ECLI:DE:BFH:2025:U.230125.IIIR33.24.0
BFH III. Senat
GG Art 3 Abs 1, GG Art 6 Abs 1, GG Art 100 Abs 1 S 1, EStG § 6 Abs 1 Nr 4, EStG § 8 Abs 2, EStG § 10 Abs 1 Nr 5, EStG § 19, EStG § 32 Abs 6, EStG § 32a, EStG § 32 Abs 5, AO § 165, FGO § 51 Abs 1 S 1, ZPO § 41 Nr 6, EStG VZ 2014
vorgehend BFH , 09. Dezember 2020, Az: III R 50/17
Leitsätze
1. Kosten, die ‑‑wie Fähr-, Maut- oder Vignettenkosten für Privatfahrten‑‑ ausschließlich von der Entscheidung des Arbeitnehmers abhängen, mit dem Fahrzeug ein bestimmtes privates Ziel aufzusuchen, werden nicht von der Abgeltungswirkung der 1 %-Regelung erfasst. Die Übernahme solcher Kosten durch den Arbeitgeber begründet einen eigenständigen geldwerten Vorteil (Anschluss an Urteil des Bundesfinanzhofs vom 18.06.2024 - VIII R 32/20, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt).
2. Nicht als Sonderausgaben abzugsfähige Aufwendungen für sportliche und andere Freizeitbetätigungen liegen vor, wenn die Betätigung organisatorisch, zeitlich und räumlich getrennt von einer Kindertagesstätte, einem Schulhort oder einer ähnlichen Einrichtung stattfindet und dabei nicht die altersbedingt erforderliche Betreuung des Kindes, sondern die Aktivität im Vordergrund steht.
3. Die für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes erforderliche Überzeugung des Gerichts von der Verfassungswidrigkeit der im Veranlagungszeitraum 2014 gewährten kindbedingten Freibeträge liegt nicht vor.
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 15.03.2017 - 2 K 1429/16 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
I.
Streitig ist der Abzug von Kosten für eine Ferienreise als Sonderausgaben in Form von Kinderbetreuungskosten, […], die Behandlung von Fährkosten im Zusammenhang mit der Besteuerung der privaten Nutzung eines vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Personenkraftwagens (Pkw) sowie die Verfassungsmäßigkeit der im Jahr 2014 (Streitjahr) zu berücksichtigenden Kinderfreibeträge und der Besteuerung Alleinerziehender (Anwendung des Splitting-Verfahrens). Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Vater zweier in den Jahren 1999 und 2001 geborener Kinder. Er war im Streitjahr seit über zwei Jahren verwitwet. Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit sowie aus selbständiger Tätigkeit als Dozent und als Autor. Die private Nutzung eines vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Pkw versteuerte der Kläger nach der 1 %-Regelung. Die Einnahmen aus der Dozententätigkeit behandelte er als steuerfreie Einkünfte gemäß § 3 Nr. 26 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG). Für den Transport des Dienstfahrzeugs auf einer Fähre während einer Urlaubsreise fielen im Streitjahr Kosten in Höhe von x € an, die der Kläger getragen hat. Für das jüngere Kind bezahlte er x € für eine einwöchige Reise während der Sommerferien.[…]
Mit Bescheid vom 22.07.2015 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) die Einkommensteuer nach dem Grundtarif fest. Dabei brachte das FA bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit den Arbeitnehmer-Pauschbetrag in Ansatz und berücksichtigte erklärungsgemäß die Einkünfte aus selbständiger Arbeit mit ./. x € sowie unter anderem Sonderausgaben in Form von Kinderbetreuungskosten in Höhe von x € (2/3 von x €). Außerdem zog es den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in Höhe von 1.308 € sowie für jedes Kind die (doppelten) Freibeträge für Kinder in Höhe von 7.008 € ab. Die Festsetzung erfolgte unter anderem bezüglich der Höhe der kindbezogenen Freibeträge nach § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO), und zwar sowohl hinsichtlich der Frage, ob die angeführten gesetzlichen Vorschriften mit höherrangigem Recht vereinbar sind, als auch für den Fall, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) oder der Bundesfinanzhof (BFH) die streitige verfassungsrechtliche Frage durch verfassungskonforme Auslegung der angeführten gesetzlichen Vorschriften entscheidet.
Die vom Kläger erhobene Sprungklage behandelte das FA als Einspruch. Es setzte nach vorheriger Anhörung des Klägers die Einkommensteuer in der Einspruchsentscheidung vom 13.11.2015 herauf. Es ging nunmehr von Einkünften aus selbständiger Arbeit von ./. x € aus. Die Kinderbetreuungskosten berücksichtigte es nicht mehr.
Die am 19.11.2015 eingegangene Klage wies das Finanzgericht (FG) am 24.02.2016 ab. Der BFH hob dieses Urteil mit Beschluss vom 30.08.2016 - VIII B 30/16 auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung und Verhandlung an das FG zurück. Im zweiten Rechtsgang machte der Kläger weiterhin geltend, der Kinderfreibetrag sei zu gering bemessen. Außerdem begehrte er nach wie vor die Anwendung des Splitting-Verfahrens einschließlich der höheren Freibeträge sowie die Berücksichtigung von x € als Sonderausgaben in Form von Kinderbetreuungskosten. Zusätzlich verlangte der Kläger die Berücksichtigung der Fährkosten in Höhe von x € sowie von […]. Das FG wies die Klage mit Urteil vom 15.03.2017 erneut ab.
