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Beschluss vom 28. November 2025, V B 46/24

Zur mangelnden Darlegung von Zulassungsgründen

ECLI:DE:BFH:2025:B.281125.VB46.24.0

BFH V. Senat

FGO § 115 Abs 2 Nr 3, FGO § 116 Abs 3 S 3, FGO § 76 Abs 1 S 1, FGO § 96 Abs 1 S 1, FGO § 96 Abs 2, GG Art 103 Abs 1, FGO § 115 Abs 2 Nr 1

vorgehend Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern , 17. April 2024, Az: 3 K 338/21

Leitsätze

NV: Zur Darlegung von Verfahrensmängeln im Sinne von § 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer darlegt, dass das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensmangel beruht.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 17.04.2024 - 3 K 338/21 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe

  1. Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist unbegründet. Die von der Klägerin geltend gemachten Revisionszulassungsgründe (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) liegen, soweit sie überhaupt den Darlegungsanforderungen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügen, jedenfalls nicht vor.

  2. 1. Die Klägerin trägt eine Vielzahl von Verfahrensfehlern vor (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), wobei sie vornehmlich eine Verletzung von § 76 Abs. 1 Satz 1, § 96 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 119 Nr. 3 FGO und Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) geltend macht und hierfür anführt, ihr Vortrag im Schreiben vom 01.03.2023 und in der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2023 sei nicht berücksichtigt worden. Dies gelte insbesondere für den Vortrag,

            

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    dass der Kaufpreis für den Porsche Panamera GTS Sport Turismo (Porsche) von ihrem Konto überwiesen worden sei und ihr Geschäftsführer nur Verfügungsberechtigter, nicht aber Kontoinhaber dieses Kontos gewesen sei (Beschwerdebegründung, S. 2 f.),

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    dass der Porsche ab Erwerb im Februar 2019 bei der … von ihr als Versicherungsnehmerin versichert worden sei (Beschwerdebegründung, S. 5 f.),

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    dass ihr Geschäftsführer bei der Eintragung des geänderten Unternehmensgegenstandes im Jahr 2017 erklärt habe, dass keine wirtschaftliche Neugründung vorläge und die Gesellschaft im Bereich des bisherigen Unternehmensgegenstandes das Unternehmen weiter betreiben werde (Beschwerdebegründung, S. 6 f.),

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    dass das von ihr ‑‑auch zur Vermeidung von Diebstählen‑‑ verfolgte Geschäftsmodell auf die Vermarktung von Fahrzeugen über das persönliche Netzwerk ihres Geschäftsführers, ohne selbst persönlich als Händlerin öffentlich in Erscheinung zu treten, gerichtet gewesen sei (Beschwerdebegründung, S. 7 ff.),

        - 

    dass die Verkaufspreise des Porsches Bezug zum jeweiligen tatsächlichen Marktpreis gehabt hätten (Beschwerdebegründung, S. 11 f.) und

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    dass und welche jeweiligen Fahrten mit dem Porsche mit konkretem Unternehmensbezug durchgeführt worden seien (Beschwerdebegründung, S. 13 ff.).

  3. Darüber hinaus seien zu einzelnen, von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen weder ihr Gesellschafter-Geschäftsführer angehört noch die von ihr benannten Zeugen vernommen worden (Beschwerdebegründung, S. 11 bis 14) und das Finanzgericht (FG) habe keine privaten Motive ihres Gesellschafter-Geschäftsführers für die Anschaffung des Porsches ermittelt.

  4. 2. Die geltend gemachte Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3 FGO, Art. 103 Abs. 1 GG) liegt ‑‑soweit die Klägerin sie überhaupt in einer § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Form dargelegt hat‑‑ nicht vor.

