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Beschluss vom 26. November 2025, V B 74/24

Zur mangelnden Darlegung von Zulassungsgründen

ECLI:DE:BFH:2025:B.261125.VB74.24.0

BFH V. Senat

FGO § 115 Abs 2 Nr 1, FGO § 116 Abs 3 S 3, UStG § 15 Abs 4, EGRL 112/2006 Art 174, EGRL 112/2006 Art 175, UStG VZ 2013 , UStG VZ 2014 , UStG VZ 2015 , UStG VZ 2016

vorgehend FG Münster, 29. Oktober 2024, Az: 15 K 3345/20 U

Leitsätze

NV: Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne von § 115 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer eine abstrakte Rechtsfrage, der über den Streitfall hinaus besondere Bedeutung zukommt, aufwirft.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 29.10.2024 - 15 K 3345/20 U wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe

  1. Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), einer Gemeinde, ist unbegründet. Soweit Zulassungsgründe überhaupt im Sinne des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hinreichend dargelegt sind, liegen sie jedenfalls nicht vor.

  2. 1. In Bezug auf die von der Klägerin behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), der Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) oder Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) ist Folgendes zu beachten:

  3. a) Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten, abstrakt beantwortbaren Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar (entscheidungserheblich) und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer mit der einschlägigen Rechtsprechung, insbesondere des Bundesfinanzhofs (BFH), sowie den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen. Dabei sind Ausführungen erforderlich, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 16.07.2024 - XI B 37/23, BFH/NV 2024, 1357, Rz 4; vom 28.04.2025 - V B 1/24, BFH/NV 2025, 1048, Rz 33).

  4. b) Der Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts ist ein Unterfall des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 16.07.2024 - XI B 37/23, BFH/NV 2024, 1357, Rz 3; vom 24.06.2025 - V B 72/23, BFH/NV 2025, 1189, Rz 3). Eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO setzt voraus, dass über bisher ungeklärte Rechtsfragen "zur Fortbildung des Rechts" zu entscheiden ist, insbesondere wenn der Streitfall im allgemeinen Interesse Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 08.05.2020 - V B 95/18, BFH/NV 2020, 1102, Rz 3; vom 17.07.2024 - X B 79/23, BFH/NV 2024, 1144, Rz 13; vom 10.01.2024 - XI B 13/22, BFH/NV 2024, 401, Rz 9).

  5. c) Zur Darlegung einer Divergenz ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (Beschlüsse vom 20.09.2024 - V B 15/23, BFH/NV 2024, 1424, Rz 14, und vom 14.05.2025 - XI B 77/24, BFH/NV 2025, 1061, Rz 8) erforderlich, einen tragenden abstrakten Rechtssatz des angefochtenen Urteils des Finanzgerichts (FG) einerseits sowie einen tragenden abstrakten Rechtssatz einer genau bezeichneten divergierenden Entscheidung andererseits herauszuarbeiten und so gegenüberzustellen, dass die behauptete Abweichung erkennbar wird. Auch dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, ist darzulegen.

  6. 2. Danach ist die Revision weder wegen grundsätzlicher Bedeutung noch zur Rechtsfortbildung und auch nicht wegen einer Divergenz zuzulassen.

  7. a) Die Klägerin, die sich mit ihrer Beschwerdebegründung unter I. insoweit gegen das Urteil des FG wendet, als dieses den von der Klägerin begehrten Vorsteuerabzug aus Leistungsbezügen für die Errichtung eines frei zugänglichen Seeparks verneint hat, obwohl dieser Seepark aus Sicht der Klägerin in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang zu einer steuerpflichtigen Parkplatzüberlassung gegen Entgelt stand, macht ohne Erfolg geltend, dass das FG unter Verstoß gegen die Rechtsprechung des BFH und des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) den unentgeltlichen Betrieb eines Seeparks zu Unrecht von der entgeltlichen Parkflächenüberlassung getrennt habe.

