ECLI:DE:BFH:2025:U.250925.IVR9.24.0
BFH IV. Senat
GewStG § 9 Nr 1 S 2, BewG § 68 Abs 2, GewStG VZ 2019
vorgehend Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht , 28. März 2024, Az: 1 K 134/22
Leitsätze
1. NV: Da Betriebsvorrichtungen bewertungsrechtlich nicht zum Grundbesitz gehören, schließt deren Mitvermietung die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) aus. Dies ist auch anzunehmen, wenn die Betriebsvorrichtung fest mit dem Grundstück beziehungsweise dem Gebäude verbunden ist.
2. NV: Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Mitvermietung der fest mit dem Grundstück beziehungsweise dem Gebäude verbundenen Betriebsvorrichtung als begünstigungsunschädliches Nebengeschäft anzusehen ist. Dies ist anzunehmen, wenn sie einen zwingend notwendigen Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung darstellt und die quantitativen Grenzen eines Nebengeschäfts nicht überschreitet. Ob dies der Fall ist, hängt von den tatsächlichen Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab.
3. NV: Dabei kann dem Umstand, dass zwischen der Betriebsvorrichtung und dem Gebäude beziehungsweise Grundstück eine feste bauliche Verbindung besteht ‑‑je nach den konkreten tatsächlichen Gegebenheiten‑‑ Indizwirkung für die Annahme eines begünstigungsunschädlichen Nebengeschäfts zukommen. Auch die objektiv-funktionale Beschaffenheit des Gebäudes kann von (wesentlicher) Bedeutung sein.
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 28.03.2024 - 1 K 134/22 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) zusteht oder diese infolge einer begünstigungsschädlichen Mitvermietung eines Lastenaufzugs ausgeschlossen ist.
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Gegenstand ihres Unternehmens ist die Vermietung und Verpachtung von eigenen oder geleasten Grundstücken, Gebäuden und Wohnungen. Sie erzielt im wesentlichen Erträge aus der Vermietung von Verkaufsflächen.
Die Klägerin betreibt als Eigentümerin ein Einkaufszentrum (EKZ). Die Mietfläche des EKZ, die sich im Erdgeschoss (EG) und im 1. Obergeschoss (OG) befindet, beträgt insgesamt rund 17 000 m². Im Jahr 2019 (Streitjahr) standen Mieträumlichkeiten für 46 Mieter zur Verfügung.
Das Gebäude verfügt über drei Aufzüge: So werden Flächen im EG und OG, die an ein Modegeschäft vermietet sind, unter anderem durch einen Aufzug verbunden, der vom TÜV Rheinland als Personenaufzug eingestuft wurde. Ein weiterer Aufzug befindet sich neben den Rolltreppen im Zentrum des EKZ; dieser dient als Personenaufzug. Der dritte Aufzug (nachfolgend: Aufzug Nr. 3) befindet sich im hinteren Teil des Gebäudes im Bereich der Anlieferzone, über die die Warenannahme erfolgt. Der Aufzug Nr. 3 verbindet das EG mit dem OG. Er konnte im Streitjahr von sämtlichen Mietern des EG und des OG genutzt werden. Die Betriebskosten wurden über die Nebenkosten von sämtlichen Mietern getragen. Die Anschaffungs- beziehungsweise Herstellungskosten für das EKZ beliefen sich auf … Mio. €. Hiervon entfielen 100.000 € (= 0,34 %) auf den Aufzug Nr. 3. Unstreitig handelt es sich bei dem Aufzug Nr. 3 technisch betrachtet um einen Lastenaufzug.
Die einzelnen Mietflächen des EKZ im EG waren unter anderem an ein Lebensmittelgeschäft, einen Lebensmitteldiscounter, verschiedene Textilgeschäfte, einen Drogeriemarkt sowie einen Schlüsseldienst vermietet. Das OG war unter anderem an ein Fitnessstudio, einen Friseur, ein Nagel- und Kosmetikstudio, ein Reisebüro, einen Gastronomiebetrieb sowie an Mode- und Textilgeschäfte vermietet. Zudem befindet sich im OG das Centermanagement.
Für die Jahre 2015 bis 2018 gewährte der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) der Klägerin zunächst die beantragte erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags. Im Rahmen einer für diese Jahre durchgeführten Außenprüfung stellte sich der Prüfer jedoch auf den Standpunkt, dass die Mitüberlassung des Aufzugs Nr. 3, bei dem es sich um eine Betriebsvorrichtung handele, begünstigungsschädlich sei. Dieser Auffassung folgend erließ das FA geänderte Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2015 bis 2018, gegen die die Klägerin Einspruch einlegte.