  5. a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet den Verfahrensbeteiligten das Recht, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt und auch zur Rechtslage zu äußern. Dieser Anspruch verpflichtet das Gericht, diese Ausführungen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hierbei ist jedenfalls dann, wenn die Ausführungen im Tatbestand des Urteils wiedergegeben sind, in der Regel davon auszugehen, dass das Gericht den Vortrag der Beteiligten in seine rechtlichen Überlegungen einbezogen hat. Eine Verpflichtung, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen auseinander zu setzen, besteht nicht (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 05.12.1995 - 1 BvR 1463/89, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1996, 153; Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 17.02.2005 - X B 178/03, BFH/NV 2005, 1121, unter II.1., und vom 12.07.2016 - III B 33/16, BFH/NV 2016, 1750, Rz 18).

  6. Darüber hinaus ist für die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3 FGO) ‑‑in Bezug auf einzelne Feststellungen‑‑ erforderlich, dass das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensmangel beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), das Urteil also ohne den (behaupteten) Verfahrensfehler hätte anders ausfallen können. Dies hat der Beschwerdeführer darzulegen (vgl. BFH-Beschluss vom 02.01.2002 - I B 73/00, BFH/NV 2002, 679, unter 1.b).

  7. b) Soweit die Klägerin rügt, das FG habe ihren Vortrag hinsichtlich der Kaufpreiszahlung (Beschwerdebegründung, S. 2 f.) sowie zu der Versicherung des Porsches (Beschwerdebegründung, S. 5 f.) und die dazu eingereichten Unterlagen nicht zur Kenntnis genommen, ist nicht ersichtlich, dass das angefochtene Urteil anders ausgefallen wäre, wenn das FG von einer Kaufpreiszahlung durch die Klägerin und einer Versicherung auf den Namen der Klägerin als Versicherungsnehmerin ab Erwerb des Fahrzeugs ausgegangen wäre. Dem FG-Urteil ist vielmehr zu entnehmen, dass das FG diesen Sachverhalten im Rahmen seiner Entscheidung keine Bedeutung beigemessen hat. Bezüglich der Kaufpreiszahlung hat das FG ausgeführt, dass es letztlich nicht auf den Umstand, ob die Klägerin den Porsche bezahlt habe, ankomme, da dieser nicht zwingend zu der Annahme der Lieferung des Porsches an die Klägerin führe (FG-Urteil, S. 13, Absatz 1). Aus dem Abschluss der Fahrzeugversicherung könne zudem nicht zwingend der Schluss gezogen werden, dass die Klägerin Halterin des Fahrzeugs sei (FG-Urteil, S. 12, unter 1.2) und damit die Anschaffung für das Unternehmen der Klägerin erfolgt sei.

  8. c) Mit ihrem Vorbringen, die Erklärung ihres Geschäftsführers anlässlich der Handelsregistereintragung ihres geänderten Unternehmensgegenstandes sei vom FG nicht berücksichtigt worden, legt die Klägerin nicht dar, dass das angefochtene FG-Urteil auf der Nichtberücksichtigung der Erklärung beruhen kann. Der Unternehmensgegenstand der Klägerin umfasste nach der Würdigung des FG seit dem Gesellschafterbeschluss vom 29.03.2017 nicht mehr den Handel mit Kraftfahrzeugen. Dabei berücksichtigte das FG den Unternehmensgegenstand der Klägerin laut Handelsregistereintragung vom 09.05.2017, der den An- und Verkauf von neuen und gebrauchten Fahrzeugen und Schiffen nicht mehr enthielt, sondern "nur noch" die Verwaltung eigenen Vermögens, insbesondere ‑‑neben weiteren neu eingefügten Tätigkeiten‑‑ die schon bisher erfasste Vermietung von beweglichen Gegenständen sowie alle in diesem Zusammenhang anfallenden Tätigkeiten (FG-Urteil, S. 2 f. und 13, Absatz 2). Insoweit fehlt eine Darlegung der Klägerin, warum eine Würdigung der Erklärung ihres Geschäftsführers, das Unternehmen werde "im Bereich des bisherigen Unternehmensgegenstandes" ‑‑womit auch die Vermietung von beweglichen Gegenständen und die damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten gemeint sein können‑‑ weiter betrieben, zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können. Vielmehr macht die Klägerin ‑‑insbesondere indem sie geltend macht, der Unternehmensgegenstand umfasse seit dem Gesellschafterbeschluss vom 29.03.2017 auch den An- und Verkauf von beweglichen Gegenständen, worunter auch der An- und Verkauf von Fahrzeugen falle‑‑ im Ergebnis lediglich Einwendungen gegen die materiell-rechtliche Einzelfallwürdigung des FG geltend, womit jedoch die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers nicht erreicht werden kann (z.B. BFH-Beschluss vom 16.04.2019 - X B 16/19, BFH/NV 2019, 925, Rz 19).