Mit der vom BFH zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG (Nichtberücksichtigung der Vorteilsminderung), […] und § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG (Versagung des Sonderausgabenabzugs für die Ferienreise). Außerdem macht er geltend, die Höhe der Kinderfreibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG und die Besteuerung Alleinerziehender verstießen im Streitjahr gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).
Der Kläger beantragt,
das FG-Urteil vom 15.03.2017 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 22.07.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.11.2015 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer um xx € herabgesetzt wird,
hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG zu den Fragen einzuholen,
a) ob die gesetzliche Regelung zu den Kinderfreibeträgen verfassungswidrig ist, weil damit indisponibles Existenzminimum der Familie der Besteuerung unterworfen wird und
b) ob die gesetzliche Regelung des Steuertarifs für die Alleinerziehendenfamilie des Klägers verfassungswidrig ist, da die Alleinerziehendenfamilie höher als eine eheliche Vergleichsfamilie besteuert wird, obwohl keine höhere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit vorliegt.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 09.12.2020 - III R 50/17 hat der Senat das Revisionsverfahren bis zu einer Entscheidung des BVerfG im Normenkontrollverfahren 2 BvL 3/17 ausgesetzt. Die 3. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG hat am 05.09.2024 entschieden, dass die Vorlage des Niedersächsischen FG vom 02.12.2016 - 7 K 83/16 unzulässig ist (Zeitschrift für das gesamte Familienrecht ‑‑FamRZ‑‑ 2024, 1868). Das Revisionsverfahren wird unter dem Aktenzeichen III R 33/24 (III R 50/17) fortgeführt.
Entscheidungsgründe
II.
1. Der Senat kann in der geschäftsplanmäßigen Besetzung entscheiden. Richterin am Bundesfinanzhof X ist nicht nach § 51 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 41 Nr. 6 der Zivilprozessordnung (ZPO) von der Mitwirkung ausgeschlossen.
a) Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO gelten für die Ausschließung oder Ablehnung der Gerichtspersonen die §§ 41 bis 49 ZPO sinngemäß. Gemäß § 41 Nr. 6 ZPO ist ein Richter unter anderem ausgeschlossen in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug beim Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt. Die Regelung betrifft nur die Mitwirkung beim Erlass der angefochtenen Entscheidung selbst in einer früheren (unteren) Instanz (BFH-Urteile vom 04.07.2013 - V R 8/10, BFHE 242, 271, BStBl II 2015, 969, Rz 23 und vom 10.05.2023 - V R 16/21, BFHE 280, 357, BStBl II 2023, 1023, Rz 14 sowie BFH-Beschlüsse vom 06.02.1996 - X B 95/95, BFH/NV 1996, 752, unter 2. und vom 31.01.2001 - II R 49/00, BFH/NV 2001, 931, unter II.a). Deswegen ist ein Richter, der bei einer im Revisionsverfahren aufgehobenen Entscheidung mitgewirkt hat, in einem erneuten Verfahren vor dem BFH, in dem die nach Zurückverweisung der Sache erlassene, zweite erstinstanzliche Entscheidung angefochten wird, nicht von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen (BFH-Beschluss vom 22.02.2000 - II B 132/99, BFH/NV 2000, 1108, unter II.; vgl. auch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.11.1974 - VII B 9.74, Neue Juristische Wochenschrift 1975, 1241).
b) Richterin am Bundesfinanzhof X hat zwar in dieser Sache im ersten Rechtsgang beim Erlass des FG-Urteils vom 24.02.2016 mitgewirkt. Dieses Urteil wurde im Beschwerdeverfahren aufgehoben (BFH-Beschluss vom 30.08.2016 - VIII B 30/16). An dem nach der Zurückverweisung im zweiten Rechtsgang ergangenen, nunmehr mit der Revision angefochtenen FG-Urteil vom 15.03.2017 war die Richterin nicht beteiligt.
2. Die Revision ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage insgesamt unbegründet ist. Die Klageabweisung durch das FG erweist sich ‑‑jedenfalls im Ergebnis‑‑ als zutreffend (§ 126 Abs. 2 und Abs. 4 FGO).
a) Das FG hat zu Recht weder die geltend gemachten Fähr- und […]kosten bei den einzelnen Einkunftsarten berücksichtigt (aa und bb) noch die Aufwendungen für das Ferienlager als Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen (cc).
aa) Die vom Kläger getragenen, anlässlich einer Urlaubsreise entstandenen Fährkosten für den Pkw mindern den geldwerten Vorteil aus der Überlassung des ihm von seinem Arbeitgeber zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellten Fahrzeugs nicht (1). Ein Abzug als Betriebs- oder Werbungskosten kommt nicht in Betracht (2).
(1) Nach ständiger Rechtsprechung führt die Überlassung eines betrieblichen Pkw durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zum Zufluss von Arbeitslohn im Sinne von § 19 EStG. Steht der Vorteil dem Grunde nach fest, ist er nach § 8 Abs. 2 Satz 2 bis 5 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entweder nach der 1 %-Regelung oder nach der Fahrtenbuchmethode zu bewerten (BFH-Urteil vom 30.11.2016 - VI R 2/15, BFHE 256, 116, BStBl II 2017, 1014, Rz 11).