  8. aa) Den Darlegungsanforderungen (s. oben 1.a) wird nicht genügt. Der Vortrag, die Frage der "Vorsteuerberechtigung" und des Umfangs des Vorsteuerabzugs bei Gewährung öffentlicher Zuschüsse sowie die wirtschaftliche Verbindung einzelner Bereiche zu einem unternehmerischen "Gesamtpaket" hätten über den Streitfall hinaus besondere Bedeutung, enthält bereits keine abstrakte Rechtsfrage.

  9. bb) Die Klägerin lässt außerdem außer Betracht, dass dem von ihr angeführten BFH-Urteil vom 20.10.2021 - XI R 10/21 (BFHE 274, 342) die ‑‑von ihr beanstandete, aber auch vom FG angenommene‑‑ Trennung zugrunde liegt.

  10. (1) In diesem Urteil hat der BFH unter Berücksichtigung des ‑‑auch von der Klägerin für ihre Rechtsansicht angeführten‑‑ EuGH-Urteils The Chancellor, Masters and Scholars of the University of Cambridge vom 03.07.2019 - C-316/18 (EU:C:2019:559) entschieden, dass neben dem vollen Vorsteuerabzug für eine steuerpflichtige Parkplatzüberlassung zum Erreichen einer frei zugänglichen Hängeseilbrücke ein nur anteiliger Anspruch auf Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen für die Errichtung dieser Brücke besteht, soweit Besucher anders ‑‑insbesondere mit Reisebussen‑‑ den Ort der Brücke erreichten.

  11. Die Brücke wurde deshalb sowohl zur Vereinnahmung von Parkeinnahmen als auch dafür errichtet, von anderen Besuchern (ohne Nutzung der kostenpflichtigen Pkw-Parkplätze) begangen zu werden (BFH-Urteil vom 20.10.2021 - XI R 10/21, BFHE 274, 342, Rz 49 und 51).

  12. Grundlage für die Gewährung eines ‑‑immerhin anteiligen‑‑ Vorsteuerabzugs für die Errichtung der Hängeseilbrücke war dabei die Annahme, dass die Eingangsleistungen für die Brücke auch in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den Umsätzen aus den im damaligen Fall vereinnahmten Pkw-Parkgebühren standen (BFH-Urteil vom 20.10.2021 - XI R 10/21, BFHE 274, 342, Rz 37).

  13. (2) Eben diesen Zusammenhang hat das FG indes im Streitfall unter ausdrücklicher Bezugnahme auf diese BFH-Rechtsprechung verneint, so dass die Klägerin aus der Parkplatzüberlassung nach dem Urteil des FG kein (anteiliges) Abzugsrecht für die Errichtung des Seeparks ableiten konnte (FG-Urteil, S. 20 bis 23).

  14. (3) Mit ihrer Annahme, dass der Würdigung durch das FG eine willkürliche Trennung von Parkplatzflächen und Seepark zugrunde liegt, die aber tatsächlich in Bezug auf die Trennung zwischen entgeltlicher Parkplatzüberlassung und der Nutzung des anderen frei zugänglichen Gegenstandes ‑‑sei es ein Seepark oder eine Hängeseilbrücke‑‑ der BFH-Rechtsprechung entspricht, wendet sich die Klägerin lediglich gegen die materiell-rechtliche Würdigung des FG in ihrem Einzelfall, dem Streitfall, womit die Revisionszulassung nicht erreicht werden kann.

  15. cc) Im Übrigen wurde eine Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) nicht hinreichend dargelegt.

  16. Zwar hat die Klägerin die BFH-Urteile vom 16.12.2020 - XI R 26/20 (XI R 28/17) (BFHE 272, 240, BStBl II 2024, 146) und vom 20.10.2021 - XI R 10/21 (BFHE 274, 342) als Divergenzentscheidungen benannt und aus ihnen abstrakte Rechtssätze herausgearbeitet. Es hat dem aber keinen abstrakten Rechtssatz des FG derart gegenübergestellt, dass eine Abweichung erkennbar wäre.