  9. d) Auch die Rüge der Klägerin, das FG habe ihren Vortrag zum Geschäftsmodell, der Festlegung der Verkaufspreise des Porsches unter Berücksichtigung der tatsächlichen Marktpreise und zu der unternehmerischen Nutzung des Porsches nicht zur Kenntnis genommen (Beschwerdebegründung, S. 13 ff.), rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Das FG hat die Ausführungen der Klägerin zu ihrem Geschäftsmodell (FG-Urteil, S. 8, Absatz 2) und zu den an den Marktpreisen ausgerichteten Verkaufspreisen jeweils im Tatbestand (FG-Urteil, S. 8, unten und S. 14, Absatz 3) sowie zu den betrieblich veranlassten und im Fahrtenbuch aufgeführten Fahrten sowohl im Tatbestand als auch in den Entscheidungsgründen (FG-Urteil, S. 4, Absatz 5, S. 7 f. und S. 14, Absatz 4) erwähnt. Es ist somit davon auszugehen, dass das FG das Vorbringen zur Kenntnis genommen und in seine rechtlichen Überlegungen einbezogen hat.

  10. 3. Eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) ist bereits nicht hinreichend dargelegt.

  11. a) Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen (Amtsermittlungsgrundsatz). Danach ist es grundsätzlich Aufgabe des Gerichts, die tatsächlichen Grundlagen der zu treffenden Entscheidung zu ermitteln. Ein Verfahrensfehler der mangelnden Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) kann mit der Begründung gerügt werden, das FG hätte auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen. Daneben kann ein Verstoß gegen die aus § 76 Abs. 1 FGO folgende Sachaufklärungspflicht vorliegen, wenn das FG einen entscheidungserheblichen Beweisantrag übergeht (BFH-Beschluss vom 31.01.2019 - V B 99/16, BFH/NV 2019, 409, Rz 21 f.). In beiden Fällen ist jedoch genau anzugeben, dass die nicht aufgeklärten Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG entscheidungserheblich waren (z.B. BFH-Beschluss vom 27.07.2009 - XI B 120/08).

  12. Der Verfahrensfehler mangelhafter Sachaufklärung wird nach ständiger Rechtsprechung des BFH darüber hinaus nur dann ordnungsgemäß dargelegt, wenn der im Verfahren vor dem FG fachkundig vertretene Beschwerdeführer zusätzlich vorträgt, dass die nicht zureichende Aufklärung des Sachverhalts und die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war. Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die Unterlassung der rechtzeitigen Rüge den endgültigen Rügeverlust ‑‑zum Beispiel auch zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde‑‑ zur Folge (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 12.05.2016 - III B 5/16, BFH/NV 2016, 1292, Rz 4, und vom 14.02.2017 - VIII B 43/16, BFH/NV 2017, 729, Rz 23).

  13. b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

  14. aa) Die Klägerin hat bezüglich der von ihr gerügten fehlenden Aufklärung, ob der Kauf des Porsches aus privaten Motiven des Gesellschafter-Geschäftsführers erfolgte (Beschwerdebegründung, S. 15, unter "8.) private Motive des Gesellschafter-Geschäftsführers"), bereits nicht dargelegt, dass die insoweit vom FG nicht aufgeklärte (innere) Tatsache auf Grundlage dessen materiell-rechtlicher Auffassung entscheidungserheblich war. Das FG hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass der Porsche für ihr Unternehmen angeschafft wurde (FG-Urteil, S. 12, unter 1.2). Die (positive) Feststellung, dass der Porsche aus privaten, in der Person ihres Gesellschafter-Geschäftsführers liegenden Gründen gekauft wurde, war nach der materiell-rechtlichen Auffassung des FG somit nicht erforderlich und ist dementsprechend auf Seite 15 des FG-Urteils auch nicht getroffen worden.