(a) Zahlt der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber für die außerdienstliche Nutzung, das heißt für die Nutzung zu privaten Fahrten und zu Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte, eines betrieblichen Kraftfahrzeugs ein Nutzungsentgelt, mindert dieses den Wert des geldwerten Vorteils aus der Nutzungsüberlassung, da es insoweit an einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit an einer Grundvoraussetzung für das Vorliegen von Arbeitslohn im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG fehlt (BFH-Urteile vom 30.11.2016 - VI R 2/15, BFHE 256, 116, BStBl II 2017, 1014, Rz 12 und vom 30.11.2016 - VI R 49/14, BFHE 256, 107, BStBl II 2017, 1011, Rz 26). Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer zeitraumbezogene Einmalzahlungen für die außerdienstliche Nutzung leistet, die Anschaffungskosten für den betrieblichen Pkw (ganz oder teilweise) trägt (BFH-Beschluss vom 16.12.2020 - VI R 19/18, BFHE 271, 536, BStBl II 2021, 761, Rz 22, 24) oder im Rahmen der privaten Nutzung einzelne (nutzungsabhängige) Kosten (zum Beispiel Kraftstoffkosten) des betrieblichen Pkw übernimmt (BFH-Urteile vom 30.11.2016 - VI R 2/15, BFHE 256, 116, BStBl II 2017, 1014, Rz 14, 15 und vom 04.07.2023 - VIII R 29/20, BFHE 281, 1, BStBl 2023, 1005, Rz 30).
Dabei mindern jedoch nur solche vom Arbeitnehmer vertraglich übernommenen und getragenen Aufwendungen den Vorteil, ein betriebs- und fahrbereites Fahrzeug nutzen zu können, die bei einer (hypothetischen) Kostentragung durch den Arbeitgeber Bestandteil dieses Vorteils und somit von der Abgeltungswirkung der 1 %-Regelung erfasst wären. Zu den abgegoltenen Aufwendungen zählen neben den von der Fahrleistung abhängigen Aufwendungen für Treib- und Schmierstoffe auch regelmäßig wiederkehrende feste Kosten (BFH-Urteile vom 14.09.2005 - VI R 37/03, BFHE 211, 215, BStBl II 2006, 72, unter II.1.c aa und vom 18.06.2024 - VIII R 32/20, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 24). Dazu gehören jedoch Kosten nicht, die ‑‑wie Fähr-, Maut- oder Vignettenkosten für Privatfahrten‑‑ ausschließlich von der Entscheidung des Arbeitnehmers abhängen, mit dem Fahrzeug ein bestimmtes privates Ziel aufzusuchen; die Übernahme solcher Kosten durch den Arbeitgeber begründet vielmehr einen eigenständigen geldwerten Vorteil (BFH-Urteil vom 18.06.2024 - VIII R 32/20, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 23 ff., m.w.N.).
(b) Da sich die Abgeltungswirkung der 1 %-Regelung nach diesen Rechtsprechungsgrundsätzen, denen sich der Senat anschließt, nicht auf anlässlich einer Urlaubsreise angefallene Fährkosten für das Dienstfahrzeug erstreckt, führt der Umstand, dass der Kläger solche Kosten getragen hat, nicht zu einer Minderung des geldwerten Vorteils aus der Nutzungsüberlassung des Fahrzeugs.
(2) Ein Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten ist gemäß § 12 Nr. 1 EStG ausgeschlossen, da die Fährkosten als Kosten der Urlaubsreise ausschließlich durch die private Nutzung des Dienstwagens veranlasst sind (vgl. BFH-Urteil vom 18.06.2024 - VIII R 32/20, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 27).
bb) […]
cc) Auch die Versagung des Sonderausgabenabzugs für die Kosten des Ferienlagers ist nicht zu beanstanden.
(1) Kinderbetreuungskosten sind seit dem Veranlagungszeitraum 2012 gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG als Sonderausgaben zu behandeln (Senatsurteil vom 01.09.2021 - III R 54/20, BFH/NV 2022, 225, Rz 8, m.w.N.).
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG können unter anderem zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4.000 € je Kind, für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG, das das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, als Sonderausgaben abgezogen werden. Der vom Gesetz nicht definierte Begriff der Kinderbetreuung ist weit zu fassen. Er umfasst die behütende und beaufsichtigende Betreuung im Sinne eines Schutzes vor Gefahren, Verletzungen und Schäden sowie die Sorge für das geistige, seelische und körperliche Wohl des Kindes im Sinne der Personensorge des § 1631 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und damit auch die pädagogisch sinnvolle Gestaltung der im Kindergarten und in ähnlichen Einrichtungen verbrachten Zeit (Senatsurteil vom 19.04.2012 - III R 29/11, BFHE 238, 30, BStBl II 2012, 862, Rz 10).
Vom Abzug ausgenommen sind Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie für sportliche und andere Freizeitbetätigungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 EStG). Diese sind ‑‑in existenzsichernder Höhe‑‑ ebenso wie Verpflegungskosten (Senatsurteile vom 28.11.1986 - III R 1/86, BFHE 149, 211, BStBl II 1987, 490, unter 1.b und vom 19.04.2012 - III R 29/11, BFHE 238, 30, BStBl II 2012, 862, Rz 10) durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG abgegolten (Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 EStG Rz 145). Nach der Gesetzesbegründung zu § 4f Satz 3 EStG i.d.F. des Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26.04.2006 (BGBl I 2006, 1091) ‑‑als einer der Vorgängervorschriften des § 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 EStG‑‑ sollten als Aufwendungen für sportliche und andere Freizeitbetätigungen zum Beispiel Kosten für Mitgliedschaften in Sportvereinen oder für Tennis- und Reitunterricht unberücksichtigt bleiben (BTDrucks 16/643, S. 9).
