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Urteil vom 12. März 2025, I R 8/24

Gegenstand und Wirkung der Verlustfeststellung nach § 2a Abs. 3 Satz 5 EStG 1990/1997

ECLI:DE:BFH:2025:U.120325.IR8.24.0

BFH I. Senat

EStG § 2a Abs 1, EStG § 2a Abs 3 S 5, AO § 173 Abs 2 S 1, AO § 180 Abs 1 Nr 2 Buchst a, AO § 182 Abs 1 S 1

vorgehend FG Nürnberg, 26. September 2023, Az: 1 K 720/22

Leitsätze

NV: Soweit § 2a Abs. 3 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1990/1997 von dem "am Schluss eines Veranlagungszeitraums nach den Sätzen 3 und 4 der Hinzurechnung unterliegenden und noch nicht hinzugerechneten (verbleibenden) Betrag" spricht, geht es um die gesonderte Feststellung des im Sinne eines Endbestandes am Schluss des jeweiligen Veranlagungszeitraums aufsummierten tatsächlich abgezogenen und noch nicht wieder hinzugerechneten ausländischen Verlusts. Ob der Steuerpflichtige insoweit jeweils einen Antrag im Sinne des § 2a Abs. 3 Satz 1 EStG 1990/1997 gestellt hatte, ist nicht Gegenstand dieser für die Höhe einer Hinzurechnung verbindlichen Feststellung.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 26.09.2023 - 1 K 720/22 aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Nürnberg zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

  1. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine im Inland unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige GmbH, wurde für die Jahre 1996 bis 1998 (Streitjahre) erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt und erwirtschaftete in allen Jahren Verluste. Die Körperschaftsteuer setzte der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) jeweils auf 0 DM fest. Der verbleibende Verlustabzug zur Körperschaftsteuer wurde gesondert festgestellt.

  2. Die Klägerin war an der … GmbH & Co. KG (KG) als Kommanditistin beteiligt und veräußerte diesen Kommanditanteil zum …1999. In den Streitjahren erzielte die im Inland ansässige KG unter anderem mit ihrer Betriebsstätte in Z (Europäische Union) Verluste aus Gewerbebetrieb. Im Jahr 1999 ergab sich aus der Veräußerung des Kommanditanteils ebenfalls ein Verlust.

  3. Das für die KG zuständige Finanzamt X (FA X) teilte dem FA nach Abschluss einer Außenprüfung bei der KG ausländische Verluste nach § 2a Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes in der seinerzeit geltenden Fassung (EStG 1990/1997) in Höhe von … DM für das Streitjahr 1996 mit. Darüber hinaus teilte es unter anderem die nach § 2a Abs. 3 EStG 1990/1997 berücksichtigungsfähigen und auf die Klägerin entfallenden Verluste aus der Betriebsstätte in Z in Höhe von … DM (1997) und … DM (1998) mit und stellte die Entwicklung der verrechenbaren in- und ausländischen Verluste in Anlagen zu diesen Mitteilungen dar.

  4. Mit (berichtigtem) Sammelfeststellungsbescheid vom 31.01.2006 für die Jahre 1997 bis 1999 stellte das FA X diese Verluste gesondert und einheitlich fest. Gegen den Sammelfeststellungsbescheid führte die Klägerin als ehemalige Gesellschafterin der KG ein erfolgloses Klage- und Revisionsverfahren (Urteil des erkennenden Senats vom 22.02.2017 - I R 2/15, BFHE 257, 120, BStBl II 2017, 709).

  5. In den Akten befindet sich der Hinweis, dass die Auswertung der Mitteilung des FA X betreffend die KG zurückgestellt werden sollte, da bei der Klägerin für die Jahre ab 1997 eine Außenprüfung angeordnet sei. Eventuelle Änderungen sollten im Streitjahr 1997 miterfasst werden.

