ECLI:DE:BFH:2025:U.081025.IIR33.23.0
BFH II. Senat
GrEStG § 1 Abs 2a, GrEStG § 6a S 1, GrEStG § 6a S 2, GrEStG § 6a S 3, GrEStG § 6a S 4, GG Art 3 Abs 1
vorgehend Sächsisches Finanzgericht , 09. November 2023, Az: 2 K 939/20
Leitsätze
Der nach § 1 Abs. 2a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) steuerbare Wechsel im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft aufgrund der Einbringung sämtlicher Anteile einer mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft in eine neu gegründete Kapitalgesellschaft ist nicht nach § 6a GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit, wenn der Einbringende nicht innerhalb von fünf Jahren vor der Einbringung zu mindestens 95 % an der anteilsaufnehmenden Kapitalgesellschaft beteiligt war.
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 09.11.2023 - 2 K 939/20 aufgehoben.
Die Sache wird an das Sächsische Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
I.
Die Klägerinnen und Revisionsbeklagten zu 1. und 2. (Klägerinnen zu 1. und 2.) sind Kommanditgesellschaften, an denen als persönlich haftender Gesellschafter jeweils eine ausländische Gesellschaft nach dem Recht des Staates X beteiligt ist. Sie sind Eigentümerinnen von in der Bundesrepublik Deutschland belegenem Grundbesitz.
Sämtliche Anteile am Gesellschaftsvermögen der Klägerinnen zu 1. und 2. hält ‑‑über zwischengeschaltete Beteiligungsgesellschaften‑‑ die D-Company. Die D-Company ist eine Kapitalgesellschaft ausländischen Rechts, an der die Regierung des Staates Z sämtliche Anteile hält.
Mit dem zum 19.01.2017 in Kraft getretenen Gesetz "… No. 2 of 2017" wurde die I-Company als weitere Kapitalgesellschaft ausländischen Rechts gegründet (vgl. Art. 2). Zur alleinigen Anteilseignerin der I-Company wurde die Regierung des Staates Z bestimmt. Im Gegenzug sah das Gesetz die Einbringung sämtlicher Anteile der Regierung des Staates Z an der D-Company in die I-Company vor (vgl. Art. 11).
Nach Anzeige des Anteilsübergangs durch die Klägerinnen zu 1. und 2. setzte der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) mit Bescheiden jeweils vom 12.02.2018 gemäß § 1 Abs. 2a des Grunderwerbsteuergesetzes in der für den Streitfall maßgeblichen Fassung (GrEStG) Grunderwerbsteuer in Höhe von … € gegenüber der Klägerin zu 1. und in Höhe von … € gegenüber der Klägerin zu 2. fest.
Die Bemessung der Grunderwerbsteuer erfolgte gemäß der vom zuständigen Feststellungsfinanzamt gesondert und einheitlich festgestellten Grundbesitzwerte gemäß § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 157 Abs. 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes.
Aufgrund geänderter Feststellungen änderte das FA die Grunderwerbsteuerfestsetzung für die Klägerin zu 1. mit Bescheid vom 16.05.2018 und setzte die Grunderwerbsteuer auf … € herab.
Die Einsprüche der Klägerinnen zu 1. und 2. wies das FA mit Einspruchsentscheidungen jeweils vom 23.07.2020 als unbegründet zurück. Die Gewährung der Steuervergünstigung des § 6a GrEStG versagte das FA mit der Begründung, die Vorbehaltensfrist nach § 6a Satz 4 GrEStG sei nicht eingehalten worden.
Mit den hiergegen erhobenen Klagen verfolgten die Klägerinnen zu 1. und 2. ihr Begehren auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide im Hauptantrag weiter. Hilfsweise beantragten sie, dass die Gebäude auf fremdem Boden auf einzelnen Grundstücken bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nicht berücksichtigt werden.