  15. bb) Entsprechendes gilt bezüglich der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2023 (FG-Akte, S. 252) und der Beschwerdebegründung (S. 13 bis 15) zu einzelnen Fahrten angegebenen Nutzung des Porsches. Es fehlen (rechtliche) Ausführungen dazu, dass und warum alleine aufgrund von Fahrten, die für das Unternehmen der Klägerin durchgeführt wurden, der ‑‑nach der materiell-rechtlichen Auffassung des FG‑‑ erforderliche Nachweis, dass der Porsche für das Unternehmen der Klägerin angeschafft wurde, geführt sein soll.

  16. cc) Auch im Hinblick auf die von der Klägerin gerügte Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens, mit dem die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren ausschließlich die Orientierung des im Dezember 2019 erzielten Verkaufspreises am objektiven Marktwert nachweisen wollte (FG-Akte, S. 215 und Beschwerdebegründung, S. 11 unten und S. 12, Absatz 3), führt die Klägerin nicht aus, dass das FG-Urteil auf einem möglichen Verfahrensfehler beruhen könnte. Das FG hat den Anschein eines ungewöhnlichen Geschäftsgebarens der Klägerin nicht mit der Höhe des ‑‑alleine von der Klägerin unter Beweis gestellten‑‑ Verkaufspreises des Porsches im Dezember 2019 begründet. Vielmehr hat es auf den 15 Monate später erfolgten Weiterverkauf des Porsches zu einem höheren Preis als den im Dezember 2019 erzielten Verkaufspreis und den Umstand, dass beide Verkäufe an Gesellschaften erfolgten, deren Gesellschafter der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin war, abgestellt.

  17. dd) Soweit die im Verfahren vor dem FG fachkundig durch einen Rechtsanwalt vertretene Klägerin die fehlende Beweiserhebung durch Zeugenvernehmungen (Beschwerdebegründung, S. 9 f., unter "6) Vertrieb über die …", S. 13 bis 15, unter "7.) Fahrtenbuch") und die vorgetragene fehlende Anhörung des Gesellschafter-Geschäftsführers der Klägerin (Beschwerdebegründung, S. 11 f., unter "6.) Geschäftsgebaren der Beschwerdeführerin", S. 13 bis 15, unter "7.) Fahrtenbuch") rügt, hat sie ‑‑jedenfalls‑‑ nicht dargelegt, dass ihr Gesellschafter-Geschäftsführer in der mündlichen Verhandlung vom 17.04.2024, an der er ausweislich des Protokolls zur mündlichen Verhandlung (FG-Akte, S. 294, Rückseite) teilgenommen hat, keine hinreichende Gelegenheit hatte, sich zu äußern, und dass sie die nicht zureichende Aufklärung des Sachverhalts sowie die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der mündlichen Verhandlung gerügt hat oder weshalb diese Rügen nicht möglich waren. Dem Vortrag der Klägerin, auf Nachfrage zu der Vernehmung des Zeugen … in der mündlichen Verhandlung vom 17.04.2024 habe das FG erwidert, der Zeuge sei im Ausland wohnhaft und könne deshalb nicht vernommen werden (Beschwerdebegründung, S. 9, Absatz 3), kann eine solche Rüge nicht entnommen werden.

  18. Auch die Protokolle der mündlichen Verhandlung vor dem FG vom 07.03.2023 und 17.04.2024 enthalten keinen Hinweis, dass die Klägerin auf die Vernehmung weiterer Zeugen bestanden hätte, eine weitere Aufklärung verlangt oder das Unterlassen einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme gerügt hat.

  19. 4. Ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO liegt im Streitfall ebenfalls nicht vor.

