem Grundstück höchstens der Teil der Mehrwertsteuer nach den Grundsätzen der Artikel 167, 168, 169 und 173 abgezogen werden, der auf die Verwendung des Grundstücks für unternehmerische Zwecke des Steuerpflichtigen entfällt. …"
Art. 250:
"(1) Jeder Steuerpflichtige hat eine Mehrwertsteuererklärung abzugeben, die alle für die Festsetzung des geschuldeten Steuerbetrags und der vorzunehmenden Vorsteuerabzüge erforderlichen Angaben enthält, gegebenenfalls einschließlich des Gesamtbetrags der für diese Steuer und Abzüge maßgeblichen Umsätze sowie des Betrags der steuerfreien Umsätze, soweit dies für die Feststellung der Steuerbemessungsgrundlage erforderlich ist. …"
Art. 252:
"(1) Die Mehrwertsteuererklärung ist innerhalb eines von den einzelnen Mitgliedstaaten festzulegenden Zeitraums abzugeben. Dieser Zeitraum darf zwei Monate nach Ende jedes einzelnen Steuerzeitraums nicht überschreiten.
(2) Der Steuerzeitraum kann von den Mitgliedstaaten auf einen, zwei oder drei Monate festgelegt werden.
Die Mitgliedstaaten können jedoch andere Zeiträume festlegen, sofern diese ein Jahr nicht überschreiten."
Art. 261:
"(1) Die Mitgliedstaaten können von dem Steuerpflichtigen verlangen, dass er eine Erklärung über sämtliche Umsätze des vorangegangenen Jahres mit allen in den Artikeln 250 und 251 genannten Angaben abgibt. Diese Erklärung muss alle Angaben enthalten, die für etwaige Berichtigungen von Bedeutung sind. ..."
Art. 273:
"Die Mitgliedstaaten können vorbehaltlich der Gleichbehandlung der von Steuerpflichtigen bewirkten Inlandsumsätze und innergemeinschaftlichen Umsätze weitere Pflichten vorsehen, die sie für erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und um Steuerhinterziehung zu vermeiden, sofern diese Pflichten im Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht zu Formalitäten beim Grenzübertritt führen.
Die Möglichkeit nach Absatz 1 darf nicht dazu genutzt werden, zusätzlich zu den in Kapitel 3 genannten Pflichten weitere Pflichten in Bezug auf die Rechnungsstellung festzulegen."
II. Vorbemerkungen
1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Die nach § 15 UStG abziehbaren Vorsteuerbeträge sind für den Besteuerungszeitraum abzusetzen, in den sie fallen (§ 16 Abs. 2 Satz 1 UStG).
Entsprechend bestimmt Art. 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG, dass der Steuerpflichtige berechtigt ist, die geschuldete und entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen abzuziehen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden, soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden. Gemäß Art. 167 der Richtlinie 2006/112/EG entsteht das Recht auf Vorsteuerabzug, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht, das heißt die in Art. 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG genannten materiellen Voraussetzungen erfüllt sind.