Das Finanzgericht (FG) gab nach der Verbindung der Verfahren der Klage im Hauptantrag statt. Es war der Auffassung, § 6a Satz 4 GrEStG stehe der Gewährung der Steuervergünstigung nicht entgegen. Die Vorbehaltensfrist sei im Streitfall zwar nicht eingehalten worden. Der Gesetzgeber habe Umstrukturierungen im Konzern aber begünstigen wollen. Die Beschränkung auf Konzernsachverhalte im Rahmen von § 6a GrEStG diene der Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen. Vorliegend sei eine missbräuchliche Gestaltung unter Berücksichtigung der Beteiligungsverhältnisse vor und nach der Einbringung nicht erkennbar. Über den Hilfsantrag, mit dem die Klägerinnen zu 1. und 2. beantragten, die Grunderwerbsteuerbescheide dahingehend zu ändern, dass die Gebäude auf fremdem Boden auf den Grundstücken der Klägerinnen zu 1. und 2. bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht berücksichtigt werden, hat das FG nicht entschieden. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2024, 1429 veröffentlicht.
Mit der gegen das FG-Urteil erhobenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Das FG habe zu Unrecht nicht danach differenziert, ob es rechtlich möglich gewesen sei, die Vorbehaltensfrist nach § 6a Satz 4 GrEStG einzuhalten, sondern habe sich allein von dem gesetzgeberischen Ziel leiten lassen, wonach Umstrukturierungen innerhalb eines Konzerns erleichtert werden sollten. Das FG habe zudem verkannt, dass es nicht darauf ankomme, ob im Einzelfall eine missbräuchliche Gestaltung vorliege.
Soweit die Nichteinhaltung der Behaltensfristen in der Rechtsprechung als unschädlich angesehen worden sei, betreffe dies Fallgestaltungen, in denen die Fristen aus umwandlungsrechtlichen Gründen nicht eingehalten werden könnten, etwa wenn der übernehmende Rechtsträger erst durch den Umwandlungsvorgang entstehe oder der abgebende Rechtsträger durch den Umwandlungsvorgang untergehe. Anders sei dies bei einer Einbringung, da diese keinem dem Umwandlungsgesetz (UmwG) vergleichbaren rechtlichen Korsett unterliege. Die Regelungen zur Ausgestaltung der Einbringung einschließlich der zeitlichen Gestaltung stünden zur Disposition der Beteiligten. Allein aus der Aufnahme einer Einbringung in den Tatbestand des § 6a GrEStG könne nicht auf den Willen des Gesetzgebers geschlossen werden, Einbringungen in eine kurz zuvor gegründete Gesellschaft zu begünstigen.
Das FA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.Die Klägerinnen zu 1. und 2. beantragen,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.Das FG habe sich bei seiner Entscheidung zu Recht an dem Sinn und Zweck des § 6a GrEStG orientiert, Umstrukturierungen in einem Konzern zu erleichtern und planungssicher zu gestalten. Im Streitfall sei die Einhaltung der Vorbehaltensfrist zwar möglich gewesen, es sei jedoch zu berücksichtigen, dass mit der Umstrukturierung das Ziel verfolgt worden sei, Vermögen aus einem herrschenden Unternehmen auf eine abhängige Gesellschaft zu übertragen, die erst im Zuge des einheitlichen Einbringungsvorgangs neu entstanden sei.
Die Anwendung der Begünstigung des § 6a GrEStG sei auch im Lichte von Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) geboten, da anderenfalls Unternehmen entgegen dem Gesetzeszweck gezwungen seien, auf eine kostenintensivere Ausgliederung/Abspaltung zur Neugründung auszuweichen. Sofern sich die Einbringung zur Neugründung wie im Streitfall in einem homogenen Konzern ohne Beteiligung eines Dritten vollziehe, seien Mitnahmeeffekte, die eine ausnahmslose Anwendung der Fünfjahresfrist des § 6a Satz 4 GrEStG rechtfertigen könnten, denklogisch ausgeschlossen.