Für das Streitjahr setzte das FA den Gewerbesteuermessbetrag mit Bescheid vom 12.02.2021 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 10.202 € fest. Die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gewährte es wegen der Mitüberlassung des Aufzugs Nr. 3 nicht, wohl aber die einfache Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG. Auch gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein, den das FA mit Einspruchsentscheidung vom 08.12.2022 als unbegründet zurückwies.
Der nachfolgenden Klage gab das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 28.03.2024 - 1 K 134/22 statt. Dabei schloss es sich im Wesentlichen den Erwägungen des FG Düsseldorf im Urteil vom 23.11.2023 - 14 K 1037/22 G,F (Entscheidungen der Finanzgerichte 2024, 311) an.
Hiergegen richtet sich dieRevision des FA, die es mit der Verletzung von materiellem Bundesrecht begründet.
Das FA beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen FG vom 28.03.2014 - 1 K 134/22 aufzuheben und die Klage abzuweisen.Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
1. Das FG hat im Ergebnis zutreffend erkannt, dass der Klägerin, die der Gewerbesteuer unterliegt (hierzu unter a), die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zusteht. Dabei kann dahinstehen, ob der Aufzug Nr. 3 eine Betriebsvorrichtung darstellt. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, so ist dessen Mitüberlassung nicht begünstigungsschädlich (hierzu unter b).
a) Die Klägerin unterliegt ‑‑was nicht im Streit steht‑‑ als gewerblich geprägte Personengesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes mit ihrer vermögensverwaltenden Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 GewStG der Gewerbesteuer (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 15.06.2023 - IV R 6/20, Rz 25).
b) Ihr steht im Rahmen der Ermittlung des Gewerbeertrags gemäß § 7 Satz 1 GewStG die beantragte erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu.
aa) Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes gekürzt. Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG tritt an die Stelle der Kürzung nach Satz 1 auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (sogenannte erweiterte Kürzung).
Der Zweck der erweiterten Kürzung besteht darin, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer zum Zwecke der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen freizustellen, die nur private Vermögensverwaltung betreiben (z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.09.2018 - GrS 2/16, BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262, Rz 96, m.w.N.).
bb) Betriebsvorrichtungen zählen bewertungsrechtlich nicht zum Grundbesitz (§ 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes ‑‑BewG‑‑), so dass deren Mitvermietung die erweiterte Kürzung ausschließt, und zwar auch dann, wenn sie einen nur geringfügigen Umfang annimmt (vgl. BFH-Urteil vom 19.12.2023 - IV R 5/21, BFHE 283, 354, BStBl II 2024, 845, Rz 35, m.w.N.). Dies gilt unabhängig davon, ob die Betriebsvorrichtung fest mit dem Grundstück beziehungsweise Gebäude verbunden ist oder nicht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Mitvermietung einer Betriebsvorrichtung als begünstigungsunschädliches Nebengeschäft anzusehen ist (hierzu unter 2.b ff).
aaa) Der Begriff der Betriebsvorrichtung setzt Gegenstände voraus, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben wird. Zwischen der Betriebsvorrichtung und dem Betriebsablauf muss ein ähnlich enger Zusammenhang bestehen, wie er üblicherweise bei Maschinen gegeben ist. Dagegen reicht es nicht aus, wenn eine Anlage für einen Betrieb lediglich nützlich oder notwendig oder sogar gewerbepolizeilich vorgeschrieben ist. Entscheidend ist, ob die Gegenstände von ihrer Funktion her unmittelbar zur Ausübung des Gewerbes genutzt werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19.12.2023 - IV R 5/21, BFHE 283, 354, BStBl II 2024, 845, Rz 36, m.w.N.).
bbb) Für die Abgrenzung zwischen Gebäudebestandteilen und Betriebsvorrichtungen kommt es deshalb darauf an, ob die Vorrichtung im Rahmen der allgemeinen Nutzung des Gebäudes erforderlich ist oder ob sie unmittelbar der Ausübung des Gewerbes dient. Die zivilrechtliche Einordnung eines Gegenstands als wesentlicher Gebäudebestandteil schließt das Vorliegen einer Betriebsvorrichtung im Sinne des § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG nicht aus (z.B. BFH-Urteil vom 19.12.2023 - IV R 5/21, BFHE 283, 354, BStBl II 2024, 845, Rz 37, m.w.N.).