2. Bei Bezug eines einheitlichen Gegenstands, der gemischt, also für unternehmerische und private Zwecke, verwendet wird oder werden soll, steht nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und des EuGH dem Unternehmer ein Zuordnungswahlrecht zu. Er kann das Grundstück in vollem Umfang in seinem Privatvermögen belassen, insgesamt seinem Unternehmen zuordnen, oder entsprechend dem unternehmerischen Nutzungsanteil seinem Unternehmen zuordnen (EuGH-Urteile Lennartz vom 11.07.1991 - C-97/90, EU:C:1991:315, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ‑‑EuZW‑‑ 1991, 539; Armbrecht vom 04.10.1995 - C-291/92, EU:C:1995:304, Bundessteuerblatt ‑‑BStBl‑‑ II 1996, 392, Rz 19 ff.; Bakcsi vom 08.03.2001 - C-415/98, EU:C:2001:136, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ‑‑HFR‑‑ 2001, 632, Rz 25 ff.; HE vom 21.04.2005 - C-25/03, EU:C:2005:241, BStBl II 2007, 24, Rz 46; Puffer vom 23.04.2009 - C-460/07, EU:C:2009:254, Umsatzsteuer-Rundschau ‑‑UR‑‑ 2009, 410, Rz 40 ff.; Eon Aset Menidjmunt vom 16.02.2012 - C-118/11, EU:C:2012:97, UR 2012, 230, Rz 53 ff.; Medicom und Maison Patrice Alard vom 18.07.2013 - C-210/11, C-211/11, EU:C:2013:479, UR 2014, 404, Rz 21 f.; Trgovina Prizma vom 09.07.2015 - C-331/14, EU:C:2015:456, UR 2015, 621, Rz 20; BFH-Urteile vom 07.07.2011 - V R 21/10, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs ‑‑BFHE‑‑ 234, 531, BStBl II 2014, 81, Rz 22; vom 07.07.2011 - V R 42/09, BFHE 234, 519, BStBl II 2014, 76, Rz 21; vom 19.07.2011 - XI R 29/09, BFHE 234, 556, BStBl II 2012, 430, Rz 22 f.; vom 18.04.2012 - XI R 14/10, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH/NV‑‑ 2012, 1828, Rz 25; vom 11.07.2012 - XI R 17/09, BFH/NV 2013, 266, Rz 35; vom 20.03.2014 - V R 27/12, BFH/NV 2014, 1097, Rz 11; BFH-Beschluss vom 25.02.2014 - V B 75/13, BFH/NV 2014, 914, Rz 3).
III. Beurteilung des Falls nach nationaler Rechtsprechung
Nach den zur Zuordnungsentscheidung von der Rechtsprechung des BFH entwickelten Kriterien wäre die Revision unbegründet, da die Klage, entsprechend den Ausführungen in der Vorentscheidung, mangels rechtzeitig gegenüber dem FA dokumentierter Zuordnung des Grundstücks zum Unternehmen, abzuweisen war.
1. Die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen erfordert als innere Tatsache eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers (ständige Rechtsprechung, zum Beispiel ‑‑z.B.‑‑ BFH-Urteile in BFHE 234, 519, BStBl II 2014, 76, Rz 23; vom 15.12.2011 - V R 48/10, BFH/NV 2012, 808, Rz 16; in BFH/NV 2012, 1828, Rz 26 ff.; in BFH/NV 2013, 266, Rz 36; BFH-Beschluss vom 14.03.2017 - V B 109/16, BFH/NV 2017, 922, Rz 5).
a) Dabei ist die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs regelmäßig ein gewichtiges Indiz für, hingegen die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen. Auch die bilanzielle und ertragsteuerrechtliche Behandlung kann gegebenenfalls ein Indiz für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung sein (vergleiche ‑‑vgl.‑‑ BFH-Urteile in BFHE 234, 531, BStBl II 2014, 81, Rz 23; in BFH/NV 2013, 266, Rz 37; BFH-Beschluss vom 20.09.2012 - V B 109/11, BFH/NV 2013, 98, Rz 3, jeweils mit weiteren Nachweisen ‑‑m.w.N.‑‑).
b) Gibt es keine Beweisanzeichen für eine Zuordnung zum Unternehmen, kann diese nicht unterstellt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile in BFHE 234, 531, BStBl II 2014, 81, Rz 23; in BFH/NV 2013, 266, Rz 37; BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2013, 98, Rz 3; vom 18.07.2014 - XI B 37/14, BFH/NV 2014, 1779, Rz 15, jeweils m.w.N.).
Dies gilt auch bei beabsichtigter oder tatsächlicher unternehmerischer Nutzung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 234, 519, BStBl II 2014, 76, Rz 42; BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2014, 914, Rz 5; vom 14.02.2017 - V B 154/16, BFH/NV 2017, 767, Rz 11), denn in einem solchen Fall steht es dem Unternehmer gleichwohl frei, den Gegenstand in vollem Umfang seinem nichtunternehmerischen Bereich zuzuordnen und damit dem Mehrwertsteuersystem zu entziehen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 266, Rz 53; BFH-Beschluss in BFH/NV 2014, 914, Rz 3 f., jeweils m.w.N.; siehe auch EuGH-Urteil Bakcsi, EU:C:2001:136, HFR 2001, 632, Rz 32 ff.).