Der Argumentation des FA sei entgegenzuhalten, dass eine Ausgliederung und die Einbringung zur Neugründung zu derselben Zielstruktur führten. In beiden Fällen bleibe der Grundbesitz in der Konzernstruktur erhalten. Bei einer Ausgliederung zur Neugründung erhalte der übertragende Rechtsträger Anteile an dem neuen Rechtsträger. Bei der Einbringung zur Neugründung sei dies ebenfalls der Fall, da das herrschende Unternehmen sämtliche Anteile an der neu gegründeten Gesellschaft erhalten und ihr Vermögen in diese eingebracht habe.
Das Urteil des FG Nürnberg vom 25.04.2024 - 4 K 990/22 (EFG 2024, 2053) sei nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Im Streitfall sei die Einbringung auf den Zeitpunkt der Errichtung der I-Company erfolgt, so dass eine Einbringung zur Neugründung vorliege. Die Einbringung beruhe auf einer gesetzlichen Grundlage. Es habe keine Dispositionsbefugnis in Bezug auf den Zeitpunkt der Gründung und der Einbringung bestanden. Die Situation sei daher mit den vom Bundesfinanzhof (BFH) bereits entschiedenen Fällen vergleichbar, in denen die Einhaltung der Vorbehaltensfrist aus Gründen der Umwandlung nicht möglich gewesen sei.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten und unterstützt das FA. Es verweist im Wesentlichen darauf, dass bei einer Einbringung von Anteilen in eine zuvor gegründete Gesellschaft die Vorbehaltensfrist grundsätzlich eingehalten werden könne. Hierdurch unterscheide sich die Einbringung von solchen Umwandlungsvorgängen, bei denen die Fristen des § 6a Satz 4 GrEStG aus Rechtsgründen nicht gewahrt werden könnten. Fristen, auf die die an dem Umwandlungsvorgang beteiligten Rechtsträger einwirken und insoweit gestalten könnten, müssten auch unter Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung weiterhin eingehalten werden.
Das BMF hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG. Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass für die nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbare Einbringung der Anteile an der D-Company in die I-Company die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG erfüllt sind.
1. Die Einbringung von 100 % der Anteile an der D-Company in die I-Company erfüllt den Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG.
a) Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Die Änderung des Gesellschafterbestandes nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG kann in einem einzelnen Rechtsvorgang oder in Teilakten über einen Zeitraum von längstens fünf Jahren erfolgen (BFH-Urteile vom 17.06.2020 - II R 18/17, BFHE 270, 252, BStBl II 2021, 318; vom 25.09.2024 - II R 46/22, BStBl II 2025, 329).
b) Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten gemäß § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG die Sätze 4 und 5. Danach gilt eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 95 % der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt dies auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Ein vertikales Hindurchrechnen der Beteiligungen wie bei Personengesellschaften (§ 1 Abs. 2a Satz 2 GrEStG) ist nicht vorgesehen (BFH-Urteil vom 31.07.2024 - II R 28/21, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2025, 216, m.w.N.).
c) Nach diesen Grundsätzen hat das FG zutreffend erkannt, dass sich mit Wirkung zum 19.01.2017 der mittelbare Gesellschafterbestand der Klägerinnen zu 1. und 2. im Sinne des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG geändert hat. Aufgrund der Einbringung von 100 % der Anteile an der D-Company in die I-Company durch das am 19.01.2017 in Kraft getretene Gesetz "… No. 2 of 2017" gilt die mittelbar an den Klägerinnen zu 1. und 2. beteiligte D-Company gemäß § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG als neue Gesellschafterin der Klägerinnen zu 1. und 2. Zwar blieb die Regierung des Staates Z auch nach der Einbringung ihrer Anteile an der D-Company in die I-Company auf der obersten Beteiligungsebene weiterhin zu 100 % (mittelbar) an den Klägerinnen zu 1. und 2. beteiligt. Für die Beurteilung der Frage, ob eine an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligte Kapitalgesellschaft als neue Gesellschafterin im Sinne des § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG gilt, weil an ihr mindestens 95 % der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen, ist jedoch nur auf die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft selbst abzustellen. Die Übertragung von mindestens 95 % der Anteile ist auch dann nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbar, wenn der Altgesellschafter nach der Übertragung der Anteile weiterhin mittelbar in vollem Umfang an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt bleibt (vgl. BFH-Urteile vom 29.02.2012 - II R 57/09, BFHE 237, 244, BStBl II 2012, 917; vom 31.07.2024 - II R 28/21, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2025, 216, m.w.N.).
2. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbare Einbringung nicht nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG von der Steuer befreit ist.
a) Beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand wird nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG die Steuer nicht erhoben, soweit Anteile der Gesellschafter am Vermögen der erwerbenden Gesamthand den jeweiligen Anteilen dieser Gesellschafter am Vermögen der übertragenden Gesamthand entsprechen. Die Vorschrift findet auch auf nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbare Erwerbsvorgänge Anwendung, da bei wesentlichen Änderungen im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft der Übergang der Grundstücke auf eine "neue" Personengesellschaft fingiert wird. Dies gilt auch in den Fällen, in denen sich, wie im Streitfall, der Gesellschafterbestand der grundbesitzenden Personengesellschaft nur mittelbar ändert (vgl. Viskorf in Viskorf, Grunderwerbsteuergesetz, 21. Aufl., § 6 Rz 53, m.w.N.).
b) § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG ist im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2a GrEStG jedoch einschränkend auszulegen. Würde für die Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG im Fall eines fiktiven Grundstücksübergangs nach § 1 Abs. 2a GrEStG allein auf die unmittelbare Beteiligung der Gesellschafter der neuen Personengesellschaft abgestellt, so würden zugleich alle mittelbaren Änderungen im Gesellschafterbestand, die von § 1 Abs. 2a GrEStG als steuerbar erfasst werden, durch die gegenläufige Begünstigung aus § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG wieder neutralisiert. Letzteres ist vom Gesetzgeber offensichtlich nicht beabsichtigt. Dementsprechend gelten Kapitalgesellschaften, die durch die Änderung ihrer Beteiligungsverhältnisse um mindestens 95 % als Neugesellschafter anzusehen sind, im Rahmen der Anwendung von § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG als nicht am Vermögen der ‑‑fiktiv‑‑ neuen Gesamthandsgemeinschaft beteiligt. Anderenfalls liefe der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2a GrEStG in diesen Fällen wegen der gegenläufigen Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG generell leer (BFH-Urteil vom 29.02.2012 - II R 57/09, BFHE 237, 244, BStBl II 2012, 917, Rz 19, m.w.N.; vgl. auch Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 05.03.2024, BStBl I 2024, 410, Rz 20).
c) Nach diesen Grundsätzen hat das FG die Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG zu Recht abgelehnt.
aa) Für die Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG kommt es nicht darauf an, dass der unmittelbare Gesellschafterbestand der Klägerinnen zu 1. und 2. von der Einbringung der Anteile an der D-Company in die I-Company unberührt blieb und damit auf der unmittelbaren Beteiligungsebene Beteiligungsgleichheit gewährleistet war. Entscheidend ist, dass die D-Company, die aufgrund des vollständigen Wechsels ihres unmittelbaren Gesellschafterbestandes als Neugesellschafterin der Klägerinnen zu 1. und 2. anzusehen ist (§ 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG), nicht mehr im Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG am Vermögen der fiktiv neuen Gesamthandsgemeinschaft beteiligt war.
bb) Der Umstand, dass die Regierung des Staates Z auch nach der Einbringung der Anteile an der D-Company in die I-Company auf der obersten Beteiligungsebene weiterhin (mittelbar) an den Klägerinnen zu 1. und 2. beteiligt blieb, genügt, wie das FG zu Recht erkannt hat, ebenfalls nicht für eine Anwendung von § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG. Denn für Zwecke des § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG kann nicht durch eine Kapitalgesellschaft auf die dahinterstehenden ‑‑mittelbar‑‑ Beteiligten "durchgeschaut" werden (vgl. BFH-Urteil vom 29.02.2012 - II R 57/09, BFHE 237, 244, BStBl II 2012, 917, Rz 20).