ccc) Während Personenaufzüge und Rolltreppen eines Warenhauses nicht zu den Betriebsvorrichtungen des Warenhausbetriebs gerechnet, sondern als Grundstücksbestandteile dem Grundvermögen zugeordnet werden (BFH-Urteile vom 05.03.1971 - III R 90/69, BFHE 102, 107, BStBl II 1971, 455, unter 3.; vom 11.04.2019 - III R 36/15, BFHE 264, 470, BStBl II 2019, 705, Rz 22), gehören Lastenaufzüge, die der Beförderung der im Warenhaus angebotenen Waren dienen, zu den Betriebsvorrichtungen (BFH-Urteile vom 11.04.2019 - III R 36/15, BFHE 264, 470, BStBl II 2019, 705, Rz 22; vom 05.03.1971 - III R 90/69, BFHE 102, 107, BStBl II 1971, 455, unter 3.a; vom 07.10.1977 - III R 48/76, BFHE 124, 77, BStBl II 1978, 186, unter 3.; vom 28.02.2013 - III R 35/12, BFHE 240, 453, BStBl II 2013, 606, Rz 9 ff.). Sie haben ‑‑anders als Personenaufzüge und Rolltreppen, die in einem mehrstöckigen Gebäude unbewegliche Treppen ersetzen‑‑ keine unmittelbare Gebäudefunktion, sondern eine betriebliche Funktion (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11.04.2019 - III R 36/15, BFHE 264, 470, BStBl II 2019, 705, Rz 22).
cc) Eigener Grundbesitz wird "verwaltet und genutzt", wenn er zum Zwecke der Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz eingesetzt wird, etwa durch Vermietung und Verpachtung (BFH-Urteile vom 25.05.2023 - IV R 33/19, BFHE 280, 320, BStBl II 2023, 927, Rz 45; vom 22.10.2020 - IV R 4/19, BFHE 270, 529, BStBl II 2022, 87, Rz 19, jeweils m.w.N.). Wer über seinen eigenen Grundbesitz einen Mietvertrag abschließt, nutzt seinen Grundbesitz im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Unerheblich ist, dass der Mieter auf dem gemieteten Grundbesitz einen Gewerbebetrieb ausüben will (vgl. BFH-Urteil vom 25.05.2023 - IV R 33/19, BFHE 280, 320, BStBl II 2023, 927, Rz 48, m.w.N.). Die Vermietung von Grundbesitz bleibt auch dann private Vermögensverwaltung, wenn der Besitz sehr umfangreich ist und zur Verwaltung ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb unterhalten wird (BFH-Urteil vom 14.07.2016 - IV R 34/13, BFHE 255, 12, BStBl II 2017, 175, Rz 37).
dd) Die neben der Vermögensverwaltung des Grundbesitzes erlaubten, jedoch nicht begünstigten Tätigkeiten sind in § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG abschließend aufgezählt (vgl. BFH-Urteile vom 15.06.2023 - IV R 6/20, Rz 27; vom 22.10.2020 - IV R 4/19, BFHE 270, 529, BStBl II 2022, 87, Rz 19, m.w.N.).
ee) Darüber hinaus liegen nach ständiger Rechtsprechung Nebentätigkeiten innerhalb des von dem Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gezogenen Rahmens und sind ‑‑ausnahmsweise‑‑ nicht begünstigungsschädlich, wenn sie der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes im engeren Sinne dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und Grundstücksnutzung angesehen werden können (vgl. BFH-Urteile vom 25.05.2023 - IV R 33/19, BFHE 280, 320, BStBl II 2023, 927, Rz 46; vom 15.06.2023 - IV R 6/20, Rz 27; vom 22.10.2020 - IV R 4/19, BFHE 270, 529, BStBl II 2022, 87, Rz 23, m.w.N.). Ist der Umfang einer derartigen Nebentätigkeit gering, kommt es nicht zur Versagung der erweiterten Kürzung wegen Verstoßes gegen das Ausschließlichkeitsgebot (z.B. BFH-Urteile vom 25.05.2023 - IV R 33/19, BFHE 280, 320, BStBl II 2023, 927, Rz 46; vom 22.10.2020 - IV R 4/19, BFHE 270, 529, BStBl II 2022, 87, Rz 23, m.w.N.).