2. Aus dem Grundsatz des Sofortabzugs der Vorsteuer folgt, dass die Zuordnungsentscheidung schon bei Anschaffung oder Herstellung des Gegenstands zu treffen ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile in BFHE 234, 519, BStBl II 2014, 76, Rz 23; in BFH/NV 2012, 808, Rz 18; in BFH/NV 2012, 1828, Rz 28 ff.; in BFH/NV 2013, 266, Rz 38).
a) Aus Gründen der Praktikabilität kann nach der Rechtsprechung des BFH gleichwohl die Zuordnungsentscheidung spätestens und mit endgültiger Wirkung in einer "zeitnah" erstellten Umsatzsteuererklärung (§ 18 Abs. 3 UStG) für das Jahr, in das der Leistungsbezug fällt, nach außen dokumentiert werden (vgl. BFH-Urteile in BFHE 234, 519, BStBl II 2014, 76, Rz 24 ff., 34; in BFHE 234, 531, BStBl II 2014, 81, Rz 24 ff.; in BFH/NV 2013, 266, Rz 40 f.; BFH-Beschluss in BFH/NV 2017, 922, Rz 5, jeweils m.w.N.).
b) Den Zeitpunkt der "zeitnah" zu treffenden Zuordnungsentscheidung hat der BFH durch Bezugnahme auf den Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist für Steuererklärungen (§ 149 Abs. 2 Satz 1 AO; im Streitjahr: 31. Mai des Folgejahres, jetzt: 31. Juli des Folgejahres) konkretisiert (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile in BFHE 234, 519, BStBl II 2014, 76, Rz 33 ff.; in BFH/NV 2013, 266, Rz 40 f.; in BFH/NV 2014, 1097, Rz 14; BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2014, 914, Rz 6; in BFH/NV 2017, 922, Rz 5).
Die Dokumentation der Zuordnungsentscheidung stellt keine Steuererklärung im Sinne (i.S.) von § 149 Abs. 1 AO dar, so dass für die Abgabe von Steuererklärungen gewährte Fristverlängerungen ‑‑zumindest nach dem bis 31.12.2016 geltenden Recht‑‑ nicht zur Folge haben, dass auch die Frist zur Dokumentation der Zuordnungsentscheidung verlängert wird (vgl. BFH-Urteile in BFHE 234, 531, BStBl II 2014, 81, Rz 36 f.; in BFH/NV 2012, 808, Rz 18).
3. Im Streitfall ist der Vorsteuerabzug zwar nicht nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG ausgeschlossen, da nach den Feststellungen des FG die Fläche des unternehmerisch genutzten Zimmers nicht weniger als 10 % der Gesamtnutzungsfläche des gemischt genutzten Grundstücks beträgt und somit die unternehmerische Mindestnutzung erfüllt ist. Allerdings hat der Kläger weder Voranmeldungen noch eine Jahreserklärung bis zum 31. Mai des Folgejahres abgegeben. Auch anderweitig wurde gegenüber dem FA keine Zuordnungsentscheidung zur Kenntnis gebracht. Damit lagen zeitnah zum Erwerbszeitpunkt keine Beweisanzeichen für eine Zuordnung zu unternehmerischen Zwecken vor, so dass nach den oben genannten Grundsätzen von einer Zuordnung zu privaten Zwecken auszugehen und ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist.