  17. b) Die Revision ist entgegen der Beschwerdebegründung unter II.a auch nicht zur Rechtsfortbildung zuzulassen, soweit sich die Klägerin gegen die vom FG für den Seepark ‑‑im Hinblick auf eine teilweise Vermietung von zum Beispiel für Gastronomie vorgesehenen (unbebauten) Flächen‑‑ vorgenommene Vorsteueraufteilung wendet.

  18. aa) Zwar macht sie insoweit im Ausgangspunkt zutreffend geltend, dass nach der BFH-Rechtsprechung bei Anwendung des Umsatzschlüssels zur Schätzung eines "Gesamtumsatzes" Zuschüsse gehören, ‑‑wenn und‑‑ soweit sie den Umfang der nicht steuerbaren (nichtwirtschaftlichen) Tätigkeit eines Unternehmers widerspiegeln (BFH-Urteil vom 06.12.2023 - XI R 33/21, BFHE 283, 159, Rz 66).

  19. Soweit sie aber hieraus ableitet, dass die Zuschüsse im vorliegenden Fall nicht geeignet seien, Anhaltspunkte für den Umfang der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit zu bieten, da "sie nicht den nichtwirtschaftlichen Teil der unternehmerischen Tätigkeiten repräsentieren", fehlt es an Darlegungen, nach welchen anderen Kriterien eine Vorsteueraufteilung vorgenommen werden könnte, der gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) eine dem Unternehmer obliegende Schätzung zugrunde liegt, und ob sich eine derartige Schätzung zum Beispiel nach der Anzahl der Besucher des Seeparks im Verhältnis zu den Besuchern der vermieteten Flächen richten könnte.

  20. bb) Sollte sie mit ihrem Vortrag Klärungsbedarf dahingehend geltend machen, ob aus strukturpolitischen Gründen gezahlte Zuschüsse als Parameter für eine Abgrenzung zwischen einer wirtschaftlichen und einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers herangezogen werden können, wäre dies ‑‑als abstrakte Rechtsfrage wie auch für den Streitfall‑‑ bereits hinreichend geklärt.

  21. (1) Die Klägerin weist in ihrer Beschwerdebegründung bereits selbst darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH bei einer Vorsteueraufteilung zur Abgrenzung der entgeltlichen-wirtschaftlichen Tätigkeit zur unentgeltlichen-nichtwirtschaftlichen Tätigkeit auf Basis eines Umsatzschlüssels zu dem im Rahmen einer Schätzung maßgeblichen "Gesamtumsatz" auch Zuschüsse gehören können, soweit sie den Umfang der nicht steuerbaren (nichtwirtschaftlichen) Tätigkeit des Unternehmers widerspiegeln (vgl. EuGH-Urteil Balgarska natsionalna televizia vom 16.09.2021 - C-21/20, EU:C:2021:743; BFH-Urteile vom 24.09.2014 - V R 54/13, BFH/NV 2015, 364, Rz 35 ff.; vom 20.10.2021 - XI R 10/21, BFHE 274, 342, Rz 46).

  22. (2) Vorsteuerbeträge, die demgegenüber ausschließlich in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen stehen, sind abziehbar. Die Art der Finanzierung solcher Eingangsleistungen, sei es durch Einnahmen aus der wirtschaftlichen Tätigkeit oder durch Zuschüsse aus dem Staatshaushalt, ist für die Feststellung, ob ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, ohne Belang (vgl. EuGH-Urteil Balgarska natsionalna televizia vom 16.09.2021 - C-21/20, EU:C:2021:743, Rz 52; BFH-Urteile vom 06.12.2023 - XI R 33/21, BFHE 283, 159, Rz 67; vom 17.04.2024 - XI R 13/21, BStBl II 2024, 801, Rz 81). Subventionen können den vollen Vorsteuerabzug in diesem Bereich nicht beschränken (vgl. auch EuGH-Urteile Kommission/Spanien vom 06.10.2005 - C-204/03, EU:C:2005:588, Rz 25 ff.; Kommission/Frankreich vom 06.10.2005 - C-243/03, EU:C:2005:589, Rz 29, 32 ff.; Varzim Sol vom 16.02.2012 - C-25/11, EU:C:2012:94, Rz 42).