Nicht begünstigte Aufwendungen für Unterricht oder die Vermittlung besonderer Fähigkeiten liegen vor, wenn die Dienstleistungen in einem regelmäßig organisatorisch, zeitlich und räumlich verselbständigten Rahmen stattfinden und die vom Leistungserbringer während der Unterrichts- oder Kurszeit ausgeübte Aufsicht über das Kind und damit die ‑‑behütende‑‑ Betreuung gegenüber der Vermittlung der besonderen (sprachlichen, musischen, sportlichen) Fähigkeiten als dem Hauptzweck der Dienstleistung in den Hintergrund rückt (Senatsurteil vom 19.04.2012 - III R 29/11, BFHE 238, 30, BStBl II 2012, 862, Rz 11). Entsprechendes gilt für sportliche und andere Freizeitbetätigungen. Nicht begünstigte Aufwendungen für derartige Aktivitäten liegen daher vor, wenn die Betätigung organisatorisch, zeitlich und räumlich getrennt von einer Kindertagesstätte, einem Schulhort oder einer ähnlichen Einrichtung stattfindet und dabei nicht die altersbedingt erforderliche Betreuung des Kindes, sondern die Aktivität im Vordergrund steht.
(2) Die angefochtene Entscheidung entspricht diesen Rechtsgrundsätzen. Nach der auf tatsächlichem Gebiet liegenden und damit grundsätzlich bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) Würdigung des FG handelte es sich um eine Ferienreise, die wegen ihrer inhaltlichen Ausgestaltung das Merkmal der Freizeitbetätigung im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 EStG erfüllt. Das FG hat dabei das Alter des Kindes, den Gesamtpreis der Reise, die vorgesehenen (nicht durch Einzelpreise gekennzeichneten) Leistungen, namentlich das Sportangebot (Windsurfen) sowie die Unterbringung und Vollverpflegung in den Blick genommen. Es hat berücksichtigt, dass außerdem auch Betreuungsleistungen geschuldet waren und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die darauf entfallenden Kosten angesichts des Alters des Kindes und der übrigen Leistungen allenfalls einen geringen Teil des Reisepreises ausmachen können, der mangels belastbarer Anhaltspunkte nicht geschätzt werden könne. Durchgreifende Verfahrensrügen hinsichtlich der Feststellungen zum Inhalt der Reise hat der Kläger nicht erhoben. Die den Charakter der Reise betreffende Würdigung des FG ist nicht durch Denkfehler oder die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflusst und jedenfalls möglich. Der Kläger hat auch keine Anhaltspunkte aufgezeigt, die darauf schließen lassen, dass die im Gesamtpreis enthaltenen Betreuungskosten entgegen der Annahme des FG nicht von untergeordneter Bedeutung waren.
b) Das FA hat die Freibeträge für die Kinder des Klägers im angefochtenen Bescheid zutreffend in der gesetzlich vorgesehenen Höhe in Ansatz gebracht.
aa) Das FG ist zwar zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Klage insoweit wegen des Vorläufigkeitsvermerks nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO das Rechtsschutzbedürfnis fehlt (1).Der Aufhebung des FG-Urteils und der Zurückverweisung bedarf es dennoch nicht (2).
(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Steuerbescheid in dem verfassungsrechtlichen Streitpunkt vorläufig ergangen ist, diese Streitfrage sich in einer Vielzahl im Wesentlichen gleich gelagerter Verfahren (Massenverfahren) stellt und bereits ein nicht von vornherein aussichtsloses Musterverfahren beim BVerfG anhängig ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, muss ein Steuerpflichtiger im Allgemeinen die Klärung der Streitfrage in dem Musterverfahren abwarten, ohne dadurch unzumutbare Rechtsnachteile zu erleiden. Eine weitere verfassungsrechtliche Klärung in eigener Sache kann der Steuerpflichtige gegebenenfalls später durch Rechtsbehelfe gegen die vom FA nach § 165 Abs. 2 Satz 2 AO zu treffende Entscheidung herbeiführen, wenn ihm nach Ausgang des Musterverfahrens die Streitfrage nicht ausreichend beantwortet erscheint (BFH-Urteile vom 26.09.2023 - IX R 9/22, BFHE 281, 527, BStBl II 2024, 282, Rz 18 und vom 18.06.2024 - VIII R 32/20, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 43 f.; Senatsbeschluss vom 22.03.1996 - III B 173/95, BFHE 180, 217, BStBl II 1996, 506, unter II.1.b). Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn besondere Gründe materiell-rechtlicher oder verfahrensrechtlicher Art substantiiert geltend gemacht werden, die es rechtfertigen, trotz Anhängigkeit des Musterverfahrens Rechtsschutz gegen den im Streitpunkt für vorläufig erklärten Bescheid zu gewähren (vgl. BFH-Urteile vom 16.02.2005 - VI R 37/01, BFH/NV 2005, 1323, unter II.1.a und vom 26.09.2023 - IX R 9/22, BFHE 281, 527, BStBl II 2024, 282, Rz 21; Senatsbeschlüsse vom 22.03.1996 - III B 173/95, BFHE 180, 217, BStBl II 1996, 506, unter II.1.b und vom 30.11.2007 - III B 26/07, BFH/NV 2008, 374, unter II.3.a). Dem Steuerpflichtigen darf dann nicht die Möglichkeit abgeschnitten werden, die verfassungsrechtlichen Bedenken in einem eigenen Verfahren zu verfolgen (BFH-Urteil vom 26.09.2023 - IX R 9/22, BFHE 281, 527, BStBl II 2024, 282, Rz 21, unter Hinweis auf Seer in Tipke/Kruse, § 165 AO Rz 18; Brockmeyer, Deutsche Steuer-Zeitung 1996, 1, 4).