Dies gilt unabhängig davon, dass innerhalb der verlängerten Abgabefrist die Umsatzsteuer-Jahreserklärung (vgl. zu der Fristfrage gleichlautende Ländererlasse vom 04.01.2016, BStBl I 2016, 38) eingereicht und darin der Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde, da dies nach der Rechtsprechung nicht ausreicht. Auch die Bezeichnung "Arbeiten" in den Bauplänen kann nach der Rechtsprechung nicht als Beweisanzeichen für eine Zuordnung gelten (BFH-Urteil in BFHE 234, 531, BStBl II 2014, 81, Rz 41), da diese Pläne weder dem FA innerhalb der Zuordnungsfrist zur Kenntnis gebracht wurden noch aus der unternehmerischen Nutzung gefolgert werden kann, dass und wie der Kläger sein Zuordnungswahlrecht ausgeübt hat.
IV. Zur Anrufung des EuGH
Es ist ‑‑insbesondere im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH Gmina Ryjewo vom 25.07.2018 - C-140/17 (EU:C:2018:595, UR 2018, 687)‑‑ zweifelhaft i.S. des Art. 267 Abs. 3 AEUV geworden, ob die bislang von der Rechtsprechung entwickelten und angewendeten Kriterien zur Ausübung des Zuordnungswahlrechts mit Unionsrecht vereinbar sind.
1. Zur ersten Vorlagefrage
a) Die erste Vorlagefrage soll klären, ob ein Mitgliedstaat eine Ausschlussfrist für die Zuordnung zum Unternehmensvermögen vorsehen darf.
Zwar geht das Unionsrecht ausdrücklich von einer "Zuordnung" von Gegenständen aus (vgl. Art. 168a Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG). Es enthält jedoch keine Regelungen hinsichtlich der Art und des Zeitpunkts der Dokumentation der "Zuordnungsentscheidung" i.S. der BFH-Rechtsprechung bzw. des hier synonym verstandenen "Handelns als Steuerpflichtiger", auf das der EuGH abstellt (vgl. z.B. EuGH-Urteile Lennartz, EU:C:1991:315; EuZW 1991, 539, Rz 14, 19; Armbrecht, EU:C:1995:304, BStBl II 1996, 392, Rz 16 f.; Bakcsi, EU:C:2001:136; HFR 2001, 632, Rz 24 ff.; Gmina Ryjewo, EU:C:2018:595, UR 2018, 687, Rz 34). Der EuGH hatte bislang nicht über Konstellationen zu entscheiden, in denen ein Unternehmer bei Leistungsbezug für ein gemischt genutztes Grundstück aufgrund seiner konkreten Verwendungsabsicht ein Zuordnungswahlrecht zwar hat (in der Literatur teilweise in Abrede gestellt, siehe Kessens, EFG 2019, 1862, 1863), dieses jedoch nicht (rechtzeitig) ausübt.
b) Das Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität verlangt, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Voraussetzungen nicht genügt hat. Folglich darf die Steuerverwaltung, wenn sie über die Angaben verfügt, die für die Feststellung des Vorliegens der materiellen Voraussetzungen erforderlich sind, hinsichtlich des Rechts des Steuerpflichtigen auf Abzug dieser Steuer keine zusätzlichen Voraussetzungen aufstellen, die die Ausübung dieses Rechts vereiteln können (EuGH-Urteile Senatex vom 15.09.2016 - C-518/14, EU:C:2016:691, UR 2016, 800, Rz 38; Barlis 06 - Investimentos Imobiliários e Turísticos vom 15.09.2016 - C-516/14, EU:C:2016:690, UR 2016, 795, Rz 37, 42; Vadan vom 21.11.2018 - C-664/16, EU:C:2018:933, HFR 2019, 65, Rz 41).
c) Allerdings können die Mitgliedstaaten nach Art. 167 und Art. 179 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG vom Steuerpflichtigen verlangen, dass er sein Recht auf Vorsteuerabzug während des Zeitraums ausübt, in dem es entstanden ist (EuGH-Urteil EMS-Bulgaria Transport vom 12.07.2012 - C-284/11, EU:C:2012:458, HFR 2012, 1022, Rz 53; BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 266, Rz 47). Und aus Art. 250 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG folgt, dass in der abzugebenden Steuererklärung alle für die vorzunehmenden Vorsteuerabzüge erforderlichen Angaben enthalten sein müssen. Dazu gehört auch die Dokumentation der bei Anschaffung oder Herstellung eines Gegenstandes getroffenen Zuordnungsentscheidung, da diese Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist (BFH-Urteil in BFHE 234, 519, BStBl II 2014, 76, Rz 32).