  6. Nach Abschluss der bei der Klägerin für die Jahre 1997 bis 1999 durchgeführten Außenprüfung folgte das FA den Feststellungen der Außenprüfung und erließ am 04.12.2002 entsprechende Körperschaftsteuerbescheide für die Streitjahre. Es setzte die Körperschaftsteuer in allen Körperschaftsteuerbescheiden auf 0 DM fest. Die Position "Verlustabzug (§ 8 Abs. 1, 4 u. 5 KStG, § 10d EStG, § 2a Abs. 3 S. 2 [EStG], § 2 Abs. 1 S. 2 AIG, § 57 Abs. 4 EStG)" war in allen Bescheiden mit dem Wert 0 DM ausgewiesen. Im Körperschaftsteuerbescheid 1998 vom 06.06.2006 erläuterte das FA, Änderungsgrundlage sei § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung in der für die Streitjahre geltenden Fassung (AO) und die Änderungen seien aufgrund der bei der KG durchgeführten Außenprüfung veranlasst gewesen. Darüber hinaus verwies es auf ein Gespräch, das am 17.05.2006 zwischen einer Mitarbeiterin der Klägerin und dem FA stattgefunden habe.

  7. Während eines den Körperschaftsteuerbescheid 1999 betreffenden (anderen) Klageverfahrens vor dem Finanzgericht (FG) Nürnberg (1 K 274/20) zur Frage einer Hinzurechnung von in Vorjahren abgezogenen Verlustanteilen aus der Betriebsstätte in Z in Höhe von insgesamt … DM (s. hierzu zurückverweisendes Senatsurteil vom 12.03.2025 - I R 15/22) stellte das FA fest, dass bisher keine gesonderten Feststellungen nach § 2a Abs. 3 Satz 5 EStG 1990/1997 zum Schluss der Veranlagungszeiträume 1996, 1997 und 1998 getroffen worden waren. Es erließ daher am 08.03.2022 die streitgegenständlichen Feststellungsbescheide und stellte die verbleibenden Beträge nach § 2a Abs. 3 Satz 5 EStG 1990/1997 unter Hinweis auf § 181 Abs. 5 AO mit … DM für 1996, mit … DM für 1997 und mit … DM für 1998 fest.

  8. Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin dagegen Klage, der das FG mit Urteil vom 26.09.2023 - 1 K 720/22 (Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2024, 1743) stattgab, da die Voraussetzungen des § 2a Abs. 3 EStG 1990/1997 in den Streitjahren nicht erfüllt seien.

  9. Dagegen richtet sich die Revision des FA, die es auf Verletzung von Bundesrecht stützt und mit der es beantragt, das Urteil des FG Nürnberg vom 26.09.2023 - 1 K 720/22 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

  10. Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat zwar ohne Rechtsfehler dahin erkannt, dass die streitbefangenen Feststellungsbescheide verfahrensrechtlich zulässig ergehen konnten (dazu 1.) und insbesondere keine Feststellungsverjährung eingetreten ist (dazu 2.). Indessen liegen entgegen der Auffassung des FG die Voraussetzungen des § 2a Abs. 3 Satz 5 EStG 1990/1997 im Streitfall vor (dazu 3.), weil der Bundesfinanzhof (BFH) an die entsprechenden Feststellungen und Würdigungen des FG nicht gebunden ist (dazu 4.). Die bisherigen Feststellungen des FG reichen allerdings nicht aus, um bezogen auf die Streitjahre über die genaue Verlusthöhe entscheiden zu können (dazu 5.).

  2. 1. Die streitbefangenen Feststellungsbescheide konnten verfahrensrechtlich zulässig ergehen.

  3. a) Nach § 2a Abs. 3 Satz 1 EStG 1990/1997 können unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag des Steuerpflichtigen Verluste aus einer gewerblich tätigen ausländischen Betriebsstätte (auch dann) bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen werden, wenn die Einkünfte aus der betreffenden Betriebsstätte nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Einkommensteuer zu befreien sind. Der Antrag des Steuerpflichtigen ist im Rahmen seiner Ertragsteuerveranlagung zu stellen. Ein nach § 2a Abs. 3 Satz 1 EStG 1990/1997 abgezogener Betrag ist gemäß § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG 1990/1997 unter bestimmten, in der Vorschrift näher bezeichneten Voraussetzungen in einem nachfolgenden Veranlagungszeitraum bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte wieder hinzuzurechnen. Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums nach Satz 3 ‑‑vorbehaltlich des Satzes 4‑‑ der Hinzurechnung unterliegende und noch nicht hinzugerechnete (verbleibende) Betrag ist nach § 2a Abs. 3 Satz 5 EStG 1990/1997 gesondert festzustellen. Hingegen sieht das Gesetz keine Feststellung für die tatsächliche Hinzurechnung im Folgejahr nach § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG 1990/1997 vor; vielmehr ist eine solche nach Maßgabe des Senatsurteils vom 21.02.2022 - I R 38/18 (BFH/NV 2022, 1041) nicht erforderlich, weshalb insoweit im Rahmen der Ertragsteuerveranlagung (hier: der Veranlagung der Klägerin zur Körperschaftsteuer) zu entscheiden ist.

