ECLI:DE:BFH:2025:B.220425.VIIIB88.24.0
BFH VIII. Senat
EStG § 18 Abs 1 Nr 1, EStG § 15 Abs 1 S 1 Nr 1, EStG § 15 Abs 2 S 1, FGO § 115 Abs 2 Nr 1, FGO § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1, GewStG § 2, EStG VZ 2012 , EStG VZ 2013 , EStG VZ 2014 , EStG VZ 2017 , EStG VZ 2018 , EStG VZ 2019
vorgehend Sächsisches Finanzgericht , 17. Juli 2024, Az: 8 K 868/23
Leitsätze
NV: Die rechtliche Gleichstellung des Qualifikationsniveaus eines Kfz-Meisters mit einem Bachelorabschluss im Europäischen Qualifikationsrahmen oder im Deutschen Qualifikationsrahmen erbringt für sich betrachtet nicht den Nachweis, dass der Steuerpflichtige über eine einem abgeschlossenen Ingenieurstudium in Breite und Tiefe vergleichbare Vorbildung verfügt.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 17.07.2024 - 8 K 868/23 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Gründe
Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ist unbegründet.
1. Die Revision ist nicht wegen der vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) und der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) zuzulassen.
a) Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls aufgeworfene Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (vgl. BFH-Beschluss vom 18.03.2015 - III B 43/14, BFH/NV 2015, 978, Rz 7, m.w.N.). Die gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderliche ordnungsgemäße Darlegung, dass die Voraussetzungen dieses Zulassungsgrunds vorliegen, verlangt, dass der Beschwerdeführer eine bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche, abstrakte Rechtsfrage aufwirft. Dafür ist erforderlich, dass er die entscheidungserhebliche Rechtsfrage hinreichend konkretisiert; nicht ausreichend ist eine Fragestellung, deren Beantwortung von den Umständen des Einzelfalls abhängt.
An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es unter anderem dann, wenn die in Rede stehende Rechtsfrage bereits durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, welche eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erfordern (vgl. BFH-Beschluss vom 04.06.2024 - VIII B 7/23, BFH/NV 2024, 915, Rz 4, m.w.N.).
b) Unter welchen Voraussetzungen eine Tätigkeit als ingenieurähnlich dem Anwendungsbereich von § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterliegen kann, ist durch die Rechtsprechung des BFH bereits hinreichend geklärt (vgl. auch Beschlüsse vom 27.08.1998 - IV B 20/96, juris; vom 09.12.1992 - IV B 115/92, BFH/NV 1994, 321; Urteile vom 09.07.1992 - IV R 132/90, juris; vom 10.11.1988 - IV R 63/86, BFHE 155, 109, BStBl II 1989, 198). Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 09.10.1990 - 2 BvR 146/90, juris).
Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG übt eine freiberufliche Tätigkeit auch derjenige aus, der einen der Berufstätigkeit der Ingenieure ähnlichen Beruf ausübt. Ingenieur im Sinne der landesrechtlichen Ingenieurgesetze ist, wer das Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule, einer Fachhochschule, einer Ingenieurschule oder den Betriebsführerlehrgang an einer Bergschule abgeschlossen hat (BFH-Urteil vom 10.11.1988 - IV R 63/86, BFHE 155, 109, BStBl II 1989, 198, unter 1. [Rz 15], m.w.N.). Ein Beruf ist einem Katalogberuf ähnlich, wenn er in wesentlichen Punkten mit diesem verglichen werden kann. Dazu gehört die Vergleichbarkeit der Ausbildung und die Vergleichbarkeit der beruflichen Tätigkeit. Das gilt auch für einen dem Katalogberuf des Ingenieurs ähnlichen Beruf. Doch muss die Ausbildung nicht in einem förmlichen Ausbildungsgang erworben worden sein. Ein Kfz-Sachverständiger, der eine Berufsausbildung, wie sie in den Ingenieurgesetzen der Länder vorgeschrieben ist, nicht besitzt, kann vielmehr nachweisen, dass er vergleichbare Kenntnisse im Wege des Selbststudiums oder in anderer Weise als durch einen Hochschulabschluss erworben hat (BFH-Beschluss vom 27.08.1998 - IV B 20/96, juris, unter 1. [Rz 4]). Der Erwerb ingenieurmäßiger Kenntnisse kann auch mittels der eigenen Berufstätigkeit des Steuerpflichtigen nachgewiesen werden, zum Beispiel anhand eigener praktischer Arbeiten (vgl. BFH-Urteil vom 09.07.1992 - IV R 116/90, BFHE 169, 402, BStBl II 1993, 100, unter 2. [Rz 10]).
aa) Der Kläger hält sinngemäß die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob ein Kfz-Meister, der eine Tätigkeit als Kfz-Sachverständiger ausübt, schon deshalb über eine dem abgeschlossenen Ingenieurstudium vergleichbare Vorbildung verfügt, weil der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) beziehungsweise der Deutsche Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR) einen (Kfz-)Meistertitel als mit einem Bachelor- beziehungsweise einem gleichgestellten Abschluss vergleichbar einordnen.
bb) Es ist jedoch nicht klärungsbedürftig, ob durch die Gleichstellung des Qualifikationsniveaus eines Kfz-Meisters mit einem Bachelorabschluss im EQR oder DQR allein eine dem abgeschlossenen Ingenieurstudium vergleichbare Vorbildung nachgewiesen werden kann. Der EQR und der DQR regeln nur, dass ein Meisterabschluss und ein Bachelorabschluss gleichwertig sind. Sie vermögen aber von vornherein nicht den erforderlichen Nachweis darüber zu erbringen, dass der Inhalt der Kfz-Meisterausbildung des Klägers dem Inhalt eines Ingenieurstudiums in Breite und Tiefe entspricht.
cc) Soweit der Kläger vorträgt, seine Tätigkeit sei aufgrund seiner persönlichen Qualifikation, insbesondere seiner Fortbildungen, als freiberuflich einzustufen, betrifft diese Frage den Streitfall als Einzelfall. Ihre Beantwortung hängt von den Umständen des Streitfalls ab. Sie ist daher nicht abstrakt klärungsfähig. Mit seinem Vorbringen rügt der Kläger in der Sache die fehlerhafte Anwendung der oben genannten Grundsätze durch das Finanzgericht (FG) im konkreten Einzelfall. Das begründet jedoch keinen Revisionszulassungsgrund.
c) Eine Zulassung der Revision zur Rechtsfortbildung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO kommt ebenfalls nicht in Betracht. Dieser Zulassungsgrund stellt einen Spezialfall des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO dar. Auch dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine klärungsbedürftige und klärbare abstrakte Rechtsfrage darlegt, für die die Rechtsfortbildung geprüft werden soll (vgl. BFH-Beschluss vom 04.06.2024 - VIII B 7/23, BFH/NV 2024, 915, Rz 9, m.w.N.). An einer solchen Rechtsfrage fehlt es aus den oben dargelegten Gründen.
2. Der Senat sieht von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.
3. Das Rubrum des angefochtenen FG-Urteils ist nach § 107 Abs. 1 FGO dahin zu ergänzen, dass Streitgegenstand auch die Gewerbesteuermessbeträge 2012 bis 2014 und 2017 bis 2019 sind.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.