Abgesehen von Art. 252 der Richtlinie 2006/112/EG, der den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eröffnet, für diese Steuererklärung Fristen festzulegen, haben die Mitgliedstaaten nach Art. 273 der Richtlinie 2006/112/EG allgemein die Möglichkeit, Maßnahmen zu erlassen, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und um Steuerhinterziehung zu vermeiden. Insbesondere können die Mitgliedstaaten mangels einschlägiger unionsrechtlicher Vorschriften bei Nichtbeachtung der in der Unionsrechtsordnung für die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts vorgesehenen Voraussetzungen die Sanktionen wählen, die ihnen sachgerecht erscheinen (vgl. EuGH-Urteile Farkas vom 26.04.2017 - C-564/15, EU:C:2017:302, UR 2017, 438, Rz 59; EN.SA. vom 08.05.2019 - C-712/17, EU:C:2019:374, HFR 2019, 634, Rz 38, m.w.N.). Sie sind jedoch verpflichtet, bei der Ausübung dieser Befugnis das Unionsrecht und seine Grundsätze, insbesondere die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Neutralität der Mehrwertsteuer zu beachten (vgl. EuGH-Urteile Astone vom 28.07.2016 - C-332/15, EU:C:2016:614, HFR 2017, 457, Rz 49; EN.SA., EU:C:2019:374, HFR 2019, 634, Rz 39).
d) Für eine Vereinbarkeit des Erfordernisses einer zeitnahen Zuordnungsentscheidung mit dem Unionsrecht spricht, dass die Ausübung des Zuordnungswahlrechts im Zeitpunkt des Leistungsbezugs eine materielle Voraussetzung darstellt. Denn eine Leistung wird für das Unternehmen nur dann bezogen bzw. der Unternehmer handelt im Zeitpunkt des Leistungsbezugs nur dann als Steuerpflichtiger, wenn die Leistung zum Zeitpunkt des Erwerbs zur (beabsichtigten) Verwendung für Zwecke einer nachhaltigen und gegen Entgelt ausgeübten Tätigkeit bezogen wird (EuGH-Urteile Lennartz, EU:C:1991:315, EuZW 1991, 539, Rz 15; Eon Aset Menidjmunt, EU:C:2012:97, UR 2012, 230, Rz 57; Klub vom 22.03.2012 - C-153/11, EU:C:2012:163, HFR 2012, 559, Rz 39; BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 266, Rz 46; BFH-Beschluss in BFH/NV 2017, 922, Rz 8 und 10, m.w.N.).
Dass die Zuordnungsentscheidung nach außen dokumentiert werden muss, liegt in ihrer Eigenschaft als innere Tatsache begründet und macht die Zuordnungsentscheidung deshalb nicht zu einer formellen Voraussetzung des Vorsteuerabzugs (BFH-Beschluss in BFH/NV 2017, 922, Rz 11). Insofern betont auch der EuGH, dass die Absicht, eine wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben, durch objektive Anhaltspunkte belegt sein muss (EuGH-Urteil Gmina Ryjewo, EU:C:2018:595, UR 2018, 687, Rz 39).
e) Die von der BFH-Rechtsprechung entwickelte Dokumentationsfrist kann unionsrechtlich auf die Regelungsbefugnis für die formellen Anforderungen zur Ausübung des Vorsteuerabzugs in Titel XI der Richtlinie 2006/112/EG gestützt werden (vgl. EuGH-Urteil Astone, EU:C:2016:614, HFR 2017, 457, Rz 47 ff.). Dafür spricht ‑‑abgesehen von den oben genannten Regelungsbefugnissen‑‑ die Regelungslücke in Art. 168 Buchst. a in Verbindung mit Art. 167 der Richtlinie 2006/112/EG bezüglich der Ausübung des Zuordnungswahlrechts.
