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Urteil vom 09. September 2025, VI R 16/23

Doppelte Haushaltsführung: Kein Werbungskostenabzug für die vom Ehegatten aufgrund eigener Verpflichtung gezahlten Kosten einer Zweitwohnung des anderen Ehegatten

ECLI:DE:BFH:2025:U.090925.VIR16.23.0

BFH VI. Senat

EStG § 9 Abs 1 S 3 Nr 5 S 1, EStG § 9 Abs 1 S 3 Nr 5 S 2, EStG § 9 Abs 1 S 3 Nr 5 S 4, EStG § 26, EStG § 26b, FGO § 118 Abs 2, BGB § 387, BGB § 1360 S 2, BGB § 1360a, BGB § 1360b, BGB § 1363 Abs 2, EStG VZ 2018

vorgehend FG Nürnberg, 21. Oktober 2022, Az: 7 K 150/21

Leitsätze

NV: Mietaufwendungen, die ein Ehegatte aufgrund eigener vertraglicher Verpflichtung getragen hat, kann der andere Ehegatte, ohne selbst vertraglich verpflichtet zu sein, grundsätzlich nicht im Wege des Drittaufwands einkünftemindernd geltend machen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 21.10.2022 - 7 K 150/21 und die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 04.01.2021 aufgehoben.

Der Einkommensteuerbescheid 2018 vom 28.11.2019 wird dahin geändert, dass weitere Werbungskosten der Klägerin bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 823,20 € berücksichtigt werden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Klageverfahrens haben die Kläger zu 83 % und der Beklagte zu 17 % zu tragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

  1. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die für das Streitjahr (2018) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Sie bewohnen eine Dachgeschosswohnung mit großem Balkon und einer Fläche von 120 m² in einem Zweifamilienhaus in Stadt A.

  2. Die Klägerin ist in Stadt B nichtselbständig beschäftigt und bewohnte dort mit der gemeinsamen Tochter … (geboren am xx.xx.2011) bis Dezember des Streitjahres eine angemietete Dreizimmerwohnung mit einer Fläche von 65 m². Alleiniger Mieter der Wohnung war der Kläger (Mietvertrag vom 26.09.2011), der auch die Miete einschließlich der Nebenkosten von seinem Konto überwies. Im Dezember des Streitjahres zog sie mit der Tochter in eine von den Klägern erworbene Eigentumswohnung in Stadt B, welche über vier Zimmer sowie eine Dachterrasse verfügt und eine Wohnfläche von 111 m² aufweist.

  3. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin ‑‑neben Aufwendungen für wöchentliche Heimfahrten und Absetzung für Abnutzung für Einrichtungsgegenstände (zusammen 1.648,20 €)‑‑ Unterkunftskosten in Höhe von 7.800 € für die Mietwohnung in Stadt B als Aufwendungen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung geltend.

  4. Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) berücksichtigte die geltend gemachten Kosten der Klägerin für die doppelte Haushaltsführung im Einkommensteuerbescheid nur zur Hälfte. Er ging davon aus, dass sich der Lebensmittelpunkt der Kläger im Laufe des Streitjahres nach Stadt B verlagert habe, was durch den Kauf der Eigentumswohnung dort dokumentiert werde. Das Unterhalten der Wohnung in Stadt A diene nur den persönlichen Lebens- und Vermögensinteressen. Gleichwohl seien 50 % der geltend gemachten Aufwendungen und damit (gerundet) 4.725 € anzuerkennen, da dem Kauf eine längerfristige Suche vorangegangen sei.

  5. Das Finanzgericht (FG) gab der von den Klägern erhobenen Klage, mit der diese die erklärungsgemäße Berücksichtigung der Aufwendungen der Klägerin betreffend die doppelte Haushaltsführung in Höhe von 9.448,20 € begehrten, statt. Es war der Überzeugung, dass sich der Lebensmittelpunkt der Kläger im Streitjahr weiterhin in Stadt A befunden habe. Auch die weiteren Voraussetzungen für den Abzug der geltend gemachten Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung der Klägerin seien erfüllt. Insbesondere seien die geltend gemachten Mehraufwendungen für den Hausstand am Tätigkeitsort der Klägerin im Hinblick auf die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft zuzurechnen, auch wenn sie vom Konto des Klägers überwiesen worden seien.