  23. Voraussetzung ist hierfür aber, wie der BFH in seinem Urteil vom 17.04.2024 - XI R 13/21 (BStBl II 2024, 801, Rz 81) entschieden hat, dass mangels einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit ein ausschließlicher direkter und unmittelbarer Zusammenhang zu steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen besteht. Daran fehlt es im Streitfall, in dem das FG zutreffend von einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit im Hinblick auf die freie Zugänglichkeit des Seeparks ausgegangen ist. Weitergehenden abstrakten Klärungsbedarf zeigt die Klägerin insoweit nicht auf.

  24. c) Die Revision ist entgegen der Beschwerdebegründung unter II.b auch nicht zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, um zu klären, für welchen Zeitraum bei einer Vorsteueraufteilung für eine entgeltlich-wirtschaftliche Tätigkeit und eine unentgeltlich-nichtwirtschaftliche Tätigkeit Zuschüsse zu berücksichtigen sind.

  25. aa) Die Beschwerde bringt hierzu vor, dass das FG seiner Beurteilung analog zu § 15a Abs. 1 UStG einen Zeitraum von 10 Jahren zugrunde gelegt habe, so dass zur Bestimmung des abziehbaren Vorsteueranteils 1/10 der Zuschüsse in das Verhältnis zu den entgeltlichen Jahresumsätzen aus der Vermietung von Seeparkflächen (ohne Einbeziehung der Parkplatzüberlassung) gesetzt worden sei, wobei das FG dies nicht näher begründet habe. Dabei sei außer Betracht geblieben, dass der Bindungszeitraum für die öffentlichen Zuschüsse 20 Jahre betragen habe. lnfolgedessen müsse sich auch der Betrachtungszeitraum auf diese 20 Jahre beziehen mit der Folge, dass die jährlichen Vermietungsumsätze im Seepark nur mit 1/20 der Zuschüsse ins Verhältnis gesetzt werden dürften, so dass dann ein deutlich höherer Prozentsatz für die wirtschaftliche Tätigkeit anzusetzen wäre.

  26. bb) Insoweit fehlt es an hinreichenden Darlegungen, weshalb die Zuschüsse auf einen Zeitraum von 20 Jahren zu verteilen sein sollten. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass bei Anwendung eines Umsatzschlüssels zu dem im Rahmen einer Schätzung des maßgeblichen Gesamtumsatzes auch Zuschüsse gehören, soweit sie den Umfang der nicht steuerbaren (nichtwirtschaftlichen) Tätigkeit eines Unternehmers widerspiegeln (BFH-Urteile vom 20.10.2021 - XI R 10/21, BFHE 274, 342, Rz 52, und vom 06.12.2023 - XI R 33/21, BFHE 283, 159, Rz 66). Der von der Klägerin für ihre Auffassung angeführte Bindungszeitraum für die öffentlichen Zuschüsse lässt insoweit aber nicht ansatzweise erkennen, weshalb dieser den Umfang der nicht steuerbaren (nichtwirtschaftlichen) Tätigkeit eines Unternehmers widerspiegeln sollte. Insoweit wäre darzulegen gewesen, welche Sachgründe zur Bindungsfrist führten und weshalb diese ‑‑trotz Art. 174 und 175 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuersystemrichtlinie)‑‑ für die hier streitige Fragestellung in Bezug auf das vorstehende Kriterium von Bedeutung sein sollten.

  27. cc) Zudem lässt die Beschwerde außer Betracht, dass das FG nicht die Vermietungsumsätze in den Jahren 2017 bis 2019 von lediglich 4.000 bis 6.500 € als maßgeblich angesehen hat, sondern stattdessen unter Verstoß gegen den Grundsatz des Sofortabzugs (BFH-Urteil vom 05.09.2024 - V R 21/23, BStBl II 2025, 38, Rz 33) auf die Verhältnisse des Jahres 2022 mit einem Vermietungsumsatz von über 31.000 € abgestellt hat, obwohl es um einen Vorsteuerabzug in den Jahren 2013 bis 2016 für eine im Jahr 2017 abgeschlossene Baumaßnahme geht.