aa) So hat der EuGH bereits entschieden, dass die Festlegung der Methoden und der Kriterien für die Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten in Ermangelung einer hierzu in der Richtlinie 2006/112/EG getroffenen Regelung im Ermessen der Mitgliedstaaten steht (EuGH-Urteil Zwiazek Gmin Zaglebia Miedziowego vom 08.05.2019 - C-566/17, EU:C:2019:390, UR 2019, 424, Rz 29). Ebenso ist den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Mittel zur Erreichung der in Art. 273 der Richtlinie 2006/112/EG genannten Ziele ein Ermessen eingeräumt (EuGH-Urteil Fontana vom 21.11.2018 - C-648/16, EU:C:2018:932, HFR 2019, 67, Rz 35, m.w.N.).
bb) Zu der durch Art. 252 der Richtlinie 2006/112/EG eröffneten Möglichkeit für Fristenregelungen hat der EuGH außerdem bereits entschieden, dass Regelungen nicht zu beanstanden sind, wonach für die Ausübung des Vorsteuerabzugs eine Ausschlussfrist von zwei Jahren vorgesehen war (EuGH-Urteile Ecotrade vom 08.05.2008 - C-95/07, C-96/07, EU:C:2008:267, HFR 2008, 879, Rz 45 ff.; Astone, EU:C:2016:614, HFR 2017, 457, Rz 36 ff.). Dies muss auch für eine Dokumentationsfrist für die Zuordnungsentscheidung gelten (vgl. Oelmaier in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15 Rz 283).
cc) Für die Unionsrechtskonformität der Zuordnungsfrist spricht zudem, dass die Möglichkeit, das Abzugsrecht ohne zeitliche Beschränkung auszuüben, dem Grundsatz der Rechtssicherheit zuwider liefe. Denn dieser Grundsatz verlangt, dass die steuerliche Lage des Steuerpflichtigen in Anbetracht seiner Rechte und Pflichten gegenüber der Finanzbehörde nicht unbegrenzt lange offenbleiben kann (vgl. EuGH-Urteile Ecotrade, EU:C:2008:267, HFR 2008, 879, Rz 44; EMS-Bulgaria Transport, EU:C:2012:458, HFR 2012, 1022, Rz 48; Astone, EU:C:2016:614, HFR 2017, 457, Rz 33; vgl. auch Widmann, UR 2018, 666, 667 f.).
f) Allerdings führt der EuGH in der Entscheidung Gmina Ryjewo (EU:C:2018:595, UR 2018, 687, Rz 38 ff.) verschiedene Indizien für das vorsteuerabzugsbegründende Handeln als Steuerpflichtiger an, die nicht zwingend den Finanzbehörden zeitnah zur Kenntnis gelangen. Außerdem wird betont, dass das Fehlen einer ausdrücklichen Zuordnungserklärung einen späteren Vorsteuerabzug nicht ausschließe (EuGH-Urteil Gmina Ryjewo, EU:C:2018:595, UR 2018, 687, Rz 47), so dass Zweifel am Erfordernis einer (befristeten) Dokumentation der Zuordnungsentscheidung bestehen (vgl. Widmann, UR 2018, 666, 669; Kessens, Zeitschrift für das gesamte Mehrwertsteuerrecht ‑‑MwStR‑‑ 2019, 308; Meurer, MwStR 2018, 859, 865; Hummel, Deutsche Steuer-Zeitung ‑‑DStZ‑‑ 2018, 932, 940; Sterzinger, Der Umsatz-Steuer-Berater ‑‑UStB‑‑ 2018, 295, 299, bzw. Sterzinger, UR 2018, 687, 694; vgl. auch Wäger, UR 2019, 41; Heuermann, MwStR 2018, 1000).