  4. b) Sind die ausländischen Verluste ‑‑wie im Streitfall‑‑ im Rahmen einer Mitunternehmerschaft angefallen, deren Einkünfte nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO gesondert und einheitlich festgestellt werden, ist über sämtliche tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des § 2a EStG 1990/1997 zur Abziehbarkeit (Art, Herkunft, Umfang, zeitliche Zuordnung der Verluste) im Rahmen des Feststellungsverfahrens zu entscheiden (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa Senatsurteile vom 18.07.2001 - I R 70/00, BFHE 196, 248, BStBl II 2003, 48; vom 28.11.2007 - I R 25/07, BFH/NV 2008, 1097 sowie vom 12.03.2025 - I R 15/22). Wegen der engen Verknüpfung mit der Abziehbarkeit der Verluste ist als Feststellungsgegenstand ebenfalls die Frage erfasst, ob die Voraussetzungen der Hinzurechnung von Gewinnen nach § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG 1990/1997 vorliegen (Senatsurteile vom 09.06.1999 - I R 40/98, BFH/NV 2000, 168 und vom 28.11.2007 - I R 25/07, BFH/NV 2008, 1097) bzw. ein Hinzurechnungs- bzw. Nachversteuerungstatbestand erfüllt ist (Senatsurteile vom 28.11.2007 - I R 25/07, BFH/NV 2008, 1097; vom 22.02.2017 - I R 2/15, BFHE 257, 120, BStBl II 2017, 709 und vom 12.03.2025 - I R 15/22). Der Feststellung der ausländischen Verluste kommt hinsichtlich der Abziehbarkeit bei dem Mitunternehmer im Rahmen einer Ertragsteuerveranlagung Bindungswirkung nach § 182 Abs. 1 Satz 1 AO zu. Im Feststellungsverfahren der Personengesellschaft ist hingegen nicht bereits darüber zu entscheiden, ob (und in welcher Höhe) die Verluste bei der Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuerveranlagung tatsächlich zu berücksichtigen sind (vgl. BFH-Urteile vom 20.09.1989 - X R 180/87, BFHE 158, 368, BStBl II 1990, 112 und vom 28.04.1983 - IV R 122/79, BFHE 138, 366, BStBl II 1983, 566, jeweils zum Gesetz über steuerliche Maßnahmen bei Auslandsinvestitionen der deutschen Wirtschaft).

  5. Im Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Feststellung muss daher die Art, die Herkunft, der Umfang und die zeitliche Zuordnung der Verluste geklärt und abschließend entschieden werden. Im nachfolgenden Verfahren zur Festsetzung der Ertragsteuer (hier: der Körperschaftsteuer) kommt es dann darauf an, ob die Körperschaft die Möglichkeit des § 2a Abs. 3 EStG 1990/1997 ergreift, das heißt, ob sie einen Antrag auf Abzug der Verluste stellt oder andere Betriebsstätten in diesem Staat mit positiven Einkünften unterhält, die zu einer Saldierung führen würden (Senatsurteil vom 12.03.2025 - I R 15/22).

  6. c) Mit den Feststellungsbescheiden des FA X vom 05.10.1999 für 1998, vom 09.12.1999 für 1996 und dem berichtigten Sammelfeststellungsbescheid vom 31.01.2006 für 1997 und 1998 wurden die Verluste der Betriebsstätte in Z auf Ebene der KG anteilig für die Klägerin gesondert und einheitlich festgestellt, wobei den Bescheiden jeweils Berechnungsgrundlagen beigefügt waren. Nach dem Inhalt des Prüfungsberichts vom 25.12.2005 zu der bei der KG durchgeführten Außenprüfung war auch erkennbar, dass die nach § 2a Abs. 3 EStG 1990/1997 abziehbaren Verluste auf Ebene der KG lediglich betragsmäßig verbindlich festgestellt werden sollten und ein tatsächlicher Abzug von weiteren Voraussetzungen abhängen sollte, die vom für den jeweiligen Gesellschafter der KG zuständigen Veranlagungsfinanzamt zu prüfen wären. Entsprechend waren die im jeweiligen Feststellungsbescheid für die Hinzurechnung vorgesehenen Spalten nicht ausgefüllt.