  28. Soweit dem FG mit seinen gegenteiligen Überlegungen zur in 2020 eingesetzten Pandemie, die allenfalls die Verhältnisse ab diesem Jahr betreffen können, nicht aber entsprechend den Erfordernissen des Sofortabzugs die Erstverwendung oder eine hierauf bezogene Absicht ein Rechtsfehler unterlaufen sein sollte, wäre dem in einem Revisionsverfahren nicht nachzugehen. Denn ein derartiger Rechtsfehler wirkt sich zugunsten der Klägerin aus, so dass diese Frage wegen des im gerichtlichen Verfahren gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO geltenden Verschlechterungsverbots (Verbot der reformatio in peius) in einem Revisionsverfahren nicht klärbar wäre (BFH-Urteile vom 22.01.2020 - XI R 26/19 (XI R 5/17), BFHE 268, 337, BStBl II 2020, 421, Rz 22; vom 14.03.2024 - V R 51/20, BFHE 284, 330, Rz 59; vom 18.10.2023 - XI R 21/23 (XI R 30/19), BFHE 283, 110, Rz 24). Da der Beklagte und Beschwerdegegner (Finanzamt) gegen die Nichtzulassung der Revision durch das der Klage teilweise stattgebende Urteil keine Beschwerde eingelegt hat, kommt es in diesem Zusammenhang auf die bloße Möglichkeit, nach der Revisionszulassung eine Anschlussrevision einzulegen (§ 155 FGO i.V.m. § 554 der Zivilprozessordnung), nicht an.

  29. 3. Auch die weiteren Einwendungen greifen nicht durch.

  30. a) Mit der Rüge, das Urteil verstoße gegen Denkgesetze, wird kein Zulassungsgrund dargelegt.

  31. Ein derartiger Verstoß wäre, so er denn vorläge, dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt des Vorliegens eines Verfahrensfehlers entzogen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 31.01.2019 - V B 99/16, BFH/NV 2019, 409, Rz 23; vom 26.11.2020 - VI B 29/20, BFH/NV 2021, 443, Rz 13; vom 07.03.2025 - XI B 25/24, BFH/NV 2025, 529, Rz 12).

  32. b) Auch der Vortrag, das FG habe sich verfahrensfehlerhaft in seinen Urteilsgründen nicht mit den von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen beschäftigt, den wesentlichen Kern des Vortrags der Klägerin nicht beachtet und das rechtliche Gehör dadurch verletzt, dass es trotz Frage der Klägerin mit der Klägerin nicht in der mündlichen Verhandlung erörtert habe, worin denn die "erheblichen Zweifel" an der wirtschaftlichen Einheit der Maßnahmen bestehe, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg.