aa) Zwar ist zu beachten, dass es bei der Entscheidung des EuGH einerseits nicht um das Entstehen eines Vorsteuerabzugsrechts, sondern um eine Vorsteuerabzugsberichtigung ging (vgl. Wäger, UR 2019, 41, 42; Wäger in Birkenfeld/Wäger, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, Aktuell Berichtszeitraum III. Quartal 2018, Rz 88). Allerdings prüft der EuGH das "Handeln als Steuerpflichtiger", das insoweit für die Zuordnung zum Unternehmensvermögen maßgeblich ist (vgl. z.B. EuGH-Urteile Lennartz, EU:C:1991:315, EuZW 1991, 539, Rz 14, 19; Armbrecht, EU:C:1995:304, BStBl II 1996, 392, Rz 16 f.; Bakcsi, EU:C:2001:136, HFR 2001, 632, Rz 24 ff.; Gmina Ryjewo, EU:C:2018:595, UR 2018, 687, Rz 34). Dessen bedarf es gleichermaßen für den Vorsteuerabzug.
bb) Zudem ist fraglich, ob die in der Entscheidung Gmina Ryjewo (EU:C:2018:595, UR 2018, 687) getroffenen Aussagen auch für den Fall eines privatrechtlichen Unternehmers, der ein Zuordnungswahlrecht hat, gelten, während ein solches Zuordnungswahlrecht bei nichtwirtschaftlicher Tätigkeit nicht besteht. So hat der BFH jedenfalls bisher die Ausführung in Rz 35 ff. des EuGH-Urteils Vereniging Noordelijke Land-en Tuinbouw Organisatie vom 12.02.2009 - C-515/07 (EU:C:2009:88, UR 2009, 199) verstanden (vgl. BFH-Urteil vom 03.08.2017 - V R 62/16, BFHE 259, 380, Rz 18). Diese Unterschiede könnten gegen die Übertragbarkeit der in der Entscheidung Gmina Ryjewo (EU:C:2018:595, UR 2018, 687) gefundenen Maßstäbe sprechen (vgl. Kessens, MwStR 2019, 308; Heuermann, MwStR 2018, 1000, 1002, 1005), auch wenn ein wesentliches Argument des EuGH das Auftreten der Einrichtung des öffentlichen Rechts unter den gleichen Bedingungen wie bei einer Privatperson gewesen ist (Meurer, MwStR 2018, 859, 865).
cc) Allerdings könnte ein Festhalten am Erfordernis einer zeitnahen Zuordnungsentscheidung gegen den Neutralitätsgrundsatz verstoßen. Denn wenn bei der öffentlichen Hand nur eine negative Zuordnungsentscheidung schädlich ist, kann es beim privaten Einzelunternehmer nicht auf eine zeitnahe Zuordnung ankommen, jedenfalls soweit keine Gründe für eine unterschiedliche Behandlung von Einzelunternehmern und der öffentlichen Hand ersichtlich sind (vgl. Küffner/Kirchinger, UR 2018, 687, 693; Widmann, UR 2018, 666, 669; Sterzinger, UStB 2018, 295, 303; Hummel, DStZ 2018, 932, 940). Der öffentlichen Hand stünde ein Vorsteuerabzug bzw. eine Vorsteuerberichtigung zu und dem privaten Unternehmer nicht.
2. Zur zweiten Vorlagefrage
a) Die zweite Frage betrifft die Rechtsfolge, die eine Versäumung der Frist hat.
Der EuGH formuliert in Rz 47 des EuGH-Urteils Gmina Ryjewo (EU:C:2018:595, UR 2018, 687): "Auch wenn eine eindeutige und ausdrückliche Bekundung der Absicht, den Gegenstand bei seinem Erwerb einer wirtschaftlichen Verwendung zuzuordnen, ausreichend sein kann, um den Schluss zu ziehen, dass der Gegenstand von dem als solchem handelnden Steuerpflichtigen erworben wurde, schließt doch das Fehlen einer solchen Erklärung nicht aus, dass diese Absicht implizit zum Ausdruck kommen kann." Insofern ist fraglich, ob dies mit den unter III.1.b dargestellten Rechtsprechungsgrundsätzen vereinbar ist, wonach eine Zuordnung zum Unternehmen nicht unterstellt werden kann, wenn es dafür keine (für die Finanzbehörden erkennbaren) Beweisanzeichen gibt.