  7. 2. Die der Hinzurechnung unterliegenden noch nicht hinzugerechneten (verbleibenden) Beträge sind ‑‑soweit sie nicht nach den Sätzen 3 und 4 wieder hinzugerechnet wurden‑‑ nach § 2a Abs. 3 Satz 5 Halbsatz 1 EStG 1990/1997 gesondert festzustellen; nach Halbsatz 2 der Norm gilt § 10d Abs. 3 EStG 1990/1997 entsprechend. Dabei war der Erlass der entsprechenden Feststellungsbescheide vom 08.03.2022 ungeachtet der zwischenzeitlich eingetretenen Feststellungsverjährung nach § 181 Abs. 5 AO zulässig.

  8. a) Eine gesonderte Feststellung kann gemäß § 181 Abs. 5 Satz 1 AO auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist. Gemäß § 181 Abs. 5 Satz 2 AO ist hierauf im Feststellungsbescheid hinzuweisen.

  9. b) Zwar war die reguläre Feststellungsfrist im Zeitpunkt des Erlasses der Feststellungsbescheide für die Streitjahre bereits abgelaufen. Die Feststellungsfrist beträgt vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO) und beginnt nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO, wenn eine Steuererklärung einzureichen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 1 AO später beginnt. Als Steuererklärung im vorgenannten Sinne gilt auch die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung (§ 181 Abs. 1 Satz 2 AO); für die gesonderte Feststellung nach § 2a Abs. 3 Satz 5 EStG 1990/1997 gilt nach § 181 Abs. 2 Satz 1 AO eine entsprechende Erklärungspflicht, da die Aufzählung in § 181 Abs. 2 Satz 2 AO nicht abschließend ist (vgl. BFH-Urteil vom 10.07.2008 - IX R 90/07, BFHE 222, 32, BStBl II 2009, 816). Danach war die Feststellungsfrist für die gemäß § 2a Abs. 3 Satz 5 EStG 1990/1997 festzustellenden Verluste zum Schluss der Streitjahre spätestens mit Ablauf des Jahres 2005 grundsätzlich abgelaufen.

  10. c) Indessen ist die gesonderte Feststellung des am Schluss des Veranlagungszeitraums 1998 bestehenden abgezogenen Betrags nach § 2a Abs. 3 Satz 5 EStG 1990/1997 für die Festsetzung der Körperschaftsteuer 1999 von Bedeutung, weil nach Auffassung des FA in 1999 eine Hinzurechnung in Höhe von … DM möglich und für die Körperschaftsteuerfestsetzung des Jahres 1999 die Verjährung nach § 171 Abs. 3a Satz 1 AO gehemmt ist. Zur Körperschaftsteuer 1999 ist vor dem FG ein Klageverfahren anhängig (s. zurückverweisendes Senatsurteil vom 12.03.2025 - I R 15/22). Die streitbefangenen Feststellungsbescheide enthalten auch den Hinweis auf § 181 Abs. 5 AO.

  11. d) Darauf, ob die zuständige Finanzbehörde die Feststellung pflichtwidrig unterlassen hat (§ 10d Abs. 4 Satz 6 Halbsatz 2 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13.12.2006, BGBl I 2006, 2878, BStBl I 2007, 28), kommt es im Streitfall nicht an, da diese einschränkende Regelung gemäß § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG in der genannten Fassung nur anzuwenden ist, sofern die Feststellungsfrist ‑‑abweichend zum Streitfall‑‑ bei Inkrafttreten des Gesetzes am 19.12.2006 noch nicht abgelaufen war.