3. Das FG hat jedoch zu Unrecht angenommen, dass für den nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbaren Einbringungsvorgang die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG erfüllt sind.
a) Gemäß § 6a Satz 1 GrEStG wird für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, Abs. 2, 2a, 3 oder Abs. 3a GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG, einer Einbringung oder eines anderen Erwerbsvorgangs auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage die Steuer nicht erhoben. Gemäß § 6a Satz 3 GrEStG gilt die Steuerbegünstigung nach § 6a Satz 1 GrEStG nur, wenn an dem Vorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind. Im Sinne von § 6a Satz 3 GrEStG abhängig ist eine Gesellschaft, an deren Kapital oder Gesellschaftsvermögen das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang (Vorbehaltensfrist) und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang (Nachbehaltensfrist) unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95 % ununterbrochen beteiligt ist (§ 6a Satz 4 GrEStG).
b) Diese Voraussetzungen sind entgegen der Auffassung des FG im Streitfall nicht erfüllt. Dabei kann offenbleiben, ob die Einbringung der Anteile an der D-Company in die I-Company, die auf gesetzlicher Grundlage nach ausländischem Recht vollzogen wurde, überhaupt als begünstigungsfähiger Rechtsvorgang im Sinne des § 6a Satz 1 GrEStG anzusehen ist, der ausdrücklich nur Umwandlungen nach dem deutschen Umwandlungsgesetz oder aufgrund des Rechts eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, erfasst, und ob sich die Anwendung möglicherweise aus Art. 23 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und … zur Vermeidung der Doppelbesteuerung … ergibt.
Die Anwendung des § 6a GrEStG scheitert im Streitfall jedenfalls daran, dass an dem Einbringungsvorgang entgegen den Anforderungen aus § 6a Satz 3 und 4 GrEStG nicht ausschließlich ein herrschendes und eine von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaft beteiligt waren.
aa) Beteiligt an dem steuerbaren Einbringungsvorgang vom 19.01.2017 waren die Regierung des Staates Z als anteilsabgebender Rechtsträger und die I-Company als anteilsaufnehmende Gesellschaft. Die I-Company ist jedoch keine von der Regierung des Staates Z im Sinne des § 6a Satz 3 GrEStG abhängige Gesellschaft. Zwar erwarb die Regierung des Staates Z im Gegenzug für die Einbringung der Anteile an der D-Company in die I-Company sämtliche Anteile an der I-Company und war damit deren alleinige Anteilseignerin. Sie hielt die Beteiligung an der I-Company im Einbringungszeitpunkt allerdings erst seit deren Gründung am 19.01.2017 und damit nicht, wie von § 6a Satz 3 und 4 GrEStG gefordert, für einen Zeitraum von fünf Jahren.
bb) Auf die Einhaltung der fünfjährigen Vorbehaltensfrist kann im Streitfall nicht nach den in den BFH-Urteilen vom 21.08.2019 - II R 16/19 (II R 36/14) ‑‑BFHE 266, 335, BStBl II 2020, 333‑‑ und vom 25.09.2024 - II R 2/22 (BStBl II 2025, 253) aufgestellten Rechtsgrundsätzen verzichtet werden.