  6. Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe mangels eigener Aufwendungen der Klägerin die Mietzahlungen zu Unrecht im Rahmen ihrer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten gewährt. Danach seien die Unterkunftskosten eigentlich insgesamt nicht zu berücksichtigen. Aufgrund des Verböserungsverbots seien indes die bereits vom FA anerkannten 3.900 € weiterhin anzusetzen. Gegen die vom FG darüber hinaus anerkannten weiteren Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung richtet sich die Revision des FA nicht.

  7. Es beantragt,

    das Urteil der Vorinstanz insoweit aufzuheben und die Klage abzuweisen, als Unterkunftskosten in Höhe von 3.900 € als Werbungkosten der Klägerin bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt wurden.

  8. Die Kläger beantragen,

    die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) als das FG weitere Unterkunftskosten der Klägerin in Höhe von 3.900 € anerkannt hat.

  2. Entgegen der Auffassung des FG kann die Klägerin im Rahmen ihrer doppelten Haushaltsführung nur eigene und mithin nicht solche Aufwendungen als Werbungskosten abziehen, die Dritten (hier dem Kläger) entstanden sind.

  3. 1. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG).

  4. Soweit das FG den Lebensmittelpunkt der Kläger in Stadt A verortet hat, ist diese tatrichterliche Würdigung jedenfalls möglich und daher für den Bundesfinanzhof (BFH) revisionsrechtlich bindend (s. z.B. Senatsurteil vom 01.08.2024 - VI R 52/20, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 29; s. aber BFH-Urteil vom 01.10.2019 - VIII R 29/16, Rz 26, m.w.N., betreffend die Vermutung, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen für beiderseits berufstätige Ehegatten, die mit ihren Kindern am Beschäftigungsort in einer familiengerechten Wohnung leben, in der Regel an den Beschäftigungsort verlagert). Hiergegen wendet sich das FA im Revisionsverfahren auch nicht. Der Senat sieht daher insoweit von weiteren Ausführungen ab.

  5. 2. Zu den notwendigen Mehraufwendungen, die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG als Werbungskosten zu berücksichtigen sind, zählen unter anderem die notwendigen Kosten der Unterkunft am Beschäftigungsort. Als Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung können nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG im Inland die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft angesetzt werden, höchstens 1.000 € im Monat.

  6. a) Aus dem Grundsatz der Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit ergibt sich, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen ‑‑wie hier die Kosten der Unterkunft‑‑ persönlich tragen muss. Die Ermittlung der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 EStG ist subjektbezogen (s. Senatsurteil vom 06.12.2017 - VI R 41/15, BFHE 260, 252, BStBl II 2018, 355, Rz 13, m.w.N.). Steuersubjekt ist der einzelne Steuerpflichtige (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 23.08.1999 - GrS 2/97, BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782, unter C.IV.1.b). Deshalb können nur solche Aufwendungen als Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 EStG abgezogen werden, welche die persönliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen mindern (Senatsurteile vom 15.12.2016 - VI R 53/12, BFHE 256, 143, BStBl II 2017, 938, Rz 17, und vom 06.12.2017 - VI R 41/15, BFHE 260, 252, BStBl II 2018, 355, Rz 13).

  7. Von diesem Grundsatz gilt für Ehegatten keine Ausnahme (s. z.B. BFH-Urteile vom 23.11.1995 - IV R 50/94, BFHE 179, 303, BStBl II 1996, 193, unter 4., und vom 21.02.2017 - VIII R 10/14, BFHE 257, 267, BStBl II 2017, 819, Rz 18). Auch bei zusammen veranlagten Ehegatten kann nicht der eine Ehegatte die Erwerbsaufwendungen, die der andere Ehegatte getragen hat, selbst einkünftemindernd geltend machen. Denn auch hier gilt der Grundsatz, dass der Aufwand eines Dritten ohne eigene Kostenbeteiligung nicht zum eigenen Werbungskostenabzug berechtigt. Danach kann ein Steuerpflichtiger die Aufwendungen seines Ehegatten grundsätzlich nicht als "Drittaufwand" abziehen (s. Senatsurteil vom 15.12.2016 - VI R 53/12, BFHE 256, 143, BStBl II 2017, 938, Rz 18).