Daran gemessen lag das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage vor. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung (19.11.2015) und der FG-Entscheidung im zweiten Rechtsgang (15.03.2017) war beim BFH zwar das Verfahren III R 1/09 anhängig, welches unter anderem die Höhe der Kinderfreibeträge in den Jahren 2000 bis 2004 betraf. Da sich im Jahr 2011 die Art und Weise geändert hatte, mit der der Umfang der Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums ermittelt wurde, anhand derer der Kinderfreibetrag bemessen wurde,war jedoch nicht sicher damit zu rechnen, dass dieses Verfahren zur Klärung der Frage beitragen würde, ob die Höhe des Kinderfreibetrags im Streitjahr verfassungsgemäß ist.
Zum Zeitpunkt der Klageerhebung war beim BVerfG noch kein Musterverfahren anhängig, das die Höhe des Kinderfreibetrags im Streitjahr betraf. Das Niedersächsische FG hat dem BVerfG erst mit Beschluss vom 02.12.2016 (7 K 83/16) die Frage vorgelegt, ob § 32 Abs. 6 Satz 1 bis 3 EStG in der für das Jahr 2014 geltenden Fassung verfassungswidrig ist. Dieser Beschluss ließ das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers nicht entfallen. Andernfalls würde der Rechtsschutz gegen Steuerbescheide mit Vorläufigkeitsvermerk erschwert, denn der Steuerpflichtige liefe Gefahr, um die Früchte seiner Mühen gebracht zu werden, wenn seine zunächst zulässige Klage allein dadurch nachträglich unzulässig würde, dass später ‑‑und vom Kläger nicht zu beeinflussen‑‑ ein Musterverfahren beim BVerfG anhängig wird. Das FG kann in einer solchen Situation die Aussetzung des Verfahrens entsprechend § 74 FGO in Betracht ziehen. Denn nach der Rechtsprechung des BFH ist eine Aussetzung unter anderem dann geboten, wenn vor dem BVerfG bereits ein nicht als aussichtslos erscheinendes Musterverfahren gegen eine im Streitfall anzuwendende Norm anhängig ist, zahlreiche Parallelverfahren vorliegen und keiner der Verfahrensbeteiligten ein besonderes berechtigtes Interesse an einer Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der umstrittenen gesetzlichen Regelung trotz des beim BVerfG anhängigen Verfahrens hat (vgl. Senatsbeschluss vom 27.04.2015 - III B 127/14, BFHE 249, 519, BStBl II 2015, 901, Rz 7; BFH-Beschluss vom 14.04.2020 - VII B 53/19, BFH/NV 2021, 177, Rz 24; jeweils m.w.N.).
(2) Nach § 126 Abs. 4 FGO kann der BFH in der Sache selbst entscheiden und die Revision zurückweisen, wenn die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts ergeben, sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig darstellt. Dies gilt ausnahmsweise auch dann, wenn das FG eine Klage als unzulässig angesehen hat, aber vollständig ausgeschlossen ist, dass einer der Beteiligten durch einen weiteren Vortrag die Sachentscheidung noch beeinflussen könnte (BFH-Urteile vom 04.07.2007 - VIII R 77/05, BFH/NV 2008, 53, unter II.3.b und vom 22.06.2016 - V R 49/15, BFH/NV 2016, 1754, Rz 23).
So liegt der Fall hier. Das FG hat die für den Ansatz der Kinderfreibeträge maßgeblichen Tatsachen (Familienstand des Klägers, Anzahl und Alter der Kinder, Inhalt des angegriffenen Steuerbescheids) festgestellt, sich aber inhaltlich mit den vom Kläger aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen und den dazu umfangreich vorgetragenen Argumenten nicht auseinandergesetzt. Insoweit ist jedoch nicht ersichtlich, an welcher Stelle der Sachverhalt in einem weiteren (dritten) Rechtsgang weiter aufgeklärt werden könnte oder dass der Kläger in rechtlicher Hinsicht neue Gesichtspunkte in die Diskussion einbringen wollte.
bb) Das FA hat im angefochtenen Bescheid zutreffend für jedes Kind 7.008 € für die Freibeträge für Kinder abgezogen. Dem verwitweten Kläger standen für seine (im Streitjahr) minderjährigen Kinder die in § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG geregelten Freibeträge in Höhe von 2.184 € für das sächliche Existenzminimum (Kinderfreitrag) und 1.320 € für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (BEA-Freibetrag) gemäß § 32 Abs. 6 Satz 2, Satz 3 Nr. 1 EStG jeweils in doppelter Höhe zu.
c) Das FG hat zu Recht den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG) in Ansatz gebracht und die festzusetzende Einkommensteuer nach dem in § 32a Abs. 1 EStG geregelten Tarif bemessen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens bei Ehegatten gemäß § 32a Abs. 5 EStG beziehungsweise bei verwitweten Steuerpflichtigen gemäß § 32a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 EStG lagen im Streitjahr nicht vor. Hiervon gehen auch die Beteiligten übereinstimmend aus.