  12. e) Auch § 173 Abs. 2 Satz 1 AO steht dem Erlass der streitbefangenen Feststellungsbescheide nicht entgegen. Danach können abweichend von Absatz 1 der Vorschrift Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Zweck der Vorschrift ist es, eine schrittweise Auswertung der Feststellungen der Außenprüfung durch mehrfache Änderungen der Bescheide zu unterbinden. Die Änderungssperre gilt für Änderungen zu Ungunsten wie zu Gunsten des Steuerpflichtigen, für Änderungsbescheide genauso wie für Erstbescheide (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 11.12.1997 - V R 56/94, BFHE 185, 98, BStBl II 1998, 367), schließt aber den Erlass eines erstmaligen Bescheides nicht aus (vgl. BFH-Urteil vom 31.08.1990 - VI R 78/86, BFHE 161, 539, BStBl II 1991, 537). Die streitbefangenen Feststellungsbescheide beruhten insoweit nicht auf der bei der Klägerin für die Streitjahre durchgeführten Außenprüfung, sondern wurden erstmalig erlassen, weil das FA erst im Verlauf des Klageverfahrens 1 K 274/20 betreffend Körperschaftsteuer 1999 und gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.1999 erkannt hatte, dass eine Hinzurechnung der ausländischen Verluste nach § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG 1990/1997 unter Umständen nur möglich ist, sofern diese zuvor gesondert festgestellt worden sind.

  13. 3. Entgegen der Rechtsauffassung der Vorinstanz sind die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 2a Abs. 3 Satz 5 EStG 1990/1997 in den Streitjahren erfüllt. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob ‑‑gegebenenfalls konkludent‑‑ ein Antrag auf Abzug der Verluste der Betriebsstätte in Z gestellt worden war, sondern nur darauf, dass und in welcher Höhe solche Verluste tatsächlich abgezogen und noch nicht wieder hinzugerechnet worden sind. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Norm und dem systematischen Zusammenhang.

  14. In § 2a Abs. 3 Satz 5 EStG 1990/1997 wird der "am Schluss eines Veranlagungszeitraums nach den Sätzen 3 und 4 der Hinzurechnung unterliegende und noch nicht hinzugerechnete (verbleibende) Betrag" angesprochen. Satz 3 bezieht sich seinerseits auf den "nach den Sätzen 1 und 2 abgezogene(n) Betrag". Aus dieser Formulierung ergibt sich aber nicht, dass auch das dortige Antragserfordernis auf die Feststellung nach § 2a Abs. 3 Satz 5 EStG 1990/1997 durchschlagen soll. Vielmehr setzt die Hinzurechnung nach § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG 1990/1997, auf die Satz 5 Bezug nimmt, lediglich voraus, dass es tatsächlich zu der in den Sätzen 1 und 2 angegebenen Rechtsfolge (Abzug der Verluste einer ausländischen Betriebsstätte) gekommen ist. Gegenstand der Feststellung nach Satz 5 sind deshalb ‑‑im Sinne eines Endbestandes am Schluss des jeweiligen Feststellungs- beziehungsweise Veranlagungszeitraums‑‑ die aufsummierten tatsächlich abgezogenen Verluste, soweit sie noch nicht wieder hinzugerechnet worden sind.

  15. 4. Der Senat ist auch nicht nach § 118 Abs. 2 FGO an die Feststellungen und Würdigungen des FG zum tatsächlichen Verlustabzug, der tatsächlich nicht stattgefunden haben soll, gebunden.

  16. a) Es ist zunächst zutreffend, dass der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen eines FG gebunden ist, soweit kein Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze festzustellen ist (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 07.02.2024 - I R 8/19, BFH/NV 2024, 759). Neuer Tatsachenvortrag im Revisionsverfahren ist nicht zu berücksichtigen (vgl. z.B. Senatsurteil vom 25.01.2005 - I R 52/03, BFHE 209, 5, BStBl II 2005, 514). Die maßgeblichen tatsächlichen Feststellungen ergeben sich aus dem Tatbestand sowie den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils sowie dem Inhalt des Protokolls zur mündlichen Verhandlung. Bei der Verweisung auf Schriftsätze oder andere Unterlagen müssen diese und der Gegenstand des in Bezug Genommenen hinreichend genau bezeichnet werden. Nur auf diese Weise kann vermittels Bezugnahme wegen Einzelheiten ein ausreichendes Bild des Sach- und Streitstandes gewonnen werden. Fehlende tatsächliche Feststellungen können nicht durch allgemeine Bezugnahmen auf die Prozessakten und Beiakten ersetzt werden. Gibt der Tatbestand eines angefochtenen Urteils einschließlich der in Bezug genommenen Schriftstücke den zum Verständnis seines Inhalts erforderlichen Sach- und Streitstand nicht hinreichend wieder, bildet die Entscheidung keine Grundlage für deren sachliche Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Dieser Mangel ist ohne ausdrückliche Verfahrensrüge von Amts wegen zu berücksichtigen (z.B. Senatsurteil vom 21.01.1981 - I R 153/77, BFHE 133, 33, BStBl II 1981, 517).