b) Nach Auffassung des EuGH ist für die Beurteilung, ob ein Handeln als Steuerpflichtiger vorliegt, ein weites Verständnis zugrunde zu legen und sind in jedem Einzelfall verschiedene Indizien zu beachten (EuGH-Urteil Gmina Ryjewo, EU:C:2018:595, UR 2018, 687, Rz 47 ff.). Insbesondere vor dem Hintergrund der Schlussanträge der Generalanwältin, auf die der EuGH in diesem Zusammenhang verwiesen hat (Rz 54), kann dies dahingehend zu verstehen sein, dass eine Vermutung für einen "Erwerb als Steuerpflichtiger" besteht, wenn ein Unternehmer einen Gegenstand erwirbt, der seiner Art nach grundsätzlich auch unternehmerisch genutzt werden kann, und keine ausschließliche gegenteilige Zuordnung erfolgt ist, zumal sich aus der bewussten Nichtentscheidung der Zuordnungsfrage keine Nachteile ergeben sollen (Sterzinger, UStB 2018, 295, 299; Widmann, UR 2018, 666, 667).
c) Dies gilt im Streitfall umso mehr, als zwar ein Leistungsbezug im laufenden Unternehmen vorliegt, jedoch für das gemischt genutzte Grundstück nach Art. 168a der Richtlinie 2006/112/EG der Vorsteuerabzug teilweise ausgeschlossen ist. Der Steuerpflichtige kann die Zuordnung der Sache nicht durch Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs dokumentieren.
aa) Für eine grundsätzlich vermutete Zuordnung zum Unternehmensvermögen könnte der Zweck des Zuordnungswahlrechts sprechen. Denn mit dem Zuordnungswahlrecht soll aus Gründen der steuerrechtlichen Neutralität verhindert werden, dass bei einer zunächst teilweise privaten, später aber weitergehenden unternehmerischen Nutzung eines Gegenstandes eine Mehrwertsteuerbelastung aus dem Erwerb oder der Herstellung des Gegenstandes verbleibt (EuGH-Urteil Puffer, EU:C:2009:254, UR 2009, 410, Rz 47; BFH-Urteile vom 14.10.2015 - V R 10/14, BFHE 251, 461, BStBl II 2016, 717, Rz 19; vom 03.08.2017 - V R 59/16, BFHE 258, 553, BStBl II 2017, 1209, Rz 28).
bb) In jedem Fall könnte ein derart weites Verständnis eine Grundvermutung, dass ein nicht zugeordneter Gegenstand dem privaten Bereich zuzuweisen ist, jedenfalls ausschließen (Hummel, DStZ 2018, 932, 938; Prätzler, juris PraxisReport Steuerrecht 43/2018, Anmerkung 6).
cc) Andererseits spricht gegen eine unterstellte Zuordnung zum unternehmerischen Bereich beim Fehlen von Beweisanzeichen, dass die Zuordnung ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen ist, das er ausüben muss, so dass ein Handeln in irgendeiner Form erforderlich ist (vgl. Oelmaier, MwStR 2018, 968, 973; Meurer, MwStR 2018, 859, 864).
3. Zur Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen
Soweit die vom EuGH in der Entscheidung Gmina Ryjewo (EU:C:2018:595, UR 2018, 687) formulierten Grundsätze auf den vorliegenden Fall übertragbar sind, könnten die Steuererklärung vom 28.09.2016 oder eventuelle Eintragungen in Bauplänen oder eine implizit bestehende Absicht, die der Steuerpflichtige später geäußert hat, als ausreichende Indizien für eine unternehmerische Zuordnung beurteilt werden, wenn diese nicht für das FA erkennbar sein müssen, dementsprechend keine Zuordnungsfrist mit ausschließender Wirkung gilt bzw. wenn entgegen der bisherigen Rechtsprechung bei Fehlen von Beweisanzeichen eine Vermutung für eine Zuordnung zum Unternehmen besteht.