Im Übrigen sind von dem Ausschließlichkeitserfordernis keine Ausnahmen wegen Geringfügigkeit, auch nicht solche aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes) geboten (z.B. BFH-Urteile vom 26.02.2014 - I R 6/13, Rz 15, m.w.N.; vom 11.04.2019 - III R 36/15, BFHE 264, 470, BStBl II 2019, 705, Rz 37; vom 15.06.2023 - IV R 6/20, Rz 27). Ein Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot führt zur vollständigen Versagung der erweiterten Kürzung (vgl. auch BFH-Urteil vom 19.12.2023 - IV R 5/21, BFHE 283, 354, BStBl II 2024, 845, Rz 46).
ff) Auch die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen kann ein solches begünstigungsunschädliches Nebengeschäft darstellen. Dies ist der Fall, wenn sie lediglich einen zwingend notwendigen, das heißt unentbehrlichen Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung darstellt. Hierzu zählt insbesondere der Betrieb notwendiger Sondereinrichtungen für die Mieter und notwendiger Sondereinrichtungen im Rahmen der allgemeinen Wohnungsbewirtschaftung, etwa die Unterhaltung von zentralen Heizungsanlagen, Gartenanlagen und Ähnlichem (vgl. zur möglichen "Unschädlichkeit" der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen in Gestalt von Aufzügen BFH-Urteil vom 26.08.1993 - IV R 18/91, BFH/NV 1994, 338, unter 3. [Rz 15]). Eine darüber hinausgehende Mitvermietung von nicht fest mit dem Grundstück verbundenen Betriebsvorrichtungen schließt die Kürzung dagegen regelmäßig aus (z.B. BFH-Urteile vom 11.01.2024 - IV R 24/21, Rz 36; vom 23.07.1969 - I R 134/66, BFHE 96, 403, BStBl II 1969, 664 [Rz 25]; vom 11.04.2019 - III R 36/15, BFHE 264, 470, BStBl II 2019, 705, Rz 26; vom 18.12.2019 - III R 36/17, BFHE 267, 406, BStBl II 2020, 405, Rz 28, m.w.N.).
Aus der Formulierung "nicht fest mit dem Grundstück verbundenen Betriebsvorrichtungen" kann indes nicht im Umkehrschluss abgeleitet werden, dass die Mitvermietung von fest mit dem Grundstück verbundenen Betriebsvorrichtungen entweder allgemein oder innerhalb einer relativen Unschädlichkeitsgrenze stets der begünstigten Grundstücksverwaltung zuzurechnen ist (offengelassen im BFH-Beschluss vom 07.04.2011 - IV B 157/09, Rz 13). Vielmehr schließt die Tatsache, dass die mitvermietete Betriebsvorrichtung fest mit dem Grundstück beziehungsweise dem Gebäude verbunden ist, das Vorliegen einer kürzungsschädlichen Mitvermietung nicht ohne weiteres aus (anderer Ansicht aber wohl z.B. Brandis/Heuermann/Gosch, § 9 GewStG Rz 71; Wagner in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, 3. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 63). Dies folgt daraus, dass eine bestehende bauliche Verbindung allein nicht zuverlässig Auskunft darüber gibt, ob die Mitvermietung der Betriebsvorrichtung als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung anzusehen ist oder nicht.
Ist die Betriebsvorrichtung fest mit dem Grundstück beziehungsweise dem Gebäude verbunden, muss unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände des jeweiligen Einzelfalls geprüft werden, ob die Mitvermietung jener Betriebsvorrichtung einen zwingend notwendigen Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung darstellt. Dabei kann dem Umstand, dass zwischen der Betriebsvorrichtung und dem Gebäude beziehungsweise dem Grundstück eine feste bauliche Verbindung besteht ‑‑je nach den konkreten tatsächlichen Gegebenheiten‑‑ Indizwirkung für die Annahme eines begünstigungsunschädlichen Nebengeschäfts zukommen.
gg) Ob ein begünstigungsunschädliches Nebengeschäft vorliegt, ist anhand objektiver Umstände festzustellen und nicht nach den Beziehungen zwischen dem Steuerpflichtigen einerseits und seinen tatsächlichen Geschäftspartnern andererseits zu beurteilen. Die Erforderlichkeit eines solchen Nebengeschäfts zur eigenen wirtschaftlich sinnvollen Grundstücksverwaltung und -nutzung ist bereits dann zu verneinen, wenn diese zu etwa gleichen Bedingungen auch ohne das Nebengeschäft hätte durchgeführt werden können (z.B. BFH-Urteile vom 11.01.2024 - IV R 24/21, Rz 36; vom 23.07.1969 - I R 134/66, BFHE 96, 403, BStBl II 1969, 664 [Rz 25]; vom 11.04.2019 - III R 36/15, BFHE 264, 470, BStBl II 2019, 705, Rz 27; vom 18.12.2019 - III R 36/17, BFHE 267, 406, BStBl II 2020, 405, Rz 28, m.w.N.).