  33. aa) Soweit die Klägerin damit einen Verstoß gegen die Begründungspflicht (§ 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO) geltend macht, muss das FG nicht auf alle Einzelheiten des Sachverhalts und auf jede von den Beteiligten angestellte Erwägung näher eingehen (vgl. BFH-Urteil vom 14.11.2018 - XI R 32/17, BFH/NV 2019, 280, Rz 22; BFH-Beschluss vom 28.08.2023 - V B 44/22, BFHE 282, 67, Rz 11). Eine zu kurze, lücken- oder fehlerhafte Urteilsbegründung ist kein Verfahrensfehler im Sinne von § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 119 Nr. 6 FGO (vgl. dazu z.B. BFH-Beschlüsse vom 10.01.2024 - XI B 13/22, BFH/NV 2024, 401, Rz 14; vom 13.08.2024 - VIII B 59/23, BFH/NV 2024, 1327, Rz 17). Nicht ausreichend ist auch, dass die Urteilsbegründung nicht den Erwartungen eines Beteiligten entspricht, (aus seiner Sicht) nicht überzeugend oder äußerst knappgehalten ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 11.12.2013 - XI B 33/13, BFH/NV 2014, 714, Rz 17; vom 26.11.2024 - VIII B 79/23, BFH/NV 2025, 176, Rz 32). Ein Urteil enthält erst dann keine hinreichenden Entscheidungsgründe, wenn die Urteilsgründe ganz oder zum Teil fehlen und sie den Prozessbeteiligten keine Kenntnis darüber vermitteln, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Urteil beruht (vgl. BFH-Beschluss vom 28.04.2025 - V B 1/24, BFH/NV 2025, 1048, Rz 13), wenn den Beteiligten in Bezug auf einen wesentlichen Streitpunkt die Möglichkeit entzogen wäre, die getroffene Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (vgl. BFH-Beschluss vom 02.07.2021 - V B 34/20, BFH/NV 2021, 1523, Rz 9), oder wenn das FG einen selbständigen Anspruch oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergeht oder einen bestimmten Sachverhaltskomplex überhaupt nicht berücksichtigt hätte (vgl. BFH-Beschluss vom 28.04.2025 - V B 30/23, BFH/NV 2025, 886, Rz 12). All dies ist nach Auffassung des Senats vorliegend ersichtlich nicht der Fall.

  34. bb) Mit dem Vortrag wird möglicherweise auch behauptet, dass das FG nicht aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens entschieden habe. Dies ist nicht hinreichend dargelegt.

  35. (1) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das Gericht insbesondere den Inhalt der vorgelegten Akten und das Vorbringen der Prozessbeteiligten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen. Daher dürfen weder nach den Akten klar feststehende Tatsachen noch sonstige Teile des Gesamtergebnisses des Verfahrens unberücksichtigt bleiben (vgl. BFH-Urteil vom 13.02.2014 - V R 5/13, BFHE 245, 92, BStBl II 2017, 846, Rz 24; BFH-Beschlüsse vom 22.03.2011 - X B 7/11, BFH/NV 2011, 1005, Rz 8; vom 27.07.2020 - V B 78/18, BFH/NV 2020, 1091, Rz 3).

  36. (2) Die Darlegung eines derartigen Verstoßes erfordert, unter genauer Angabe der jeweiligen Schriftstücke und Seitenzahlen, sich aus den Akten ergebende wesentliche Tatumstände zu benennen, die das FG nicht berücksichtigt hat, und darzulegen, dass die Entscheidung unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des FG auf der Nichtberücksichtigung dieser Aktenteile beruhen kann (BFH-Beschlüsse vom 20.04.2021 - XI B 39/20, BFH/NV 2021, 1209, Rz 25; vom 07.04.2025 - V B 7/24, BFH/NV 2025, 710, Rz 10), woran es hier fehlt.

  37. c) Mit dem Hinweis darauf, dass das FG trotz Nachfrage mit der Klägerin nicht erörtert habe, worin denn die "erheblichen Zweifel" des FG an der wirtschaftlichen Einheit der Maßnahmen bestehen, wird keine Verletzung rechtlichen Gehörs dargelegt. Ein Gericht ist nicht dazu verpflichtet, vor seiner Entscheidungsfindung seine Rechtsansicht mündlich oder schriftlich mitzuteilen beziehungsweise die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte und Rechtsfragen im Voraus anzudeuten oder sogar umfassend zu erörtern (vgl. BFH-Urteil vom 12.03.2020 - V R 5/17, BFHE 268, 415, BStBl II 2021, 55, Rz 67; BFH-Beschluss vom 26.04.2018 - XI B 117/17, BFH/NV 2018, 953, Rz 24). Auch das vorläufige Ergebnis seiner Gesamtwürdigung einzelner Umstände muss es nicht im Voraus offenlegen (BFH-Beschlüsse vom 28.02.2014 - V B 76/13, BFH/NV 2014, 900, Rz 8; vom 07.03.2023 - VI B 4/22, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2023, 669, Rz 21).

  38. 4. Von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weitergehenden Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

  39. 5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

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