  17. b) Ausgehend von den vorstehenden Rechtsgrundsätzen ist eine Bindung des Senats an die Feststellungen und Würdigungen des FG zum Umstand, ob ein ausländischer Verlust bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage abgezogen worden ist, ausgeschlossen. Dies folgt daraus, dass sich jedenfalls aus den vom FG in Bezug genommenen Prüfungsberichten, Bescheiden und Anlagen ‑‑entgegen der Würdigung durch das FG‑‑ hinreichende Anhaltspunkte für den tatsächlichen Verlustabzug der Höhe nach ergeben. Anders als die Klägerin meint, handelt es sich insoweit nicht um neuen Sachvortrag, vielmehr hat das FA in den Anlagen 1 bis 3 seiner Revisionsbegründung lediglich zu den Steuerakten gehörende und abstrakt vom FG in Bezug genommene Unterlagen zusammengestellt und neu gewürdigt. Danach haben sich die von der Betriebsstätte in Z erzielten Verluste auf den Gesamtbetrag der Einkünfte ausgewirkt, wovon die Beteiligten bis zum Revisionsverfahren auch übereinstimmend ausgegangen waren. Das FA hat dazu insbesondere substantiiert dargelegt, dass die Klägerin in 1996 eine Beteiligung in Höhe von … DM aktiviert und nicht außerbilanziell korrigiert hat. Erst in der Prüferbilanz sei der Beteiligungsansatz dann um … DM gekürzt und eine außerbilanzielle Hinzurechnung in Höhe von … DM vorgenommen worden. Das Einkommen der Klägerin habe sich damit in 1996 um … DM gemindert, worin auch der Verlust der Auslandsbetriebsstätte in Höhe von … DM enthalten gewesen sei. Nachdem 1998 ein Verlust aus der Beteiligung an der KG in Höhe von … DM und außerbilanziell ein Abzug in Höhe von … DM vorgenommen worden sei, habe die Außenprüfung bei der KG zu einer geänderten Feststellung der Verluste für 1997 und 1998 geführt, die das FA in geänderten Körperschaftsteuerbescheiden unter Hinzurechnung in Höhe von … DM übernommen habe. Der Gesamtbetrag der Einkünfte 1998 der Klägerin habe sich durch den Ansatz der Verluste der KG um … DM gemindert, worin auch Verluste der Auslandsbetriebsstätte in Höhe von … DM enthalten seien. Dazu hat das FA zudem auf den in den Bescheiden in Bezug genommenen Aktenvermerk vom 18.05.2006 nebst Anlage verwiesen und ausgeführt, dass im Einspruchsverfahren die vorgenommenen Änderungen wertmäßig bestätigt und klägerseitig akzeptiert worden seien. Das Einspruchsschreiben enthalte sogar eine eigene Aufstellung, aus der sich auch die "[Z-]Verluste lt. Veranlagung" beziehungsweise "lt. Bp" ergäben und woraus sich zweifelsfrei ergebe, dass Verluste "tatsächlich abgezogen" beziehungsweise "geltend gemacht" worden seien.

  18. 5. Das FG-Urteil ist aufzuheben. Das FG ist rechtsfehlerhaft und entscheidungserheblich davon ausgegangen, dass die angefochtenen Feststellungsbescheide nach § 2a Abs. 3 Satz 5 EStG 1990/1997 einen Antrag der Klägerin auf Abzug der Verluste aus der Betriebsstätte in Z voraussetzen. Die bisherigen Feststellungen des FG reichen indessen nicht aus, um über die genaue Höhe der tatsächlich abgezogenen Verluste entscheiden zu können. Die Sache ist deshalb zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Im zweiten Rechtsgang wird es angesichts der umfangreichen Einlassungen des FA zur konkreten Höhe der tatsächlichen Verlustabzüge darauf ankommen, ob die Klägerin diesem Vortrag hinreichend substantiiert entgegentreten kann (s. insoweit auch Tiedchen, EFG 2024, 1747, 1748 [zu V.]), um sie zu entkräften.

  19. 6. Die Übertragung der Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.

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