aaa) Im Zusammenhang mit der Prüfung der Frage, ob die Mitvermietung einer mit dem Gebäude beziehungsweise dem Grundstück fest verbundenen Betriebsvorrichtung als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung anzusehen ist, kann die objektiv-funktionale Beschaffenheit des Gebäudes von (wesentlicher) Bedeutung sein. Denn eine "eigene wirtschaftlich sinnvoll gestaltete Grundstücksverwaltung und -nutzung" wird regelmäßig nur unter Beachtung der objektiv-funktionalen Beschaffenheit des Objekts erfolgen können. Sprechen aus Sicht des Vermieters objektive Umstände wie zum Beispiel Gebäudetypus, Lage, Ausstattung sowie sonstige Eigenarten des Grundstücks für eine bestimmte Art der Nutzung, ist die Frage, ob sich die Mitvermietung einer mit dem Gebäude fest verbundenen Betriebsvorrichtung als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung darstellt, unter Berücksichtigung dieser Gegebenheiten sowie des objektiv-funktionalen Zusammenhangs von Betriebsvorrichtung und Gebäude zu beantworten (vgl. auch BFH-Urteil vom 04.10.2006 - VIII R 48/05, unter II.3.a). Gehört die fest mit dem Gebäude verbundene Betriebsvorrichtung zur typischen und/oder aus technischen beziehungsweise baulichen Gründen durch den Vermieter zu stellenden Infrastruktur eines entsprechenden Objekts, ist die Mitvermietung regelmäßig nicht begünstigungsschädlich, sofern sie die quantitativen Grenzen nicht überschreitet.
bbb) Nicht relevant ist demgegenüber, ob der konkret bestehende Mietvertrag auch ohne die Überlassung der mit dem Gebäude fest verbundenen Betriebsvorrichtung hätte abgeschlossen werden können. Die Annahme eines kürzungsunschädlichen Nebengeschäfts setzt auch nicht voraus, dass die Mitvermietung einer entsprechenden Betriebsvorrichtung die einzig denkbare oder im Vergleich zu sämtlichen Alternativen die wirtschaftlich sinnvollste Grundstücksnutzung darstellt. Ebenso wenig ist Voraussetzung, dass der Vermieter das Gebäude ohne die Betriebsvorrichtung gar nicht vermieten könnte. Ein derart strenger Maßstab ist der Rechtsprechung (hierzu oben unter gg) trotz der Verwendung des Begriffs "zwingend" nicht zu entnehmen. Die Rechtsprechung verlangt nicht, dass die Mietvermietung der Betriebsvorrichtung zwingend notwendig im Sinne von "alternativlos" oder "einzig denkbar" sein muss, denn sie stellt den Begriff "zwingend" in den Zusammenhang mit der "wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung".
hh) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG im Ergebnis zutreffend erkannt, dass die Mitvermietung des Aufzugs Nr. 3 nicht begünstigungsschädlich war.
aaa) Dabei kann der Senat dahingestellt lassen, ob es sich bei dem Aufzug Nr. 3 tatsächlich um einen "typischen Lastenaufzug" und damit um eine Betriebsvorrichtung handelt oder nicht. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, wäre dessen Mitvermietung nicht begünstigungsschädlich, da sie der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes im engeren Sinne dient und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung anzusehen wäre. Die entsprechende Würdigung des FG ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
bbb) Das von der Klägerin vermietete Objekt ist ‑‑ausgehend von den Feststellungen des FG‑‑ nach Größe, Zuschnitt und Ausstattung objektiv-funktional auf den Betrieb eines mehrstöckigen EKZ ausgerichtet. Ausgehend von dieser objektiv-funktionalen Ausrichtung hat das FG die Erforderlichkeit der Mitvermietung des Aufzugs Nr. 3 zur eigenen wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Grundstücksverwaltung und -nutzung zutreffend bejaht. Dabei hat es maßgebend darauf abgestellt, dass in einem mehrstöckigen EKZ der vorliegenden Größe ein entsprechender Lastenaufzug als Teil der essentiellen Infrastruktur anzusehen ist. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal es auch aus baulichen beziehungsweise technischen Gründen ausgeschlossen sein dürfte, dass die Mieter des OG in einem EKZ wie dem vorliegenden jeweils individuell Lastenaufzüge installieren, um einen sachgerechten Warentransport zu der von ihnen gemieteten Fläche sicherzustellen. Letztlich gehört ein für alle Mieter nutzbarer Lastenaufzug zur typischen, bereits aus technischen beziehungsweise baulichen Gründen durch den Vermieter zu stellenden Infrastruktur eines mehrgeschossigen EKZ.