d) Das Verfahren war nicht auszusetzen, um eine Entscheidung des BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG einzuholen. Der Senat ist nicht von der Verfassungswidrigkeit der Regelungen des § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG (i.d.F. des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes vom 22.12.2009, BGBl I 2009, 3950) und des § 32a EStG (in der für den Veranlagungszeitraum 2014 geltenden Fassung des Gesetzes zum Abbau der kalten Progression vom 20.02.2013, BGBl I 2013, 283) überzeugt.
aa) Nach der Rechtsprechung des BVerfG hat der Staat gemäß dem ‑‑aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG abzuleitenden‑‑ Gebot der steuerlichen Verschonung des Existenzminimums des Steuerpflichtigen und seiner unterhaltsberechtigten Familie das Einkommen des Bürgers insoweit steuerfrei zu stellen, als dieser es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins für sich und seine Familie benötigt (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 29.05.1990 - 1 BvL 20/84 u.a., BVerfGE 82, 60, BStBl II 1990, 653, unter C.III.2.; vom 10.11.1998 - 2 BvR 1057/91 u.a., BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182, unter B.I.3.a; vom 13.02.2008 - 2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125, unter D.I. und vom 13.10.2009 - 2 BvL 3/05, BVerfGE 124, 282, unter B.I.1.). Der Gesetzgeber ist dabei nicht verpflichtet, die Unterhaltsleistungen für Kinder in voller Höhe des bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsanspruchs zu berücksichtigen (BVerfG-Beschluss vom 29.05.1990 - 1 BvL 20/84 u.a., BVerfGE 82, 60, BStBl II 1990, 653, unter C.III.3.d). Die Untergrenze des anzusetzenden Bedarfs ist durch die Sozialhilfeleistungen konkretisiert, welche das im Sozialstaat anerkannte Existenzminimum gewährleisten sollen (z.B. BVerfG-Beschluss vom 10.11.1998 - 2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174, unter C.I.3.). Die von Verfassungs wegen zu berücksichtigenden Aufwendungen zur Sicherung des Existenzminimums sind realitätsgerecht zu bemessen; bei der Ordnung der steuerlichen Massenverfahren darf der Gesetzgeber die Vielzahl der Einzelfälle aber in einem Gesamtbild erfassen und auf dieser Grundlage typisierende Regelungen treffen. Im Bereich der Steuerfreiheit des Existenzminimums hat er dabei Sorge zu tragen, dass typisierende Regelungen in möglichst allen Fällen den entsprechenden Bedarf abdecken (BVerfG-Beschluss vom 13.02.2008 - 2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125, unter D.I., m.w.N.).
Diesen Zweck erfüllten im Streitjahr die in § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG geregelten Freibeträge für Kinder. Der Senat hält die vom Kläger in Bezug auf die Höhe des Kinderfreibetrags vorgebrachten Argumente nicht für durchgreifend.
(1) Aus der Differenz zwischen dem im Neunten Existenzminimumbericht (BTDrucks 17/11425, S. 7, Übersicht 5) ausgewiesenen Betrag für das sächliche Existenzminimum von Kindern (4.440 €) und dem Kinderfreibetrag (4.368 €) in Höhe von 72 € ist nicht abzuleiten, dass im Streitjahr ein entsprechender Einkommensbetrag besteuert wurde, den Steuerpflichtige zur Deckung des Kinderexistenzminimums benötigten.
Allein die Abweichung vom Neunten Existenzminimumbericht ‑‑als einer (bloßen) Erkenntnisquelle in tatsächlicher Hinsicht‑‑ lässt nicht den Schluss zu, der Gesetzgeber habe gegen den Grundsatz der Folgerichtigkeit (vgl. dazu BVerfG-Urteil vom 27.06.1991 - 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654, unter C.I.1.c; BVerfG-Beschluss vom 22.06.1995 - 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655, unter C.II.1.d) verstoßen (Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG vom 05.09.2024 - 2 BvL 3/17, FamRZ 2024, 1868, Rz 40 und 41).
Bei der Beurteilung der Frage, ob die steuerliche Entlastung von Eltern ausreichend hoch ist, sind alle Bestandteile des Familienleistungsausgleichs einzubeziehen (Senatsurteil vom 25.11.2010 - III R 111/07, BFHE 231, 567, BStBl II 2011, 281, unter II.3.d, zur steuerlichen Entlastung von Eltern mit volljährigen, zu Ausbildungszwecken auswärtig untergebrachten Kindern; vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG vom 05.09.2024 - 2 BvL 3/17, FamRZ 2024, 1868, Rz 60). Daher ist auch der BEA-Freibetrag in Höhe von (im Streitfall) 2.640 € zu berücksichtigen (§ 32 Abs. 6 Satz 1 und 2, Satz 3 Nr. 1 EStG).