  8. Allerdings können nach der Rechtsprechung des BFH Aufwendungen dann als eigene Betriebsausgaben oder Werbungskosten des Steuerpflichtigen abgezogen werden, wenn ein Dritter dem Steuerpflichtigen einen Geldbetrag zuwenden will und zur Abkürzung des Zahlungswegs Verbindlichkeiten des Steuerpflichtigen begleicht, die diesem aus aufwandsverursachenden Vorgängen entstanden sind (z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 23.08.1999 - GrS 2/97, BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782, unter C.IV.1.c aa; Senatsurteil vom 07.02.2008 - VI R 41/05, BFH/NV 2008, 1136, unter II.1.c).

  9. b) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist das FG zu Unrecht davon ausgegangen, die Unterkunftskosten für die Wohnung in Stadt B seien als Werbungskosten der Klägerin zu berücksichtigen. Dies wird von den getroffenen Feststellungen nicht gedeckt. Ein Abzug der geltend gemachten Kosten für die Zweitwohnung kommt vielmehr nicht in Betracht.

  10. aa) Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 21.10.2022 wurde der Mietvertrag vom 26.09.2011 über die Wohnung in Stadt B vom Kläger allein abgeschlossen, der die Miete einschließlich der Nebenkosten auch von seinem Konto zahlte. Der Inhalt der Niederschrift ist Teil der tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der BFH im Rahmen des § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist (BFH-Urteile vom 23.01.1985 - I R 30/81, BFHE 143, 117, BStBl II 1985, 305 und vom 21.08.1990 - IX R 83/85, BFH/NV 1991, 95), da die Kläger in Bezug auf sie keine zulässigen und begründeten Gegenrügen erhoben haben.

  11. Danach liegen die Voraussetzungen für die Annahme eines abgekürzten Zahlungswegs nicht vor. Der Kläger hat der Klägerin mit der Begleichung der Miete für die Wohnung in Stadt B nichts zugewandt, sondern diese als Mieter der Wohnung und somit Schuldner der Miete auf eigene Rechnung geleistet.

  12. Aber auch eine Zahlung von einem gemeinsamen Konto der Kläger würde an dem Ergebnis nichts ändern. Denn (auch) solche Zahlungen gelten unabhängig davon, aus wessen Mitteln das Guthaben auf dem Konto stammt, jeweils für Rechnung desjenigen geleistet, der den Betrag schuldet, sofern keine besonderen Vereinbarungen getroffen wurden (s. BFH-Urteil vom 21.02.2017 - VIII R 10/14, BFHE 257, 267, BStBl II 2017, 819, Rz 21, m.w.N.).

  13. Aus diesem Grund kann auch dahinstehen, ob die Klägerin tatsächlich, wie sie ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 21.10.2022 behauptet hat, "Nebenkosten" für die Wohnung in Stadt B von ihrem Konto gezahlt hat. Denn auch in diesem Fall käme es darauf an, wer die fraglichen Beträge geschuldet hat. Dies war im Streitfall nach den bindenden Feststellungen auch für die Nebenkosten allerdings nicht die Klägerin, sondern allein der Kläger. Im Übrigen widerspricht dieser Vortrag der Feststellung, wonach der Kläger die Nebenkosten zusammen mit der Miete von seinem Konto beglichen hat.

  14. bb) Entgegen der Ansicht des FG gilt für die Führung eines weiteren Haushalts zusammen mit dem gemeinsamen Kind im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung nichts anderes, zumal der Lebensmittelpunkt der Familie im Streitfall nach der nicht vom FA angegriffenen Würdigung des FG nicht in Stadt B, sondern in Stadt A liegen soll.

