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Der „kostenlose“ erstmalige Zugang zum E-Abo einer Zeitung war in den Jahren 2009 bis 2012 wirklich kostenlos

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 09.07.2025 – XI R 29/23 entschieden, dass es sich bei der Lieferung einer Zeitung aus Papier und der Gewährung von Zugang zu einem E-Paper der Zeitung um selbständige Hauptleistungen handelt, da sie nicht untrennbar sind, beide für den Kunden einen eigenständigen Zweck haben und das E-Paper nicht nur dazu dient, die Printausgabe der Zeitung unter optimalen Bedingungen zu lesen. Allerdings war es in den Jahren 2009 bis 2012 noch gerechtfertigt, dem Zugang zum E-Abo einen Anteil am Gesamtentgelt von 0 € zuzuweisen, wenn und solange sich anlässlich der erstmaligen Gewährung des Zugangs der Gesamtpreis für das Abonnement nicht erhöht hatte.

Eine Verlagsgruppe gab in den Streitjahren (2009 bis 2012) zwei Zeitungen (A-Zeitung und B-Zeitung) heraus. Dies erfolgte zunächst nur auf Papier, unter anderem im Abonnement (Print-Abo). Seit dem Jahr 2010 war daneben ein reines Abonnement eines E-Papers ( E-Abo) für 13,99 € pro Monat erhältlich. Print-Abonnenten der A-Zeitung erhielten vom 01.01.2009 bis zum 28.02.2012 und Print-Abonnenten der B-Zeitung vom 01.01.2010 bis mindestens zum 31.12.2012 die Möglichkeit, sich ohne Zuzahlung auch für das E-Paper zu registrieren, wobei nur ca. 15 % der Print-Abonnenten diese Möglichkeit auch nutzten. Als ab dem 01.03.2012 die Inhaber eines Print-Abos der A-Zeitung für das zusätzliche E-Abo eine zusätzliche Zahlung (0,99 €) entrichten mussten, gingen die Registrierungen um über 95 % zurück. Bei der B-Zeitung begann die Zahlungspflicht erst nach den Streitjahren. Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung seither ist nicht mehr streitig.

Die Klägerin, Organträgerin der Verlagsgruppe, wendete in den Streitjahren auf ihre Leistungen an die Print-Abonnenten, die keine Zuzahlungen für das E-Abo leisteten, den in § 12 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindungmit Anlage 2 Nr. 49 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unter anderem für Zeitungen vorgesehenen ermäßigten Steuersatz an. Sie nahm an, das zusätzliche, für Print-Abonnenten kostenlose E -Abo sei keine selbständige Leistung neben dem Print-Abo.

Finanzamt (FA) und Finanzgericht (FG) waren hingegen der Auffassung, dass das E-Abo-eine selbständige Hauptleistung sei, auf die – anders als heute – damals noch der Regelsteuersatz (19 %) anzuwenden war. Der darauf entfallende Anteil am Gesamtentgelt betrage geschätzt 1,99 €.

Der BFH hob das Urteil des FG auf und gab der Klage statt.

Er entschied, dass zwar das E-Abo eine selbständige Hauptleistung neben dem Print-Abo ist, wie das FA und das FG angenommen haben. Das E-Abo hat für den Kunden einen eigenen Zweck und ist mit dem Print-Abo nicht untrennbar verbunden. Das PDF der Zeitung dient auch nicht dazu, das Papierexemplar unter optimalen Bedingungen zu lesen. Außerdem ist ein Teil eines Leistungsbündels, dem kein gesonderter Preis zugewiesen wird, grundsätzlich nicht kostenlos; das Gesamtentgelt ist grundsätzlich auf die Leistungsbestandteile aufzuteilen (vgl. dazu die Pressemitteilung Nr. 38/25 vom 05.06.2025 zur Umsatzsteuer in der Systemgastronomie).

Allerdings war es nach Auffassung des BFH in den Streitjahren aufgrund des damaligen Stands der Entwicklung im Verlagswesen – seinerzeit ausnahmsweise noch –zulässig, der Einräumung der Möglichkeit zur Nutzung der E-Paper einen Anteil am Entgelt von 0 € zuzuweisen. Der BFH folgt insoweit der Auffassung des Österreichischen Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) für die vergleichbare Rechtslage in Österreich. Es handelte sich aus damaliger Sicht um eine ohne Aufpreis eingeräumte Nutzungsmöglichkeit ohne nennenswerten Aufwand. Nur ca. 15 % der Nutzer hätten sich für den Bezug des E-Papers registriert und 95 % dieser Nutzer die Nutzung nach Einführung eines zusätzlichen Entgelts wieder beendet. Diese Kunden hätten vor, während und nach der Einführung der zusätzlichen Möglichkeit zur Nutzung der E-Paper denselben Betrag für ihr Print-Abo gezahlt und die Klägerin denselben Betrag hierfür erhalten. Die Schätzung der Klägerin, der Entgeltanteil des E-Abo habe damals 0 € betragen, ist folglich ausnahmsweise nicht zu beanstanden.

Heute stellt sich die Problematik im Zeitungsbereich so nicht mehr, weil auch das E-Abo nach § 12 Abs. 2 Nr. 14 UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegt und es deutlich stärker genutzt wird, was aus heutiger Sicht die Werthaltigkeit des verbrauchsfähigen Vorteils der Kunden zeigt. Für andere Unternehmer, die ihre Leistungen (vermeintlich) kostenlos (gegen freiwillige Zahlungen oder gegen Überlassung der - für die Unternehmer werthaltigen - Nutzerdaten) erbringen, ist die Frage allerdings hochaktuell. Der BFH hat deshalb in seinem Urteil klar zum Ausdruck gebracht, dass er sich zu solchen Modellen nicht geäußert hat. Deren Beurteilung bleibt späteren Entscheidungen vorbehalten.

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