Anders als beim Kinderfreibetrag, der das sächliche Existenzminimum umfasst, ist für den BEA-Freibetrag kein (verfassungsrechtlicher) Maßstab definiert, nach dem sich die Höhe des Bedarfs bestimmen lässt. Ein Freibetrag, der den ‑‑nach dem BVerfG-Beschluss vom 10.11.1998 - 2 BvR 1057/91 u.a. (BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182, unter C.II.)‑‑ vom Gesetzgeber steuerlich zu berücksichtigenden Betreuungs- und Erziehungsbedarf abdeckt, der allen Eltern unabhängig vom Familienstand entsteht, wurde durch das Gesetz zur Familienförderung vom 22.12.1999 (BGBl I 1999, 2552) eingeführt. Er hatte die Höhe von 1.512 DM je Elternteil für jedes Kind, das das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Mit dem ‑‑aus Gründen der Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung‑‑ einheitlichen Freibetrag von 3.024 DM pro Kind sollte erreicht werden, dass einer Durchschnittsfamilie mit zwei Kindern der gleiche Abzugsbetrag als Freibetrag zur Verfügung stand, den bis dahin Alleinerziehende mit zwei Kindern im Rahmen des § 33c EStG als Höchstbetrag geltend machen konnten (BTDrucks 14/6170, S. 4; BTDrucks 14/1513, S. 14). Durch das 2. Gesetz zur Familienförderung vom 16.08.2001 (BGBl I 2001, 2074) wurde der Freibetrag zum BEA-Freibetrag erweitert und auf 1.080 € je Elternteil erhöht. Die Altersgrenze entfiel. In den Veranlagungszeiträumen 2010 bis 2020 hatte der (einfache) BEA-Freibetrag eine Höhe von 1.320 € je Elternteil (§ 32 Abs. 6 Satz 1 EStG i.d.F. des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes vom 22.12.2009, BGBl I 2009, 3950). Bei der ab dem Veranlagungszeitraum 2010 geltenden Anpassung wurden der Kinderfreibetrag und der BEA-Freibetrag nahezu im selben Umfang (um 252 € bzw. 240 € je Elternteil) erhöht. Dadurch sollte eine bessere steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen der Familien für die Betreuung und Erziehung oder Ausbildung der Kinder gewährleistet werden (BTDrucks 17/15, S. 18). Nicht ersichtlich ist, dass die Anpassung des BEA-Freibetrags einer (durch Inflation oder sonstige Ursachen bedingten) Erhöhung des abzugeltenden Bedarfs geschuldet war.
Zudem ist bei den im Rahmen des Neunten Existenzminimumberichts vorgenommenen Berechnungen im Streitjahr ein Betrag von 228 € für den Bildungs- und Teilhabebedarf ‑‑namentlich zur Teilnahme an Freizeitgestaltungen wie der Mitgliedschaft in Vereinen‑‑ in das sächliche Existenzminimum eingeflossen (BTDrucks 17/11425, S. 5, Übersicht 4). Damit wird beim sächlichen Existenzminimum ein Bedarf berücksichtigt, der steuerlich auch durch den BEA-Freibetrag abgegolten wird (Senatsbeschluss vom 19.03.2014 - III B 74/13, BFH/NV 2014, 1032, Rz 24; vgl. auch Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG vom 05.09.2024 - 2 BvL 3/17, FamRz 2024, 1868, Rz 57 bis 59).
Bei einer Gesamtbetrachtung der Freibeträge für Kinder ist eine unzureichende Freistellung des Kinderexistenzminimums im Streitjahr daher nicht zu erkennen.
(2) Soweit der Kläger beanstandet, die fehlende Staffelung des Kinderfreibetrags nach Altersgruppen führe dazu, dass das steuerlich freigestellte Existenzminimum seines älteren Kindes hinter dem sozialhilferechtlichen Regelbedarf (in Höhe von 295 € monatlich) zurückbleibe, berücksichtigt er nicht, dass dies eine Folge der Durchschnittsberechnung des Bedarfs des Kindes über 18 Lebensjahre hinweg ist. Die Durchschnittsberechnung führt auch dazu, dass in den ersten Lebensjahren des Kindes ein über dem sozialhilferechtlichen Regelbedarf liegender Betrag des Einkommens von der Besteuerung freigestellt wird. Diese Berechnungsmethode hat das BVerfG auch unter Berücksichtigung der Unterschreitung des sozialhilferechtlichen Existenzminimums für Teilgruppen gebilligt (Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG vom 05.09.2024 - 2 BvL 3/17, FamRZ 2024, 1868, Rz 44 bis 46 und 51, m.w.N.). Hieraus ist zu schlussfolgern, dass die Typisierung dem insoweit anzuwendenden verfassungsrechtlichen Maßstab genügt.
(3) Die Höhe des Kinderfreibetrags begegnet auch hinsichtlich des darin erfassten Wohnraumbedarfs keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln.
Der Wohnbedarf von Alleinstehenden und Ehepaaren ohne Kinder wurde im Streitjahr nach der Pro-Kopf-Methode bemessen, die grundsätzlich von einer proportionalen Erweiterung des Wohnbedarfs mit jeder weiteren Person ausgeht und bei der für jede Person ein gleicher Anteil am Gesamtwohnraum angesetzt wird. Das BVerfG hat jedoch die Mehrbedarfsrechnung für die Bemessung des Wohnbedarfs von Kindern ausdrücklich gebilligt, namentlich, weil eine zusätzliche Person in einem bestehenden Haushalt jedenfalls keinen proportionalen Mehrbedarf an Gemeinschaftsräumen wie Küche, Bad oder Flur verursache (BVerfG-Beschluss vom 10.11.1998 - 2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174, unter C.I.5.a).