(1) Der BFH hat in den genannten Urteilen entschieden, dass bei einer Ausgliederung zur Neugründung gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG die in § 6a Satz 4 GrEStG genannten Fristen nur insoweit eingehalten werden müssen, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden können. Bei einer Ausgliederung zur Neugründung kann die Vorbehaltensfrist umwandlungsbedingt nicht eingehalten werden, weil die neu gegründete Gesellschaft erst durch die Ausgliederung entsteht (BFH-Urteil vom 25.09.2024 - II R 2/22, BStBl II 2025, 253; BFH-Beschluss vom 03.05.2023 - II B 27/22, BFH/NV 2024, 920; gleicher Ansicht die Finanzverwaltung in den Gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder zur Anwendung des § 6a GrEStG vom 25.05.2023, BStBl I 2023, 995, Tz. 3.2.2.1).
(2) Diese Rechtsgrundsätze lassen sich entgegen der Auffassung des FG nicht auf den Streitfall übertragen. Anders als bei einer Ausgliederung zur Neugründung, bei der die neu gegründete Gesellschaft rechtlich erst durch den Umwandlungsvorgang entsteht, ist es bei einer Einbringung von Anteilen in eine zuvor gegründete Gesellschaft rechtlich möglich, dass das herrschende Unternehmen an der abhängigen Gesellschaft innerhalb von fünf Jahren vor dem Einbringungsvorgang beteiligt ist. Zwar fallen im Streitfall der Zeitpunkt der Gründung der I-Company und der Zeitpunkt der Einbringung der Anteile an der D-Company in die I-Company aufgrund der Regelungen in Art. 11 des Gesetzes "… No. 2 of 2017" auf denselben Tag, nämlich den 19.01.2017. Allerdings handelt es sich nicht um einen einheitlichen Einbringungsvorgang aus Rechtsgründen, bei dem die I-Company selbst als neue Gesellschaft zwangsläufig erst als Folge der Einbringung entsteht. Vielmehr erfolgte die Gründung der I-Company gemäß Art. 2 des Gesetzes "… No. 2 of 2017" eigenständig und getrennt von dem Einbringungsvorgang, der unabhängig von der Gründung der I-Company in Art. 11 des Gesetzes "… No. 2 of 2017" geregelt wurde. Dass der Tag der Gründung der I-Company mit der Einbringung der Anteile an der D-Company in die I-Company aus Rechtsgründen denknotwendig zusammenfallen muss, ist nicht erkennbar und wird auch von den Klägerinnen zu 1. und 2. nicht geltend gemacht. Eine solche zeitliche Verknüpfung wurde durch die Regelung beider Vorgänge in dem Gesetz "… No. 2 of 2017" zwar im Ergebnis hergestellt, eine zwingende Rechtsfolge des Einbringungsvorgangs ist dies jedoch nicht. Die vorliegende Fallkonstellation ist daher nicht mit den vom BFH entschiedenen Fallgestaltungen vergleichbar, in denen die Vorbehaltensfrist aus Rechtsgründen nicht eingehalten werden kann.
cc) Unerheblich ist entgegen der Auffassung des FG auch, dass bei einer Einbringung innerhalb eines Konzerns ein Missbrauch der Steuerbefreiung ausgeschlossen ist. Die vom FG vorgenommene Auslegung des § 6a GrEStG in der Weise, dass im Einzelfall eine Missbrauchsprüfung durchzuführen ist, ist im Gesetzeswortlaut nicht angelegt. Der Gesetzgeber wollte bei der Einführung der Vorbehaltens- und Nachbehaltensfristen zwar ungewollte Mitnahmeeffekte verhindern (vgl. BTDrucks 17/147, S. 10). Daraus lässt sich aber nicht schließen, dass auf die Einhaltung der Vorbehaltensfrist immer dann verzichtet werden kann, wenn aufgrund einer konzerninternen Gestaltung ein Missbrauch nicht erkennbar ist. Der Verzicht auf die Einhaltung der in § 6a Satz 4 GrEStG normierten Fristen muss einen Anknüpfungspunkt in der Systematik der Vorschrift haben (vgl. BFH-Urteil vom 21.08.2019 - II R 16/19 (II R 36/14), BFHE 266, 335, BStBl II 2020, 333, Rz 28). Ein solcher besteht nur, wenn die Einhaltung der Vorbehaltensfrist wie bei der Ausgliederung zur Neugründung umwandlungsbedingt nicht möglich ist, weil die neu gegründete Gesellschaft erst durch die Ausgliederung entsteht. Daran fehlt es hier.