  15. Im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft bleiben die Vermögen von Ehegatten getrennt (§ 1363 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches ‑‑BGB‑‑) und ihre Einkünfte werden auch im Fall der Zusammenveranlagung (§§ 26, 26b EStG) gesondert ermittelt. In diesem Bereich stehen sich die Eheleute folglich wie Fremde gegenüber (s. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 23.08.1999 - GrS 1/97, BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778, unter C.II.1.c). Eine "Wirtschaftsgemeinschaft" sieht das Gesetz zwischen ihnen in diesem Bereich nicht vor. Sie können ihre wirtschaftlichen Beziehungen vielmehr durch Verträge regeln und einander auch Zuwendungen machen (s. BFH-Urteil vom 23.11.1995 - IV R 50/94, BFHE 179, 303, BStBl II 1996, 193, unter 4.).

  16. cc) Soweit die Kläger im Revisionsverfahren erstmals behaupten, es sei zwischen ihnen von Anfang an mündlich vereinbart gewesen, dass die Mietzahlungen durch den Kläger nur darlehensweise erfolgt und von der Klägerin im Fall der Scheidung zurückzuzahlen seien, demzufolge auch ein Mietverhältnis zwischen ihnen anzunehmen sei, handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, das im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden kann (s. z.B. BFH-Urteil vom 01.12.2020 - VIII R 40/18, BFHE 271, 493, BStBl II 2024, 384, Rz 35).

  17. dd) Nichts anderes gilt, soweit sich die Kläger im Revisionsverfahren darauf berufen, allein die Klägerin habe unter der Woche den Unterhalt für die gemeinsame Tochter erbracht, so dass sich nun ihr Unterhaltsanspruch gegenüber dem Kläger und dessen Mietzahlungsanspruch ihr gegenüber aufrechenbar gegenüberständen.

  18. Weder haben die Kläger dies bereits im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht noch haben sie überhaupt geltend gemacht, eine Aufrechnung erklärt zu haben (hierzu s. z.B. BFH-Urteil vom 10.07.2024 - III R 1/22, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BStBl II 2024, 865, Rz 17 und 19). Insoweit würde es zudem an der für eine Aufrechnung erforderlichen Gleichartigkeit (§ 387 BGB) des Unterhaltsanspruchs mit dem Anspruch auf Zahlung der Miete beziehungsweise dem Darlehensanspruch auf Erstattung der Miete fehlen. Denn der angemessene Familienunterhalt im Sinne von § 1360a BGB ist regelmäßig in Natur zu leisten, also insbesondere durch Haushaltsführung, Betreuung der Kinder, Gewährung von Wohnung, Verpflegung, Bekleidung, Wirtschafts- und Taschengeld (s. Urteil des Bundesgerichtshofs ‑‑BGH‑‑ vom 12.12.2012 - XII ZR 43/11, BGHZ 196, 21, Rz 26). Als gegenseitiger Anspruch der Ehegatten ist er darauf gerichtet, dass jeder von ihnen seinen Beitrag zum Familienunterhalt entsprechend seiner nach dem individuellen Ehebild übernommenen Funktion leistet (s. BGH-Urteil vom 12.12.2012 - XII ZR 43/11, BGHZ 196, 21, Rz 33).

  19. Dies folgt aus § 1360 Satz 2 BGB, wonach die für die Lebensgemeinschaft erbrachten Beiträge der Ehegatten unabhängig von jeder monetären Bewertung als grundsätzlich gleichgewichtig anzusehen sind, und entspricht dem Rechtsgedanken des § 1360b BGB. Diese Norm begründet nach allgemeiner Ansicht eine gesetzliche Vermutung, dass ein Ehegatte von dem anderen auch dann keinen Ersatz verlangen will, wenn er einen höheren als den ihm eigentlich obliegenden Beitrag zum Familienunterhalt leistet (Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 01.03.2005 - 12 U 116/04). Diese Vermutung haben weder die Klägerin, die die Aufrechnung geltend machen will, noch der Kläger im Streitfall widerlegt.

  20. ee) Die Mietzahlungen des Klägers können der Klägerin auch nicht im Wege des abgekürzten Vertragswegs zugerechnet werden.