  20. a) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das Gericht insbesondere den Inhalt der vorgelegten Akten und das Vorbringen der Prozessbeteiligten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen. Die Vorschrift ist verletzt, wenn eine nach den Akten klar feststehende Tatsache oder sonst Teile des Gesamtergebnisses des Verfahrens unberücksichtigt geblieben sind (BFH-Urteil vom 13.02.2014 - V R 5/13, BFHE 245, 92, BStBl II 2017, 846, Rz 24; BFH-Beschlüsse vom 22.03.2011 - X B 7/11, BFH/NV 2011, 1005, Rz 8; vom 19.06.2013 - IX B 1/13, BFH/NV 2013, 1624, Rz 3; vom 27.07.2020 - V B 78/18, BFH/NV 2020, 1091, Rz 3) oder das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, der dem protokollierten Vorbringen der Beteiligten nicht entspricht (z.B. BFH-Beschlüsse vom 08.06.2011 - X B 245/10, BFH/NV 2011, 1710, Rz 7; vom 19.01.2012 - IV B 3/10, BFH/NV 2012, 740, Rz 3; vom 31.01.2019 - V B 99/16, BFH/NV 2019, 409, Rz 24).

  21. Die Darlegung eines solchen Verstoßes erfordert, unter genauer Angabe der jeweiligen Schriftstücke und Seitenzahlen aus den Akten sich ergebende wesentliche Tatumstände zu benennen, die das FG nicht berücksichtigt hat und darzulegen, dass die Entscheidung unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des FG auf der Nichtberücksichtigung dieser Aktenteile beruhen kann (BFH-Urteil vom 13.02.2014 - V R 5/13, BFHE 245, 92, BStBl II 2017, 846, Rz 24; BFH-Beschluss vom 08.06.2010 - V B 6/10, BFH/NV 2010, 1841, Rz 7 f.).

  22. b) Für die vom FG nach Ansicht der Klägerin nicht oder unzutreffend berücksichtigten, feststehenden Tatsachen ist nicht erkennbar, dass das Urteil auf ihnen beruht, soweit die Klägerin sie überhaupt hinreichend im Sinne des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt hat (s. dazu unter 2.b und c, 3.b aa bis cc).

  23. 5. Soweit sich die Rüge der Klägerin auf eine fehlerhafte Sachverhaltsdarstellung im Urteil hinsichtlich der Überweisung der Kfz-Steuern im April 2019 (Beschwerdebegründung, S. 3 unten, S. 4 oben) bezieht, hat sie nicht dargetan, weshalb darin ein Verfahrensmangel liegen sollte, auf dem das Urteil beruhen könnte. Abgesehen davon sind Unrichtigkeiten des Tatbestandes nach § 108 FGO im Tatbestandsberichtigungsverfahren geltend zu machen (BFH-Beschlüsse vom 15.04.2014 - V S 5/14 (PKH), BFH/NV 2014, 1381, und vom 23.10.2013 - IX B 68/13, BFH/NV 2014, 174).

  24. 6. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hat die Klägerin nicht hinreichend im Sinne des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.

  25. a) Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache verlangt § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung eine bestimmte ‑‑abstrakte‑‑ im allgemeinen Interesse klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausstellt. Er muss darlegen, weshalb es in dem angestrebten Revisionsverfahren auf die Klärung der hervorgehobenen Rechtsfrage ankommt (Klärungsbedürftigkeit) und dass dem Revisionsgericht eine Klärung möglich ist ‑‑Klärbarkeit‑‑ (z.B. BFH-Beschlüsse vom 06.10.2015 - V B 23/15, BFH/NV 2016, 53, Rz 4; vom 07.07.2006 - V B 113/05, BFH/NV 2006, 2103, unter II.3.; vom 11.03.2005 - V B 117/04, BFH/NV 2005, 1162, unter II.2.). Da sich die Bedeutung der Rechtssache nicht in der Entscheidung des konkreten Einzelfalls erschöpfen darf, fehlt es an der hinreichenden Darlegung der Klärungsbedürftigkeit, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage nach Maßgabe einer entsprechenden Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls zu entscheiden ist (BFH-Beschlüsse vom 26.04.2018 - XI B 117/17, BFH/NV 2018, 953, Rz 52; vom 03.02.2016 - V B 122/15, BFH/NV 2016, 1062, Rz 12).