ccc) Das FG ist ebenfalls zutreffend davon ausgegangen, dass die Mitvermietung des Aufzugs Nr. 3 ‑‑unterstellt, es handelt sich um eine Betriebsvorrichtung‑‑ auch in quantitativer Hinsicht die Grenzen eines unbedeutenden Nebengeschäfts nicht überschreitet (vgl. hierzu z.B. BFH-Beschluss vom 17.11.2005 - I B 150/04, BFH/NV 2006, 609; BFH-Urteile vom 22.08.1990 - I R 66/88, BFHE 162, 437, BStBl II 1991, 249; vom 04.10.2006 - VIII R 48/05). Dabei hat es ‑‑ohne dass dies revisionsrechtlich zu beanstanden ist‑‑ sowohl die absolute Höhe der Anschaffungs- beziehungsweise Herstellungskosten des Aufzugs Nr. 3 (rund 100.000 €) als auch die Relation zu den Gesamtanschaffungs- beziehungsweise Herstellungskosten des Objekts (etwa … Mio. €) berücksichtigt.
ddd) Die hiergegen erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.
Soweit das FA meint, es liege kein kürzungsunschädliches Nebengeschäft vor, weil eine alternative Nutzung des OG durch Mieter ohne Warenbewegungen (zum Beispiel Freiberufler) möglich sei, erscheint bereits fraglich, ob entsprechende Mieter tatsächlich ‑‑wie vom FA unterstellt‑‑ nicht auf einen Lastenaufzug angewiesen sind, denn auch Freiberufler benötigen zum Beispiel Material, Arbeitsgeräte und Einrichtungsgegenstände. Darüber hinaus übersieht das FA, dass die Mieterauswahl und -verteilung in einem EKZ nicht an der Warenbewegung orientiert ist oder nach Stockwerken erfolgt. Ein EKZ, in dem "in räumlich konzentrierter Form" Einzelhandelsgeschäfte und Dienstleistungsbetriebe unterschiedlicher Branchen zu finden sind, will ein breites Publikum ansprechen. Es "lockt" Kunden unter anderem mit dem Vorteil, verschiedene Einkäufe bequem verbinden zu können. Dementsprechend erfolgt die Mieterauswahl und -verteilung auf der Grundlage eines Konzepts, das darauf zielt, eine Vielzahl von Kunden anzulocken und die entsprechenden Besucherströme im EKZ optimal zu steuern.
Entgegen der Auffassung des FA kann aus dem BFH-Urteil vom 18.12.2019 - III R 36/17 (BFHE 267, 406, BStBl II 2020, 405, Rz 29 ff.) nichts Gegenteiliges hergeleitet werden. Der BFH hat hier zwar entschieden, die Annahme des (dortigen) FG, wonach die Mitvermietung der Zapfsäulen, Rohrleitungen und Tanks sowie der Bodenbefestigung der Tankstelle nicht zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung war, sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dass diese Entscheidung auf Rechtsgrundsätzen beruht, die von den vorstehend unter II.2.b ff und gg dargelegten Grundsätzen abweichen, kann der Senat jedoch nicht erkennen.
Entgegen der Auffassung des FA führen die unter II.2.b ff und gg dargelegten Grundsätze auch nicht zu einer unzulässigen Ausweitung beziehungsweise Aufweichung des Merkmals der "zwingenden Notwendigkeit einer wirtschaftlich sinnvollen Grundstücksnutzung". Vielmehr eröffnen sie in begründeten Ausnahmefällen die Möglichkeit einer begünstigungsunschädlichen Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen. Dies dient nicht nur der sachgerechten Beurteilung des konkreten Einzelfalls auf der Grundlage objektiver Gegebenheiten, sondern verhindert auch, dass die Beurteilung von hypothetischen ‑‑möglicherweise kaum realitätsgerechten‑‑ Alternativnutzungen abhängig ist.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.