Der Kläger zeigt keine Umstände auf, aus denen sich ergibt, dass diese Erwägung unzutreffend (geworden) ist. Er verweist lediglich darauf, dass der existenznotwendige Wohnbedarf einer erwachsenen (Ehe-)Frau nach der Lebenserfahrung nicht größer sei als der eines 15-jährigen Kindes. Damit blendet er aber den maßgeblichen Aspekt aus, dass im Haushalt typischerweise bereits Gemeinschaftsräume vorhanden sind und die Aufnahme eines Kindes in den Haushalt den Bedarf an diesen Räumen nicht erhöht. Der Kläger kann ‑‑wie ausgeführt‑‑ nicht verlangen, dass der von ihm nach seiner Lebensstellung geschuldete beziehungsweise tatsächlich geleistete Unterhalt (Bereitstellung der Unterkunft) berücksichtigt wird. Einwände gegen die Richtigkeit der zur Ermittlung des Wohnbedarfs für Kinder herangezogenen statistischen Daten hat der Kläger nicht erhoben. Solche sind auch nicht ersichtlich.
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich ‑‑nach wie vor‑‑ weder aus dem aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitenden Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit noch unter Berücksichtigung des Schutzbereichs des Art. 6 Abs. 1 GG ein Anspruch Alleinerziehender auf Anwendung des Splitting-Verfahrens gemäß § 32a Abs. 5 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 18.06.2024 - VIII R 32/20, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 40 f., dazu BVerfG-Kammerbeschluss vom 16.12.2024 - 2 BvR 1418/24: Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen) einschließlich der diesem Verfahren immanenten Berücksichtigung zweier Grundfreibeträge.
Das Splitting-Verfahren knüpft schon nicht an einen kindbedingten Bedarf von Ehepaaren an. Für den zusätzlichen Bedarf von Kindern sind vielmehr gesonderte steuerrechtliche Berücksichtigungsmöglichkeiten (z.B. §§ 32, 33a EStG) vorgesehen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 07.05.2013 - 2 BvR 909/06, BVerfGE 133, 377, unter C.II.3.b bb (1) sowieSenatsbeschluss vom 29.09.2016 - III R 62/13, BFHE 255, 252, BStBl II 2017, 259, Rz 25).
Zudem unterscheidet sich die Ehe, die (wie die Lebenspartnerschaft) als umfassende institutionalisierte Verantwortungsgemeinschaft ausgestaltet ist, von ungebundenen Paarbeziehungen ebenso wie von Rechtsbeziehungen zwischen Verwandten (BVerfG-Beschluss vom 07.05.2013 - 2 BvR 909/06, BVerfGE 133, 377, unter C.II.3.a).
Außerdem differiert die Lebenssituation eines verwitweten Alleinerziehenden sowohl von der eines in intakter Ehe lebenden Ehepaares als auch von der eines Geschiedenen, bei dem nacheheliche Unterhaltszahlungen (vgl. §§ 1569 ff. BGB) an den früheren Ehegatten eine wirtschaftliche Belastung darstellen, welche seine steuerliche Leistungsfähigkeit mindert (vgl. Senatsbeschluss vom 20.09.2002 - III B 40/02, BFH/NV 2003, 157, dazu BVerfG-Kammerbeschluss vom 26.02.2005 - 2 BvR 1933/02: Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen; Senatsbeschluss vom 27.05.2013 - III B 2/13, BFH/NV 2013, 1406, dazu BVerfG-Kammerbeschluss vom 16.07.2015 - 2 BvR 1519/13: Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen; Senatsbeschluss vom 29.09.2016 - III R 62/13, BFHE 255, 252, BStBl II 2017, 259, Rz 18 ff., dazu BVerfG-Kammerbeschluss vom 18.09.2018 - 2 BvR 221/17: Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen und Senatsbeschluss vom 17.01.2017 - III B 20/16, BFH/NV 2017, 740, Rz 30 ff., dazu BVerfG-Kammerbeschluss vom 18.09.2018 - 2 BvR 754/17: Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen).
Auch der Hinweis des Klägers auf die Entscheidung des BVerfG vom 14.12.1965 - 1 BvR 606/60 (BVerfGE 19, 268) führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Die zitierten Ausführungen des BVerfG beziehen sich auf den Halbteilungsgrundsatz des deutschen Kirchensteuerrechts, welcher vorsah, bei glaubensverschiedenen Ehen die Kirchensteuer des einer Kirche angehörenden Ehegatten (selbst im Fall der getrennten Veranlagung) nach der Hälfte der (zusammengerechneten) Einkommensteuer der Ehegatten zu bemessen. Das BVerfG hat sich in diesem Urteil unter anderem mit dem Splitting-Verfahren auseinandergesetzt und die dabei vorgenommene Halbierung der Einkünfte lediglich als Methode zur Berechnung der Einkommensteuer ohne steuerbegründende Wirkung charakterisiert (BVerfG-Urteil vom 14.12.1965 - 1 BvR 606/60, BVerfGE 19, 268, unter C.I.2.a). Aus dem Verweis auf das zur steuerrechtlichen Anerkennung von Ehegatten-Arbeitsverhältnissen ergangene BVerfG-Urteil vom 24.01.1962 - 1 BvL 32/57 (BVerfGE 13, 290) wird zudem deutlich, dass das BVerfG (allein) das eheliche Güterrecht in den Blick genommen hat, als es ausführte, dass die Ehe über die Unterhaltsgemeinschaft hinaus keine enge Wirtschaftsgemeinschaft begründe. Der Güterstand ist jedoch für die Anwendung des Splitting-Verfahrens nicht von Bedeutung (vgl. BVerfG-Beschluss vom 07.05.2013 - 2 BvR 909/06, BVerfGE 133, 377, unter C.II.3.b aa sowie BFH-Urteil vom 15.11.2005 - VII R 16/05, BFHE 211, 396, BStBl II 2006, 453, unter II.). Der vom Kläger ausgemachte Widerspruch ist daher nicht zu erkennen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.