  26. b) Die Klägerin hält die Fragen,

            
            

    ob die von ihr entfalteten Vertriebsbemühungen im Rahmen des Direktvertriebs ausreichend waren, um ein Recht auf Vorsteuerabzug auszulösen und
    welche Umstände konkret vorliegen müssen, die zeigen, dass sich der Steuerpflichtige wie ein Unternehmer verhält,

                    

    für grundsätzlich bedeutsam.

  27. Dazu trägt sie vor, der BFH habe in seinem Urteil vom 08.09.2022 - V R 27/21 (BFH/NV 2023, 276) nicht hinreichend genug deutlich gemacht, welche Umstände konkret vorliegen müssten, damit davon auszugehen sei, dass sich der Steuerpflichtige wie ein Unternehmer verhalte. Es sei nicht erkennbar, ob schon die Einschaltung anderer gewerblicher Fahrzeughändler, Kontakte des Gesellschafter-Geschäftsführers aus anderen Unternehmungen oder die unternehmensbezogene Ingebrauchnahme des Fahrzeugs ausreiche, es auf die Zulassung des Fahrzeugs ankomme sowie ein späterer Verkauf unter Verlusthinnahme aufgrund einer veränderten Marktlage schade.

  28. c) Die Klägerin hat die Klärungsbedürftigkeit ihrer Fragen nicht hinreichend dargelegt, da nur aufgrund einer dem FG obliegenden Einzelfallwürdigung von einer Reihe verschiedener und gerade nicht abschließend festgelegter Kriterien entschieden werden kann, ob eine Leistung "für das Unternehmen" im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes bezogen worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 27.01.2011 - V R 21/09, BFHE 233, 77, BStBl II 2011, 524, Rz 21 f.).

  29. 7. Die Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO zuzulassen. Die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts ist ein Unterfall der Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung (vgl. BFH-Beschlüsse vom 05.06.2019 - V B 53/18, BFH/NV 2019, 1062, und vom 20.03.2018 - III B 135/17, BFH/NV 2018, 705, Rz 5) und setzt daher ‑‑ebenso wie diese‑‑ entsprechende Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage voraus. Abgesehen von gänzlich fehlenden Darlegungen zu diesem Zulassungsgrund scheitert die Zulassung im Streitfall auch an der Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfragen (vgl. Ausführungen unter 6.c).

  30. 8. Eine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) scheidet ebenfalls aus.

  31. a) In Bezug auf das Erfordernis der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne einer Divergenz hat die Klägerin bereits nicht dargelegt, dass das FG bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als ein anderes Gericht.

  32. b) Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision aufgrund eines qualifizierten Rechtsfehlers ‑‑wie ihn die Klägerin geltend macht‑‑ nicht nur dann erfordert, wenn eine "greifbare Gesetzwidrigkeit" oder "Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung" vorliegen, sondern auch dann, wenn dargelegt wird (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO), dass eine nicht auf einen Verfahrensmangel bezogene Rechtsverletzung (Sachrüge) zu einer begründeten Revision (§ 118 Abs. 2 FGO i.V.m. § 126 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 FGO) führt, wobei ohne Weiteres erkennbar ‑‑und damit ohne Befassung mit einer nach ihrer sachlichen Tiefe dem Revisionsverfahren vorbehaltenen Argumentation‑‑ mit einem Erfolg der Revision zu rechnen ist (BFH-Beschluss vom 07.04.2025 - V B 7/24, BFH/NV 2025, 710, Rz 35). Denn mit ihrer schlichten Behauptung, das FG habe an den Feststellungen des Beschlusses zur Aussetzung der Vollziehung festhalten wollen und die nach Ansicht der Klägerin rechtserheblichen neuen Tatsachen nicht berücksichtigen wollen, hat die Klägerin weder eine "greifbare Gesetzwidrigkeit" oder "Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung" dargelegt noch ist hieraus erkennbar, dass ohne Weiteres mit dem Erfolg der Revision zu rechnen ist.

  33. 9. Der Senat sieht von einer Sachverhaltsdarstellung und einer weiteren Begründung ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).

  34. 10. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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