  21. (1) Im Fall des abgekürzten Vertragswegs schließt der Dritte im eigenen Namen für den Steuerpflichtigen einen Vertrag und leistet auch selbst die geschuldeten Zahlungen. Wie bei der Abkürzung des Zahlungswegs bezwecken Vertrag und Leistung eine Zuwendung an den Steuerpflichtigen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 23.08.1999 - GrS 2/97, BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 78, unter C.IV.1.c bb). Eine Zurechnung von Aufwendungen nach den Grundsätzen der Abkürzung des Vertragswegs setzt insbesondere voraus, dass die aufgrund des Vertrags zu erbringenden Leistungen eindeutig der Erwerbssphäre des Steuerpflichtigen zuzuordnen sind (Senatsurteil vom 20.04.2023 - VI R 23/21, Rz 34, m.w.N.).

  22. Bei Dauerschuldverhältnissen ‑‑wie insbesondere bei Verträgen auf Nutzungsüberlassung‑‑ führt eine Abkürzung des Vertragswegs nach der geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zu abziehbaren Aufwendungen des Steuerpflichtigen (s. Senatsurteil vom 13.03.1996 - VI R 103/95, BFHE 180, 139, BStBl II 1996, 375; BFH-Urteile vom 24.02.2000 - IV R 75/98, BFHE 191, 301, BStBl II 2000, 314, unter 2.a, vom 03.12.2002 - IX R 14/00, BFH/NV 2003, 468, unter II.1.b, und vom 15.11.2005 - IX R 25/03, BFHE 211, 318, BStBl II 2006, 623, unter II.1.a cc; offengelassen im Beschluss des Großen Senats des BFH vom 23.08.1999 - GrS 2/97, BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782, unter C.IV.1.c bb, und im BFH-Urteil vom 25.11.2010 - III R 79/09, BFHE 232, 331, BStBl II 2011, 450, Rz 20).

  23. (2) Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Hinzu kommt, dass auch nach dem (neuen) Tatsachenvortrag der Kläger den Mietvertrag im eigenen Interesse geschlossen hat, um seiner Tochter ein Wohnen in Stadt B zu ermöglichen. Eine Zuordnung des Mietvertrags zu der Erwerbssphäre der Klägerin scheidet mithin aus.

  24. 3. Entgegen der Ansicht der Kläger sind die (hälftigen) Unterkunftskosten auch nicht hilfsweise als Werbungskosten des Klägers bei dessen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen, weil er selbst auswärtig tätig sei und die Wohnung in Stadt B habe anmieten müssen, um seiner Tochter ein Wohnen am Arbeitsort der Klägerin zu ermöglichen.

  25. 4. Die Vorentscheidung ist von anderen Grundsätzen ausgegangen und ist daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif, so dass der Senat durchentscheiden kann (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Die weiteren Kosten der Klägerin für ihre doppelte Haushaltsführung sind zwischen den Beteiligten dem Grund und der Höhe nach nicht streitig. Sie belaufen sich auf insgesamt 1.648,20 €. Davon hat das FA in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid 825 € anerkannt, so dass die Klage in Höhe von 823,20 € Erfolg hat und im Übrigen abzuweisen ist.

  26. Soweit das FA die geltend gemachten Unterkunftskosten zu Unrecht zur Hälfte als Werbungskosten der Klägerin berücksichtigt hat, kommt eine Änderung zu Ungunsten der Klägerin wegen des finanzgerichtlichen Verböserungsverbots (Verbot der reformatio in peius) nicht in Betracht (z.B. Senatsurteil vom 18.11.2020 - VI R 17/18, Rz 18).

  27. 5. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2, § 121 Satz 1 FGO).

  28. 6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 1, § 135 Abs. 1, § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

  29. Im Streitfall ist eine Kostenentscheidung nach Verfahrensabschnitten sachgerecht (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 14.05.2025 - XI R 24/23, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 31, m.w.N.). Auch diese wahrt den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (Senatsurteil vom 28.04.2020 - VI R 45/17, Rz 26). Da die Kläger mit ihrer Klage nur teilweise obsiegen, sind die Kosten des Klageverfahrens verhältnismäßig zu teilen. Da die Revision des FA in vollem Umfang Erfolg hat, sind die Kosten des Revisionsverfahrens in vollem Umfang den Klägern aufzuerlegen.

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