4. In der unterschiedlichen Behandlung der Ausgliederung zur Neugründung und der Einbringung von Geschäftsanteilen in eine neu gegründete Gesellschaft in Bezug auf die Einhaltung der Vorbehaltensfrist nach § 6a Satz 4 GrEStG liegt keine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG.
a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen, weshalb auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird, grundsätzlich untersagt ist (vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts ‑‑BVerfG‑‑ vom 11.01.2005 - 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164; vom 21.06.2006 - 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, m.w.N.). Der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung nicht finden lässt oder eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Belastung rechtfertigen können (vgl. zuletzt BVerfG-Urteil vom 26.03.2025 - 2 BvR 1505/20, Deutsches Steuerrecht 2025, 761).
b) Danach liegt ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht vor. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen zu 1. und 2. unterscheiden sich die Ausgliederung zur Neugründung einerseits und die Einbringung von Geschäftsanteilen in eine neu gegründete Gesellschaft andererseits in rechtserheblicher Weise dadurch, dass bei einer Ausgliederung zur Neugründung der aufnehmende Rechtsträger durch den Umwandlungsvorgang rechtlich erst entsteht, während im Fall der Einbringung die Geschäftsanteile auf einen bereits bestehenden Rechtsträger übertragen werden. Anders als in den Fällen, in denen die Behaltensfristen des § 6a Satz 4 GrEStG aus Rechtsgründen nicht eingehalten werden können, besteht im Falle der Einbringung in eine neu gegründete Gesellschaft die Möglichkeit, durch die Wahl des Einbringungszeitpunkts auf die Einhaltung der Vorbehaltensfrist des § 6a Satz 4 GrEStG Einfluss zu nehmen. Da es möglich ist, die vom Gesetz geforderte Vorbehaltensfrist einzuhalten, besteht keine Veranlassung, abweichend vom Wortlaut auf die Einhaltung der Frist zu verzichten (vgl. BFH-Urteile vom 22.08.2019 - II R 17/19 (II R 58/14), BFHE 266, 370, BStBl II 2020, 348; vom 25.09.2024 - II R 46/22, BStBl II 2025, 329; BFH-Beschluss vom 03.05.2023 - II B 27/22, BFH/NV 2024, 920).
5. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil, mit dem es den Hauptanträgen der Klägerinnen zu 1. und 2. stattgegeben hat, war daher aufzuheben.
Der Senat kann nicht gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO in der Sache selbst entscheiden. Gibt das FG einer Klage ‑‑wie hier‑‑ im Hauptantrag statt und legt das FA Revision ein, ist zwar in der Revision grundsätzlich auch über die Hilfsanträge zu entscheiden, zu denen das FG keine Entscheidung treffen musste (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 25.04.2012 - I R 2/11, BFH/NV 2012, 1649; vom 07.06.2016 - VIII R 32/13, BFHE 253, 565, BStBl II 2016, 769). Im Streitfall fehlen jedoch die erforderlichen Feststellungen, um über die vor dem FG gestellten Hilfsanträge der Klägerinnen zu 1. und 2. zu entscheiden. Auf der Grundlage des vorliegenden Sachverhalts kann insbesondere nicht beurteilt werden, wem die in den Hilfsanträgen bezeichneten Gebäude auf fremdem Grund und Boden grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen sind. Mit der Aufhebung des angegriffenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das FG wird das gesamte Verfahren daher erneut beim FG anhängig (vgl. BFH-Urteile vom 13.10.2016 - IV R 21/13, BFHE 256, 156, BStBl II 2017, 475, Rz 68; vom 12.04.2022 - VI R 22/20, BFHE 277, 126, BStBl II 2023, 384).
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.