Zum Hauptinhalt springen Zur Hauptnavigation springen Zum Footer springen
auf der Richterbank liegen Barett und Arbeitsmappe, dahinter ein Richterstuhl, auf dem eine Robe hängt

Entscheidungen
des Bundesfinanzhofs

Entscheidungen online

Zur Hauptnavigation springen Zum Footer springen

Beschluss vom 27. April 2022, IX B 57/21

Grundsätzliche Bedeutung: Datenübertragungsfehler und § 173a AO

ECLI:DE:BFH:2022:B.270422.IXB57.21.0

BFH IX. Senat

AO § 173a, FGO § 115 Abs 2 Nr 1

vorgehend FG Münster, 30. Juni 2021, Az: 13 K 793/19 F

Leitsätze

NV: Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 173a AO sind nur Schreib- oder Rechenfehler bei der Erstellung einer Steuererklärung erfasst. Fehler oder Unvollständigkeiten im Rahmen der Datenübertragung an das FA ‑‑z.B. bei Abbruch der Internetverbindung oder Fehlern der genutzten Software‑‑ werden von der Vorschrift nicht erfasst.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 30.06.2021 - 13 K 793/19 F wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe

  1. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

  2. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor.

  3. 1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein (vgl. Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 115 Rz 100, m.w.N.).

  4. 2. Daran fehlt es hier. Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) als grundsätzlich bedeutsam angesehene Rechtsfrage, ob § 173a der Abgabenordnung (AO) neben Schreib- und Rechenfehlern auch Fehler bei der Datenübertragung erfasst, lässt sich eindeutig dem Gesetzeswortlaut entnehmen; ihr kommt daher keine grundsätzliche Bedeutung zu.

  5. a) Nach § 173a AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit dem Steuerpflichtigen bei der Erstellung seiner Steuererklärung Schreib- oder Rechenfehler unterlaufen sind und er deshalb der Finanzbehörde bestimmte, nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Erlasses des Steuerbescheids rechtserhebliche Tatsachen unzutreffend mitgeteilt hat. Schreibfehler sind insbesondere Rechtschreibfehler, Wortverwechslungen oder Wortauslassungen oder fehlerhafte Übertragungen. Rechenfehler sind insbesondere Fehler bei der Addition, Subtraktion, Multiplikation oder Division sowie bei der Prozentrechnung (vgl. BTDrucks 18/7457, S. 87; Anwendungserlass zur Abgabenordnung zu § 173a Nr. 1; Loose in Tipke/Kruse, § 173a AO Rz 5; BeckOK AO/Peters, 19. Ed. [01.01.2022], AO § 173a Rz 11).

  6. b) Nach ihrem eindeutigen Wortlaut berechtigen nur Schreib- oder Rechenfehler bei der Erstellung einer Steuererklärung zur Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden; Fehler oder Unvollständigkeiten im Rahmen der Datenübertragung an das Finanzamt (FA) ‑‑z.B. bei Abbruch der Internetverbindung oder Fehlern der genutzten Software‑‑ sind von der Vorschrift nicht erfasst. Werden Besteuerungsgrundlagen vom Steuerpflichtigen oder seinem Berater ermittelt, aber nicht an das FA übertragen, liegt daher kein Fall des § 173a AO vor. Dies wird auch im Schrifttum einhellig so gesehen (vgl. Loose in Tipke/Kruse, § 173a AO Rz 8; Nöcker, AO-Steuerberater 2017, 317; Bruschke, Der Steuerberater 2020, 8, 10; v. Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 173a AO Rz 20; v. Wedelstädt in Gosch, AO § 173a Rz 11; Zugmaier/Nöcker/Mann, § 173 AO Rz 55 ff. (1. Aufl. 2021)).

  7. c) Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang aufgeworfene Frage, ob eine planwidrige Regelungslücke vorliegt, die ggf. im Wege der Analogie zu schließen wäre, kann ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung führen. Denn der Gesetzgeber hat den Änderungsumfang in § 173a AO bewusst auf Schreib- oder Rechenfehler begrenzt und eine Änderung wegen anderer Fehler ausgeschlossen (vgl. BTDrucks 18/7457, S. 87). Eine planwidrige Regelungslücke liegt daher nicht vor.

  8. 3. Von einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Seite drucken